Gefahr für Smart-Meter-Rollout: Verbände warnen vor „Re-Monopolisierung des Messwesens“

Smart Meter, Enpal

Teilen

Die gesetzlich definierten Ziele für den Pflicht-Rollout von Smart Metern bis Ende 2032 sind erfüllbar – diese Feststellung hatte der von Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche in Auftrag gegebene und im September veröffentlichte Monitoringbericht zur Energiewende getroffen. „Gleiche Wettbewerbsbedingungen für grundzuständige und wettbewerbliche Messstellenbetreiber“, hieß es dazu, „beschleunigen den Rollout.“ Die Ministerin selbst aber zog diese Aussage zeitgleich in einer eigenen Veröffentlichung in Zweifel. Reiche hatte parallel zum Monitoringbericht „zehn wirtschafts- und wettbewerbsfreundliche Schlüsselmaßnahmen“ definiert und unter Punkt 5, „Flexibilität und Digitalisierung des Stromsystems voranbringen“ hieß es dort: „Die Verantwortung für den verpflichtenden Rollout liegt künftig bei den Verteilnetzbetreibern.“

Vollkommen nachvollziehbar sind also die Befürchtungen der wettbewerblichen Messstellenbetreiber und auch anderer, seit Jahren auf einen zügigen Rollout wartender Branchen, dass die Bundesregierung die nächsten Weichenstellungen nicht in ihrem Sinne vornimmt. Rund drei Dutzend Unternehmen und Verbände haben deshalb heute einen Appell veröffentlicht, in dem sie vor einer „Re-Monopolisierung des Messwesens“ warnen und ein klares Bekenntnis zum Wettbewerb fordern. Erstunterzeichner des Appells sind die Unternehmen Enpal, Techem, Lichtblick, Octopus Energy und Inexogy; sie gehörten bereits im März zu einer Allianz, die sich gegen den damals von der Bundesnetzagentur konsultierten Messstellenbetreiberrahmenvertrag wandten.

Auslöser für den nun veröffentlichten Appell sei „die anhaltende politische Debatte über die zukünftige Rolle des wettbewerblichen Messstellenbetriebs“, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung: „Auch eine Rückführung dieser Marktrolle ins Monopol der Netzbetreiber scheint möglich.“ Dabei hätten wettbewerbliche Messstellenbetreiber den Smart-Meter-Rollout entscheidend vorangebracht und Kosten für Haushalte und Unternehmen gesenkt. Sie betreiben demnach mehr als 15 Prozent aller intelligenten Messsysteme und „haben sich verpflichtet, in den kommenden drei Jahren rund fünf Millionen weitere intelligente Messsysteme zu installieren“.

Die Installationsquoten sind allerdings nicht das einzige im Appell aufgeführte Argument. Wettbewerbliche Messstellenbetreiber hätten auch eine hohe „Digitalkompetenz“ und sorgten dafür, dass der Rollout allgemein effizienter werde und bundesweit einheitliche digitale Prozesse entstünden. Gleichzeitig würden auch Stadtwerke und grundzuständige Messstellenbetreiber unterstützt, denen es oftmals an Kapital oder Kapazitäten für den Hochlauf mangele. Außerdem sei der wettbewerbliche Messstellenbetrieb „zum wichtigen Partner für viele Geschäftsmodelle der Energiewende geworden“ und könne etwa mit Anbietern von Wärmepumpen, Photovoltaik-Speicherlösungen, Wallboxen und Steuerungssystemen sowie mit Anbietern von Mieterstommodellen kooperieren.

Enpal-CEO Mario Kohle erklärte, der Rollout habe „endlich an Fahrt gewonnen – jetzt kommt es darauf an, den regulatorischen Rahmen nicht erneut grundlegend zu verändern.“ Lichtblick-CEO Marc Wallraff ergänzt: „Wir sind gerade auf die Überholspur eingebogen – und treten schon wieder auf die Bremse.“ Eine Schwächung der wettbewerblichen Messstellenbetreiber „würde Investitionen bremsen, Kostenrisiken erhöhen und die Digitalisierung unserer Netze sowie deren effiziente Nutzung erheblich verzögern.“ Nach Einschätzung von Bastian Gierull, CEO von Octopus Energy Germany, brauche das Land den wettbewerblichen Messstellenbetrieb „dringender denn je. Beim Smart-Meter-Einbau sind wir immer noch das Schlusslicht in Europa“. Und David Zimmer, CEO von Inexogy Smart Metering, empfiehlt der Politik, „aktiv den Austausch mit den Kundinnen und Kunden der wettbewerblichen Messstellenbetreiber zu suchen.“

Dies seien etwa Filialisten oder Mobilfunkanbieter, die auf einheitliche Prozesse angewiesen sind. Auch innovative Energielieferanten oder Solarteure, „die ihre Geschäftsmodelle netzgebietsübergreifend skalieren möchten“ gehörten dazu und nicht zuletzt „Prosumer und Flexumer, die seit Jahren vergeblich auf ein intelligentes Messsystem warten und dieses von uns in wenigen Wochen erhalten“, so Zimmer. Deutschland brauche „echten Wettbewerb, Skalierbarkeit und netzübergreifende Akteure im Messwesen“.

Dieser Inhalt ist urheberrechtlich geschützt und darf nicht kopiert werden. Wenn Sie mit uns kooperieren und Inhalte von uns teilweise nutzen wollen, nehmen Sie bitte Kontakt auf: redaktion@pv-magazine.com.

Popular content

Steuernovelle bringt Vereinfachungen für Betreiber kleiner Photovoltaik-Anlagen, Heimspeicher und Ladesäulen
19 Dezember 2025 Der Bundesverband Solarwirtschaft bezeichnet die Novelle des Stromsteuerrechts als einen „erfreulich großen Wurf zur Entbürokratisierung“. Demnach wer...