In Europa kostet die Fertigung eines Solarmoduls pro Watt etwa 0,103 Euro mehr als in China. Das geht aus der Analyse „Reshoring Solar Module Manufacturing to Europe” hervor, die der Branchenverband Solarpower Europe und das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) vorgelegt haben. Die Autoren führen die Differenz auf höhere Kosten bei Ausrüstung, Materialien, Arbeitskräften, Gebäuden und Anlagen zurück.
Infolgedessen kosten Photovoltaik-Großanlagen mit Solarzellen aus EU-Fertigung etwa 0,608 Euro pro Watt, verglichen mit 0,50 Euro pro Watt bei einer vergleichbaren chinesischen Anlage. Damit liegen die Stromgestehungskosten (LCOE) von Modulen „made in Europe“ um 14,5 Prozent höher. Dieser Wert liegt innerhalb der im Net Zero Industry Act (NZIA) festgelegten Obergrenze von 15 Prozent für zusätzliche Kosten pro Auktion für nicht preisbezogene Kriterien bei Erneuerbare-Auktionen.
Dem Bericht zufolge lässt sich die die Kostendifferenz zwischen europäischen und chinesischen Modulen mit den richtigen politischen Maßnahmen auf unter zehn Prozent bringen. Zu den Hebeln gehört die Kombination von Capex- und Opex-Programmen im Rahmen von leistungsbasierten Förderprogrammen.
Am Erfolg des Inflation Reduction Act orientieren
Die Experten schlagen vor, ein EU-weites, leistungsbasiertes Förderprogramm für die Solarindustrie einzurichten, das Zuschüsse, Darlehen und Instrumente zur Risikominderung umfasst. Zugleich sollten produktionsbasierte Förderungen für Kapital- und Betriebskosten bereitgestellt werden. Die Autoren weisen auf den Erfolg ähnlicher Programme in anderen Märkten hin, beispielsweise auf den Inflation Reduction Act (IRA) in den USA und dem Production Linked Incentive in Indien.
Der Bericht hebt auch den Kostenunterschied zwischen NZIA-konformen Modulen aus EU-Produktion und NZIA-konformen Modulen aus Nicht-EU-Produktion in Höhe von 0,022 bis 0,058 Euro pro Watt hervor. Daraus leiten die Experten die Empfehlung an die Regierungen ab, Bonuspunkte für „Made in EU“ oder einen anderen, die EU-Fertigung präferierenden Ansatz in die Förderprogramme zu integrieren, insbesondere für Dachanlagen oder öffentliche Beschaffungen.
30 Gigawatt Fertigungskapazität deckt 30 bis 50 Prozent der EU-Nachfrage
Die Europäische Union hat sich im Rahmen der NZIA das Ziel gesetzt, bis 2030 eine jährliche Photovoltaik-Produktionskapazität von mindestens 30 Gigawatt zu erreichen. Dem Bericht zufolge ist es technisch gesehen auch realistisch, diese Produktionskapazität bis zum Ende des Jahrzehnts entlang der gesamten Photovoltaik-Wertschöpfungskette aufzubauen.
Der Referenzwert würde zwischen 30 und 50 Prozent des EU-Solarmarktes ausmachen. Global gesehen läge der Anteil bei etwa zwei bis drei Prozent. Die Experten schätzen, dass in ganz Europa zwischen sechs und zehn Fabriken mit einer Mindestgröße von drei bis fünf Gigawatt pro Jahr gebaut werden müssten, um diese Kapazität zu erreichen.
Um das 30-Gigawatt-Ziel zu erreichen, benötigt die europäische Solarindustrie laut dem Bericht jährlich zwischen 1,4 und 5,2 Milliarden Euro an Fördermitteln. Die Autoren haben zudem errechnet, dass bis zu 39 Prozent der Kosten durch makroökonomische Vorteile wieder hereingeholt werden können. Dazu zählen bis zu 2.700 Arbeitsplätze und 66,5 Millionen Euro an jährlichen Steuer- und Sozialabgaben.
Kleines Zeitfenster für die notwendigen Investitionen
„Um das Ziel für 2030 zu erreichen, müssen die EU und die Mitgliedstaaten schnell handeln“, sagt Walburga Hemetsberger, CEO von Solarpower Europe. Ohne Interventionen laufe Europa Gefahr, seine verbleibenden industriellen und technologischen Kapazitäten im Solarbereich zu verlieren.
Der Bericht warnt auch davor, dass der europäische Fertigungssektor ohne die vorgeschlagenen Maßnahmen Schwierigkeiten haben wird, mit den dominierenden globalen Akteuren zu konkurrieren. Damit laufe der Kontinent Gefahr, seine verbleibenden industriellen und technologischen Photovoltaik-Kapazitäten zu verlieren. „Da der Ausbau von Produktionsanlagen in der Regel zwei bis drei Jahre dauert, bleibt nur ein kleines Zeitfenster, um die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen, damit Investoren sich bis 2030 zur Produktion in der EU verpflichten“, heißt es in der Analyse.
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Leider fehl mir im Bericht,
wo in der Wertschöpfungskette die höhere Kosten entstehen, bzw. warum.
Und was ist mit Europa gemeint, Deutschland oder Bulgarien?
Wir sollten uns allgemein Fragen warum wir allgemein nicht wettbewerbsfähig sind.
Und hätten wir nur grüne Energie und E-Autos, lass ich nicht gelten.
UND NEIN ES IST AUCH NICHT DER FACHKÄFTEMANGEL
Da würde ich aber differenzieren. Bitte nicht alles schlechtreden. In manchen Branchen sind wir wettbewerbsfähig – der Miitelstand hat etliche „hidden champions“. In anderen Branchen sind wir es scheinbar nicht. Wobei die bisherige Exportabhängigkeit halt ihre Schattenseiten zeigt, wenn Zölle (USA) oder 5-/10-/15-Jahrespläne eines großen Players das Gefüge verschieben (China).
Was schlagen Sie vor, wie man mit den geänderten Bedingungen umgehen soll?
Zunächst sollte man anerkennen, dass wir uns in einer Deindustrialisierung befinden. Diese geht mit einer Kettenreaktion von Insolvenzen und explodierenden Arbeitslosenzahlen einher.
Die Chemieindustrie befindet sich auf dem Niveau von Corona und sinkt weiter ab.
Wir sollten auch mal an die Industrie denken, auch wenn es den Grünen-Wählern schwerfällt.
Richtig, es gehen gerade gutbezahlte Arbeitsplätze in der Industrie verloren. Beispiel: Bosch. Große Abhängigkeit von automotive. Und am Standort Homburg ist die Wasserstoff-Schiene nicht ausgelastet wegen politischer Rückabwicklung der Antriebswende…
Hier ein Link zu den Zahlen der in Deutschland produzierten Autos: https://querschuesse.substack.com/p/deutschland-pkw-produktion-mai-2024
Da sieht man, dass seit 2018 mit den Produktionszhalen nach unten geht. M.E. liegen die Ursachen in folgenden Gründen: starke Abhängigkeit vom Export: vor allem USA und China. Und wenn die USA mit Zöllen arbeitet, und die Chinesen weniger Autos kaufen, und wenn, dann lieber E-Autos und zunehmend aus nationaler Produktion kaufen: wie würden Sie das kompensieren wollen?
Bzgl. Deindustrialiiserung und demografische Entwicklung: hören Sie hier mal rein: Deutschlandfunk „crashkurs: Wirtschaft rifft Geschichte“. Z.B.
https://www.deutschlandfunk.de/crashkurs-deindustrialisierung-100.html
https://www.deutschlandfunk.de/crashkurs-fachkraeftemangel-wie-zuwanderung-unseren-wohlstand-sichert-100.html
Viele Grüße
Förderprogramme besser abschaffen und lieber Biotope aufbauen. Zum Beispiel mindestens 50% europäischer Anteil an der Wertschöpfung bei öffentlichen Ausschreibungen. So haben es die Chinesen gemacht und waren damit scheinbar erfolgreich.
Schön, dass wir damit gewartet haben, bis große Solarhersteller (SMA, Meyer-Burger…) ihre Werke schließen 🙄
Und Förderung hin oder her, mit Staaten, die Hungerlöhne und Zwangsarbeit dulden, die Umwelt ruinieren, den heimischen Markt schützen und stark subventionieren können wir dauerhaft nur durch Zölle konkurrieren.
Zollsatz 15% höher und betragsgleiche Subvention für Photovoltaik.
Der Artikel umschifft geschickt konkret zu benennen, dass europäische Produktion mehr als doppelt so teuer ist wie chinesische. Es werden geschickt die höheren Produktionskosten der Module mit den Gesamtkosten der Anlage vermischt und so der Eindruck erweckt, dass der Unterschied ja nicht so riesig wäre. Das ist unsaubere journalistische Arbeit.
Selbst wenn die Subventionierung wie im Artikel beschrieben erfolgen würde, wären Module aus Europa immer noch 60-70% teurer als die aus China, man würde also eine langfristig nicht wettbewerbsfähige Industrie erschaffen, die für immer auf Fördermittel angewiesen wäre. Das ist keine sinnvolle Subventionspolitik.
Volle Zustimmung! Und doppelt so teuer reicht nicht einmal, wenn die Zahlen stimmen. Wenn der einzige Unterschied der beiden Kosten die Module sind, und der Unterschied 10 ct/Wp beträgt, reden wir von mehr als doppelt so hohen Kosten, da chinesische Module für große Solarparks inzwischen deutlich unter 10 ct/Wp kosten.
Und ein weiteres Thema wird ja auch nicht angeschnitten: Module aus europäischer Produktion würden halt auch ein paar Generationen hinterherhinken. Wenn 30 GW bis 2030 das Ziel für ganz Europa sind, hat man damit ungefähr 1/3 der Produktionskapazität eines einzigen chinesischen Top-Herstellers im Jahr 2025 erreicht. Das sagt eigentlich schon alles aus.