Sieben Take-aways zu Heim-Energiemanagement

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Take-away 1: Steuer-Rollout eher langsam

Der Smart-Meter-Rollout ist offiziell gestartet, der Rollout der Steuereinrichtungen läuft eher langsam an, obwohl vom BSI zertifizierte Geräte erhältlich sind. Die Steuereinrichtungen werden mit den Smart-Meter-Gateways verbunden und stellen die Schnittstelle zur Verfügung, mit der Stromverbraucher entsprechend Paragraf 14a EnWG und Einspeiser entsprechend Paragraf 9 EEG gesteuert werden können. Noch wurde aber die gesamte Kette vom Netzbetreiber-Backend bis hin zu steuerbaren Verbrauchern wie Wärmepumpe oder Wallbox, über Smart-Meter-Gateway, Steuerbox und Heimenergiemanagementsystem (HEMS), noch nicht in der Praxis getestet. Trotzdem beginnen Messstellenbetreiber mit dem Rollout der Steuereinrichtungen. Die Experten auf dem Podium gingen aber davon aus, dass erst in vielleicht eineinhalb Jahren wirklich über diese Kette gesteuert werden wird. Gedacht ist das System ohnehin nur als Notfallsteuerung, wenn alle anderen Steuermechanismen, die über Preissignale funktionieren, nicht ausreichen.

Einige Hersteller arbeiten an einer Integration von entweder Steuerbox und Smart-Meter-Gateway oder Steuerbox und Heimenergiemanagementsystem. In beiden Fällen kann es passieren, dass dadurch das Heimenergiemanagement zertifizierungspflichtig wird. Im letzteren Fall ist es laut BSI denkbar, im Gerät eine Grenze zu ziehen, so dass nur der betreffende Teil unter die Pflicht fällt. Das BSI lädt Hersteller übrigens zu Beratungsgesprächen ein, um zu diskutieren, wie Systeme sicher und entsprechend den Anforderungen gebaut werden können.

Take-away 2: EEBus gewinnt an Akzeptanz

Noch beim ersten HEMS-Symposium vor einem Jahr herrschte Skepsis gegenüber dem Kommunikationsstandard EEBus. Jetzt sieht es danach aus, dass er sich vielleicht doch breiter durchsetzt als bisher gedacht. Für die Kommunikation zwischen Smart-Meter-Gateway und Steuereinrichtung zum Heimenergiemanagement scheint das Protokoll nun gesetzt und akzeptiert.

Ein Grund dafür dürfte sein, dass die Organisation, die den Standard betreut, auf die teilweise harsche Kritik reagiert hat. Annike Abromeit, Leiterin Innovation der EEBus Initiative, erklärte, dass nun eigene Zertifizierungen eingeführt würden. Derzeit sind zwei Use Cases vorgesehen. Mit einem wird die Dimmung der steuerbaren Verbrauchseinrichtungen nach Paragraf 14a EnWG umgesetzt, mit dem anderen die Abregelung von Photovoltaik-Anlagen nach Paragraf 9 EEG. Die Zertifizierung soll sicherstellen, dass Geräte interoperabel sind, die vorher nicht miteinander getestet wurden, auch wenn sie Software-Stacks unterschiedlicher Hersteller verwenden. Verstärkt wird der Eindruck, dass EEBus auf dem Vormarsch ist, auch bei anderen Themen wie der Cybersicherheit und der Ankopplung der Wärmepumpen.

Auch bei weiteren Punkten, die eigentlich Selbstverständlichkeiten sind, gibt es Bewegung. So soll die Inbetriebnahme einfacher werden. Die EEBus-Initiative arbeitet daran, dass sich Steuereinrichtung und Heimenergiemanagement automatisch per Plug & Play finden, wenn sie miteinander verbunden werden. Für die Steuerboxen, die schon bei Verbrauchern eingebaut sind, sucht die Initiative nach anderen einfachen Lösungen.

Take-away 3: Cybersicherheitsanforderungen sind unbequem

Die Experten auf dem Panel zur Cybersicherheit, darunter auch Vertreter des BSI und des VDE FNN, sind davon überzeugt, dass die Sicherheitsvorkehrungen zunehmend verschärft werden. Das betrifft auch die 2. WAN-Verbindung, also das normale Kunden-Internet. Viele Geräte werden aus den Hersteller-Backend-Systemen über das Kunden-Internet gesteuert und nicht über die Internetverbindung des Smart-Meter-Gateway.

Es droht wohl kein direktes Verbot der 2. Wan-Verbindung für das Heimenergiemanagement. Doch es ist durchaus denkbar, dass Steueraufgaben, die bisher über die 2. Wan-Verbindung übertragen werden, in Zukunft über die Steuereinrichtung und das Smart-Meter-Gateway übertragen werden müssen. Das kann zum Beispiel die Preisinformation zu Stromtarifen betreffen. Diese wird deutlich sicherheitsrelevanter, wenn mehr Verbraucher dynamische Tarife nutzen, da eine Manipulation der Preisinformation dann einen größeren Schaden anrichten kann.

Ob diese Bestrebungen wirklich der Sicherheit dienen, ist natürlich weiterhin umstritten. Aber Experten an entscheidender Stelle scheinen darauf zu setzen und darüber hinaus auch darauf, die Backend-Systeme unter die Lupe zu nehmen. Ein Teilnehmer äußerte die Kritik, dass sich Messstellenbetreiber die Kommunikation über das Gateway bezahlen lassen.

Take-away 4: Modbus-Schnittstellen fraglich

Inzwischen gerät auch die Kommunikation zwischen Heimenergiemanagement und Komponenten wie der Wärmepumpe oder anderen steuerbaren Anlagen ins Visier der Sicherheitsexperten. Dort verwenden die Hersteller immer noch gerne Modbus-Schnittstellen. Diese sind ungeschützt und gelten als Sicherheitsrisiko. Sie könnten, so ist zu hören, sogar bei der jetzt notwendigen Umsetzung des Cyber Resilience Act der EU untersagt werden.

Auch hier sieht es nach einem Trend zu EEBus aus, und das nicht nur, weil sich EEBus Initiative und BSI darüber anscheinend im Austausch befinden. Gridx setzt zum Beispiel ein EEBus-Protokoll zur Wärmepumpensteuerung um, bei dem eine intelligentere Integration möglich wird. Sie erreicht zwar noch nicht die Tiefe von proprietären Modbus-Anbindungen, kann aber mehr Informationen übertragen als reine Leistungsanforderungen.

Take-away 5: Intelligente Wärmepumpenanbindung zahlt sich aus

Wärmepumpen können in der Regel immer über SG Ready in ein Heimenergiemanagementsystem eingebunden werden. Darüber kann der Wärmepumpe aber nur signalisiert werden, ob sie zu einem Zeitpunkt bevorzugt einschalten soll oder nicht. Auf der Podiumsdiskussion dazu erklärten sowohl Solar Manager als auch Gridx, proprietäre Lösungen zum Beispiel über Modbus umzusetzen. Darüber können sie etwa Geräte von Viessmann und IDM einbinden. Über solche Schnittstellen enthält das Heimenergiemanagementsystem unter anderem auch Temperaturdaten. Mit diesen kann es den Wärmebedarf abschätzen und die Wärmepumpe detaillierter anweisen, mit welcher Leistung sie laufen soll. Wie sehr das Heimenergiemanagement die Kontrolle über die Wärmepumpe übernimmt, hängt von der Zusammenarbeit mit dem entsprechenden Hersteller ab.

Gridx verwies auf eine Forschungsarbeit, der zufolge sich mit intelligenter Steuerung rund 20 Prozent Effizienzgewinn erzielen lassen. Auch Solar Manager berichtete von internen Auswertungen, die diesen Vorteil bestätigen.

Take-away 6: Energy Sharing kommt – aber nur halbherzig

In Deutschland liegt ein Gesetzentwurf vor, nach dem Energy Sharing möglich werden könnte. Clever PV zeigte, welche Möglichkeiten sich dadurch für das Energiemanagement ergeben. Doch im Gegensatz zu Österreich sind keine reduzierten Netzentgelte vorgesehen, was die Wirtschaftlichkeit deutlich schmälert. Außerdem müssen Verteilnetzbetreiber für die Umsetzung eine relativ kompliziert anmutende Softwareplattform entwickeln. Es bleibt also abzuwarten, wie sich das Segment entwickeln wird.

Take-away 7: Flexibilitäts-Prosumer zwischen Markt und Netz

Die Netzbetreiber haben gegenüber der Bundesnetzagentur die Netzausbaukosten mit rund 350 Milliarden Euro angegeben. Dabei haben sie jedoch noch nicht berücksichtigt, inwieweit das Solarspitzengesetz und andere Maßnahmen den Netzausbaubedarf reduzieren können. Nach Paragraf 14d EnWG sind Netzbetreiber dazu angehalten, marktliche Maßnahmen zu untersuchen, die ein netzdienlicheres Verhalten anreizen. Zu dieser marktlichen Optimierung kann auch Heimenergiemanagement beitragen, indem es Einspeisung und Verbrauch so steuert, dass Netze weniger belastet werden. Wie das geschehen kann, ist aber noch ziemlich unklar.

Hersteller präferieren einen Preismechanismus, der die Knappheit der Ressource Netz widerspiegelt. Das ist ziemlich verständlich, denn dann könnten ihre Systeme diese Preisinformation genauso behandeln wie die dynamischen Stromtarife. Die Frage ist aber, wie kompliziert die Umsetzung ist. Diese Herausforderung nennt im Übrigen auch das „Agnes“-Diskussionspapier (Allgemeine Netzentgeltsystematik Strom), das die Bundesnetzagentur im Mai veröffentlicht hat.

In der Diskussion stellte Christian Erber vom Verteilnetzbetreiber ÜZW Netz in den Raum, ob ein Ampelsystem, das teilweise für die Last in Netzen gilt, auch für Einspeisung eingeführt werden könne – bei roter Ampelphase wird abgeregelt (was ja bereits nach Paragraf 9 EEG vorgesehen ist), bei orangener Ampelphase müssten die einzelnen Haushalte versuchen, ihr Verhalten so anzupassen, dass die rote Ampelphase nicht erreicht wird.

Thomas Hammacher, Professor für erneuerbare und nachhaltige Energiesysteme an der TU München, berichtete von einem Forschungsprojekt, das auch mit einfacheren Methoden arbeitet als ein voll dynamischer Preismechanismus. Dies habe gezeigt, dass man damit für die Spitzenlastreduktion genauso gute Resultate erzielen könne. Die Methode testet sein Team jetzt mit der ÜZW Netz in der Praxis. Es wird aber immer noch diskutiert, wie einfache Signale aussehen können und vor allem, welche Anreize gesetzt werden können, damit sich die Prosumer danach richten.

Eine Frage am Ende: Vielleicht sollte auch diskutiert werden, ob die Notfallinstrumente nicht ausreichen. Warum lässt man die Flexibilitäts-Prosumer nicht frei am Energiemarkt agieren? Sie speisen dann ein, wenn der Strompreis an der Börse hoch ist. Über die Kanäle, die gerade etabliert werden, kann man bei Netzüberlastung abregeln. Die Energiemanagementsysteme können dann versuchen, diese Abregelungen vorherzusehen und zu vermeiden, zum Beispiel mithilfe künstlicher Intelligenz, die ja inzwischen sowieso fast jeder einbaut. Wenn sie es schaffen, profitiert der Kunde, wenn sie es nicht schaffen, wird halt vom Netzbetreiber per Paragraf 9 abgeregelt. Christian Erber von ÜZW Netz schätzte auf dem Podium grob ab, dass wenn sich die Prosumer nach den Energiemarktdaten richten, das in 90 Prozent der Fälle ohne Netzüberlastung gehe und in vielleicht nur 10 Prozent der Fälle abgeregelt werden müsse.

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