Dieser Artikel wurde erstmals am 15.9.2025 veröffentlicht. Er ist Teil der pv magazine-Weihnachts-Retrospektive 2025, für die wir eine Auswahl der interessanten und relevanten Online-Artikel zusammengestellt haben.
Die Bewohner von Föhren, Bekond und Hetzerath sowie rund 130 Unternehmen im Industriegebiet „Region Trier“ können in Zukunft etwas entspannter in die Energiezukunft schauen. Ihre Stromversorgung hängt an den verschiedenen Abgängen des örtlichen Umspannwerks. „Dort bauen wir einen Batteriespeicher mit 21 Megawatt Leistung und 55 Megawattstunden Speichertiefe“, sagt Volker Schöller, CTO und Mitgründer von Schoenergie, „der nicht nur netzdienlich, sondern netzbildend arbeitet“.
Sollte das Hochspannungsnetz ausfallen, kann der Speicher das örtliche 20-Kilovolt-Mittelspannungs-Netz wiederherstellen und bis zu zwölf Stunden lang autark betreiben. Windkraft- und Photovoltaikanlagen können dabei weiterarbeiten, den Speicher wieder laden und entsprechend die Laufzeit verlängern.
Fast noch wichtiger ist, dass der Speicher, der mit einer 17-Megawatt-Photovoltaikanlage kombiniert ist, auch das Umspannwerk wieder hochfahren kann. Im Kern besteht es aus einem Trafo. Beim Anschalten fließen sehr hohe Ströme, bis sich in den Trafospulen das elektromagnetische Feld aufgebaut hat. Daher kann man bei einem großflächigen Blackout nicht einfach alle Umspannwerke wieder anschalten, sondern nur eines nach dem anderen. Irgendwoher muss die Energie zum Anschalten kommen. „Nach dem Blackout in Spanien hätte das Hochfahren Wochen gedauert, wenn nicht Frankreich mit einer gigawattstarken Leitung unterstützt hätte“, sagt Schöller.
„Wir wollen daher zeigen, dass der Speicher das Netz von der Mittelspannungsseite aus hochfahren kann, obwohl das wegen der geringeren Spannung und dadurch höheren Strömen schwieriger ist als von der Hochspannungsseite“, so Schöller weiter. Anschließend kann sich die Anlage wieder mit dem Übertragungsnetz synchronisieren – anders als viele der aktuell gebauten Großspeicher, die schlicht abschalten, und damit auch anders als die seit Langem gebauten Inselanlagen. Daher zeichnet die Jury das Projekt von Schoenergie und die darin eingesetzte SMA-Lösung für netzbildende Batteriespeicher als „pv magazine highlight top innovation“ aus.
Dezentrale Resilienz
Für die, die schon länger in der Branche tätig sind, klingt das Projekt wie eine Umsetzung des zellularen Ansatzes, den die Energietechnische Gesellschaft im VDE vor zehn Jahren als Lösung für ein sehr resilientes Stromversorgungssystem vorgestellt hat. Es ist aus Zellen aufgebaut, die kurzzeitig autark arbeiten und im Regelbetrieb zum Gesamtsystem vernetzt sind. Die Umsetzung wurde auch möglich, nachdem Schöller bei einer Tagung der Gesellschaft einen Experten von Westnetz traf, der das Projekt unterstützte.
„Wir haben immer wieder mit Energieversorgern am Tisch gesessen und gesagt, lasst uns Speicher bauen, die die Netze stabilisieren“, berichtet Schöller, der früher als gelernter Energieelektroniker für RWE Umspannwerke projektiert hat. „Ich bin Überzeugungstäter“, sagt er von sich. Er wolle mit seinen Projekten die Energiewende voranbringen. „Netzbildende Eigenschaften sind essenziell, auch wenn sie regulatorisch noch nicht gefordert sind.“
Highlights und spotlights

Preis für gute Ideen: In der September-Runde zeichnet pv magazine eine Einreichung als highlight top innovation und eine Einreichung als pv magazine spotlight aus. Das sagt die Jury:
Schoenergie und SMA: Netzbildender Speicher als Vorbild
Es gibt mehr als 300 Gigawatt an Netzanschlussanfragen für große Batteriespeicher. Experten erwarten, dass bis 2030 davon 10 bis 20 Gigawatt gebaut werden. Um das Energiesystem ohne fossil befeuerte Kraftwerke, auch ohne Gaskraftwerke, betreiben zu können, sind netzbildende Anlagen notwendig. Große Batteriespeicher können diese Aufgabe erfüllen, das zeigt der Einsatz der SMA-Lösung für netz- bildende Batteriespeicher in Großbritannien. Damit das auch hierzulande Standard wird, baut Schoenergie nun ein Demonstrationspro- jekt. Grund genug für die Jury, das Projekt von Schoenergie und die Lösung von SMA mit dem Prädikat top innovation auszuzeichnen.
Volker Quaschning ist Professor für regenerative Energiesysteme an der HTW Berlin. Hans Urban ist langjähriger Experte und Consultant für Photovoltaik, Speicher und E-Mobilität. Winfried Wahl ist seit über 15 Jahren bei verschiedenen Herstellern im Bereich erneuerbare Energien tätig.
Mehr Infos, bisherige Preisträger (seit 2014) und alles zur Bewerbung unter: www.pv-magazine.de/highlights
Einsendeschluss für die nächste Runde: 29. September 2025
Schöllers Vision ist, dass nicht nur eines, sondern viele Umspannwerke in Deutschland mit einem Speicher ausgestattet werden. Heute findet die Netzregelung im Übertragungsnetz statt. „Wir haben aber die Erzeugung in die unteren Netze verschoben, daher müssen wir auch die Regelung dorthin verschieben.“ Stattdessen werde über riesig dimensionierte Speicher an Übertragungsnetzen diskutiert. Sein Projekt soll Projektierer und Netzbetreiber überzeugen, dass netzbildende Speicher notwendig sind – und die Politik, ein Marktdesign zu schaffen, das Investitionen nicht ausbremst, sondern in die richtige Richtung lenkt.
Wichtiges Demonstrationsprojekt

Foto: Schoenergie
Schoenergie hat den Speicher in Föhren als kommerzielles Projekt geplant. Er kann zu einem Vier-Stunden-Speicher erweitert werden. Er wird wie andere große Batteriespeicher auf den Energie- und Regelenergiemärkten Erlöse generieren.
Die Investoren, neben Schoenergie, die Energiegenossenschaften Treneg und Südeifel Strom, Westfalen Weser Energiespeicher, Starvert New Energy und die Volksbank Trier Eifel Beteiligungsgesellschaft, nahmen erstens die Mehrkosten von rund zehn Prozent für den netzbildenden Aufbau in Kauf, auch mit der Erwartung, dass ein Markt für die Netzdienstleistungen entstehen wird. Zweitens stellten sie den Speicher dem vom Wirtschaftsministerium geförderten Forschungsprojekt „Surevive“ zur Verfügung, das Westnetz leitet und an dem auch die Universität Stuttgart und das Fraunhofer ISE beteiligt sind. Die Abkürzung steht für „Stabilitäts-Versuche zur Momentanreserve-ErbrIngung aus Verteilnetz-Anlagen“. Im Rahmen des Forschungsprojekts soll unter anderem demonstriert werden, dass sich ein Teil des Industriegebiets autonom versorgen lässt und dass das Umspannwerk wieder hochgefahren werden kann.
„Es ist außerdem ein Herzensprojekt von mir“, erzählt Schöller weiter, „dass wir in Föhren in der Lage sein werden, Last- und Erzeugungschwankungen am Umspannwerk so auszuregeln, dass auf der Hochspannungsseite keine Rückwirkungen spürbar sind.“ Er schätzt, dass so 30 Prozent mehr Erneuerbare ohne Netzausbau integrierbar wären. Auch für leistungsstarke Verbraucher, wie Rechenzentren, könne im Prinzip mehr Anschlusskapazität entstehen. Im Regelbetrieb sei das aber zurzeit nicht möglich. Es scheitert unter anderem am Datenschutz. Derjenige, der die Regelung betreibt, könnte unter Umständen auf das Verbrauchsverhalten einzelner Unternehmen rückschließen.
Produkte sind marktreif
Die Wechselrichter des Typs „Sunny Central Storage UP-S“ stammen von SMA: Ein Gerät wird gerade vom Fraunhofer ISE, einem der Partner im Forschungsprojekt, auf die netzbildenden Eigenschaften getestet. Anders als das Vorgängermodell verwendet es Siliziumkarbid-Schalter. Diese erlauben nicht nur eine Leistungssteigerung auf 4,6 Megawatt pro Einheit, sondern auch für fünf Sekunden eine Überschreitung der Nennleistung um 35 Prozent, „genau das, was man für die Momentanreserve braucht“, erklärt SMA-Produktmanager Daniel Duckwitz. Das geht zwar auch mit dem Vorgängermodell, da muss man dann aber die Leistungselektronik höher dimensionieren.
In Großbritannien gibt es bereits einen Markt für Momentanreserve. Fünf Projekte haben einen „Stability Service“-Vertrag zur Lieferung dieser Netzdienstleistung bekommen. Darin werden die fünf Sekunden Leistungsüberschreitung gefordert. Seit März läuft das erste dieser Projekte, in Blackhillock mit 200 Megawatt und SMA-Lösung, so Duckwitz. „Unser System ist das erste, das in UK die neuen Anforderungen erfüllt und im Feld die neue Netzdienstleistung erbringt“, sagt er.
Auch hierzulande wird die marktliche Beschaffung der Netzdienstleistungen geplant, wie es die Roadmap Systemstabilität skizziert. Die Netzbetreiber wollen die Ausschreibungsmengen so steuern, dass im Fall einer Netzaufteilung, wie sie bei einem Blackout 2006 auftrat, die abgetrennten Teile stabil gehalten werden können, erklärt der SMA-PRoduktmanager.
Bis Volker Schöllers Vision in größerer Skalierung Realität wird, dauert es aber noch. Zunächst ist die Beschaffung auf Netzanschlüsse in der Hoch- und Höchstspannung begrenzt. „Im Verteilnetz und insbesondere in der Mittel- und Niederspannung gibt es noch offene Fragen der Verteilnetzbetreiber“, sagt Duckwitz. Die Übertragungsnetzbetreiber werden voraussichtlich um den Jahreswechsel die ersten Ausschreibungen starten und einen Festpreis veröffentlichen. Das kann durchaus lohnenswert sein. In Großbritannien seien mit einer 100-Megawatt-Anlage, so Duckwitz, Erlöse von bis zu 2,45 Millionen Euro pro Jahr möglich.
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