Forschern der Universität Utrecht in den Niederlanden zufolge lässt sich fast der gesamte Strombedarf Europas durch Photovoltaik und Windenergie decken. Die verbleibende kleine Lücke schließt grüner Wasserstoff, der in regelbaren Kraftwerken eingesetzt wird.
Die Wissenschaftler haben außerdem errechnet, dass mit einem Überbau von Erneuerbare-Kapazitäten und proaktivem Abregeln ausreichend gesicherte Leistung vorhanden ist, um die Fluktuationen bei den Erneuerbaren auszugleichen. Ihre Analyse stützt sich auf das Konzept der „Firm kWh Premium”, das sie als das Verhältnis zwischen den Stromgestehungskosten (LCOE) einer gesicherten und einer ungesicherten Kilowattstunde definieren. Damit sollen die relativen Kosten der Umwandlung erneuerbarer Energien in gesicherte Energie gemessen werden.
Autarkie als Ausgangsbasis der Berechnungen
Die Wissenschaftler führten außerdem eine Unterscheidung zwischen „gesicherten LCOE“, die alle Erzeugungs- und Speichertechnologien umfassen, und „ungesicherten LCOE“, zu denen nur nicht abgeregelte Photovoltaik und Windenergie zählen, ein. „Um die Mehrkosten für die Umwandlung von intermittierender erneuerbarer Energie in gesicherte Energie in Europa zu analysieren, vergleichen wir mehrere Szenarien mit unterschiedlichen Technologiemischungen, darunter Photovoltaik, Onshore- und Offshore-Windenergie, Batteriespeicher, Elektrolyse sowie bestehende Wasserkraft- und Kernkraftkapazitäten“, erklären sie.
Das Forscherteam hat ein Modell zur Bewertung der niedrigsten annualisierten Systemkosten des europäischen Energiesystems entwickelt, das Pan-European Intermittent Renewable Overbuilding & Curtailment Optimization Model (PEIROCOM). Es kann die installierte Leistung und den Einsatz aller ausgewählten Technologien gleichzeitig optimieren – wobei das System den Strombedarf jeder Stunde und den jährlichen Wasserstoffbedarf jedes Jahres decken muss.
Die Wissenschaftler nehmen dabei Europa als vollständig autark an, ohne Im- oder Exporte von Strom oder Wasserstoff. Jedes der betrachteten 37 Länder erreicht eine Selbstversorgungsquote von mindestens 80 Prozent.
Sie gehen außerdem von einem Wirkungsgrad von 95 Prozent für alle Hochspannungs-Wechselstrom- (HVAC) und Hochspannungs-Gleichstrom- (HVDC) Verbindungen aus.
Steuerbare Leistung senkt die Kosten
Die Forschergruppe hat sechs Szenarien untersucht: ein Basisszenario, in dem Solar- und Windenergie in Kombination mit Lithium-Ionen-Speichern genutzt werden; ein Basisszenario mit Wind-, Solar-, Speicher- und Wasserstoffenergie; zwei Szenarien, in denen erneuerbare Energien dominieren und die aktuelle Kern- und Wasserkraftkapazität einbezogen wird; ein Szenario, in dem erneuerbare Energien im Mittelpunkt stehen und Wasserstoffturbinen für die regelbare Stromerzeugung eingesetzt werden; sowie ein Szenario, das Elektrolyseure und Wasserstoff-Gasturbinen einbezieht.
„Diese sechs Szenarien zeigen, dass zwar Überbauung und Abregelungen die Systemkosten in einem ausschließlich auf erneuerbaren Energien basierenden System erheblich senken würden. Ein ausschließlich auf erneuerbaren Energien basierendes Netz ist jedoch teurer als ein Netz mit einem gewissen Maß an steuerbarer Leistung“, betonen die Forscher.
Ihre Analyse ergibt, dass die Erneuerbare und Kurzfrist-Speicher rund 92,5 Prozent des Strombedarfs in Europa decken können. Die restlichen 7,5 Prozent erbringt grüner Wasserstoff.
Wasserstoff schafft Flexibilität
„Das Abregeln der Erneuerbaren ist notwendig, um die Systemkosten in einem vollständig erneuerbaren Stromnetz zu optimieren“, erklären sie. „Im Gegensatz zu früheren Untersuchungen zeigen wir jedoch, dass deutlich weniger Eingriffe erforderlich sind, wenn eine angemessene Laststeuerung und saisonale Speichermöglichkeiten zur Verfügung stehen.“
Die Forscher erwarten, dass Wasserstoff erhebliches Potenzial für Lastmanagement schafft. Nachgerüstete Gasturbinen können dazu beitragen, Wasserstoff in Zeiten geringerer Erneuerbare-Erzeugung zu nutzen. „Wir beweisen, dass dieses System kostengünstiger und robuster ist, da es über mehrere Jahre hinweg eine größere Vielfalt an Wetterbedingungen bewältigen kann“, schlussfolgern die Wissenschaftler.
Das Team hat seine Ergebnisse sind in der Studie „Firm wind and solar photovoltaic power with proactive curtailment: A European analysis” veröffentlicht, die in der Fachzeitschrift Energy Conversion and Management erschienen ist.
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Korrektur: Erst
„Die Wissenschaftler führten … eine Unterscheidung zwischen „gesicherten LCOE“ … und „ungesicherten LCOE“ … ein“,
dann, daraus abgeleitet, „Firm kWh Premium”.
Das Ergebnis ist im Grunde trivial: Überkapa und dann abregeln und/oder speichern. Gut, dass es mal jemand so genau ausrechnet!
Leider doch nicht so toll: „2030 demand projection is used, as this is the most long-term hourly projection available. However, much of the industry, heating, and transport electrification will happen after 2030 and is thus not included“
Also nicht wie erhofft alles elektrifiziert.
Das bedeutet aber nicht, dass dieser zusätzliche Bedarf die Kosten pro MWh steigen lassen würde. Wenn man sich die LCOE Aufstellung pro Land in der Studie anschaut, dominiert im Modell in vielen Ländern die Energieerzeugung aus Windkraft, welche eine viel bessere Gleichzeitigkeit mit Wärmepumpen Strombedarf hat. Ebenso würde Offpeakladen von Elektroautos die Differenz zwischen Durchschnittsnetzbezug und Abendpeak reduzieren, was weniger Speicher nötig macht.