Reiche legt Monitoringbericht zur Energiewende vor

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In Anbetracht von Vorankündigungen der Bundesministerin für Wirtschaft und Energie Katherina Reiche (CDU) auf der einen und der Kritik insbesondere der Erneuerbare-Energien-Verbände auf der anderen Seite kann man beinahe von einer positiven Überraschung sprechen. Einen „Realitätscheck für die Energiewende“ hatte Reiche im Mai gefordert und schon durch die Wortwahl für Unruhe gesorgt – implizierten ihre Formulierung und die begleitenden Erklärungen doch, dass da aus ihrer Sicht etwas ganz und gar nicht realitätskonform läuft. Noch am Freitag hatte der Bundesverband Erneuerbare Energien vor „Schnellschüssen“ gewarnt.

Das tat BEE-Präsidentin Simone Peter auch am Montag, als der beim Energiewirtschaftlichen Institut an der Universität zu Köln (EWI) und dem Beratungsunternehmen BET Consulting in Auftrag gegebene Bericht unter dem Titel „Energiewende.Effizient.Machen“ präsentiert wurde. Alle Beteiligten – Politik, Energiewirtschaft, Verbände – sollten den immerhin knapp 260 Seiten starken Bericht (zum Download beim BMWE verfügbar) nun erst einmal in Ruhe studieren und auswerten.

Ihr erster Eindruck aber fiel angesichts der Vorgeschichte überraschend aus: Es handele sich um „eine intensive, stimmige und substanzielle Begutachtung“, sagte Peter in einer ad hoc einberufenen Presserunde direkt nach der Veröffentlichung. Verschiedene, von Reiche und anderen Regierungsmitgliedern im Vorfeld gemachte Aussagen etwa zu den Ausbauzielen für Photovoltaik und Windkraft, zum groß angelegten Zubau von Gaskraftwerken oder den Annahmen für den künftigen Strombedarf „werden durch das Gutachten nicht gedeckt und auch nicht durch die Aussagen von Frau Reiche heute“, so der Eindruck der BEE-Präsidentin von der Präsentation des Monitoringberichts.

Schneller Erneuerbaren-Zubau bleibt wichtig

Von Entwarnung auf breiter Front kann allerdings dennoch keine Rede sein, zumal ja die politische Diskussion um das Gutachten erst noch folgen muss. Interessant sind aber einige Punkte in den „zehn wirtschafts- und wettbewerbsfreundlichen Schlüsselmaßnahmen“, die Reiche in einer Art Positionspapier gemeinsam mit dem Monitoringbericht vorstellte. Darunter sind verschiedene Themen, um die es in den vergangenen Wochen eine Art Vorab-Disput gab. So hält Reiche zum Beispiel – in Übereinstimmung mit dem Gutachten – fest, dass von einem Strombedarf von 600 bis 700 Terawattstunden im Jahr 2030 auszugehen sei. Reiche zufolge sei allerdings „davon auszugehen, dass der Strombedarf eher am unteren Ende liegt“ – was sich aus dem Gutachten so nicht unbedingt herauslesen lässt. Auf jeden Fall heißt es dort: „Selbst bei unterstellter geringerer Geschwindigkeit des Anstiegs des Brutto-Stromverbrauchs bleibt ein hohes Tempo beim Ausbau der erneuerbaren Energien in den nächsten Jahren zur Erreichung klimapolitischer Ziele notwendig.“

Eine vor allem für die Photovoltaik- und Windkraftbranche zentrale Aussage von Reiche, die so nicht erwartet wurde, betrifft den Erneuerbaren-Anteil an der Bruttostromerzeugung. An dem bestehenden Ziel, hier bis 2030 die Marke von 80 Prozent zu erreichen, „halten wir fest“, so die Ministerin. Ebenfalls in dieser Form nicht erwartet wurde wohl der vierte ihrer zehn Punkte: „Technologieoffenen Kapazitätsmarkt schnell implementieren“. Zwar hält Reiche hier weiterhin fest, dass sie bei der Flexibilisierung des Systems auf Gaskraftwerke setzt, es ist aber immerhin ausdrücklich die Rede davon, dass „insbesondere Gaskraftwerke mit Umstellungsperspektive auf Wasserstoff“ priorisiert werden sollen und eben auch, dass der für 2027 angestrebte Kapazitätsmarkt „technologieoffen“ sein soll.

Für die Förderung der Erneuerbaren bleibt Reiche dabei, „die konsequente Abschaffung der fixen Einspeisevergütung sowie die vollständige Beendigung der Vergütung bei negativen Preisen“ anzustreben und durch Instrumente wie zweiseitige Contracts for Difference (CfD) und sogenannte Clawback-Mechanismen zu ersetzen – ohne indes darzulegen, wie diese für Großanlagen konzipierten Mechanismen auf kleine Anlagen angewandt werden sollen. Das Gutachten hält aber immerhin eindeutig fest: „Ein umfassender Zubau von erneuerbaren Energieanlagen ist weiterhin erforderlich.“

Bei Photovoltaik sei dies auf Freiflächen weitaus kosteneffizienter als auf Dächern, letztere Option wird aber nicht grundsätzlich infrage gestellt. Es werden aber ausdrücklich die feste Vergütung und die fehlende Steuerbarkeit als Hindernisse für die Marktintegration benannt und als Hauptverursacher von Netzengpässen und negativen Strompreisen an sonnenreichen Tagen mit geringem Verbrauch benannt. Wenig überraschend, bringen die Gutachter deshalb die Ausweitung der Direktvermarktungspflicht ins Spiel. Eine bislang erst selten diskutierte Maßnahme um nicht nur Photovoltaik-Anlagen, sondern generell den Ausbau von Netzen und Erzeugungsanlagen besser zu koordinieren, ist die räumliche Steuerung beispielsweise durch „regionale Ausschreibungen, differenzierte Baukostenzuschüsse oder integrierte Flächen- und Netzplanungen.“

Warnung vor einer „Förderkappung“

Nicht alle Verbände und Akteure reagierten indes so grundsätzlich positiv wie der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), der seine Mitteilung zum Thema mit der Überschrift „Monitoringbericht ist überzeugender Angang“ versah. Das Bündnis Bürgerenergie etwa sah seine Befürchtungen bewahrheitet und die „Energiewende in Bürgerhand unter Beschuss“ – Hintergrund ist vor allem die Infragestellung des bisherigen Fördersystems für kleine (Aufdach-) Photovoltaik-Anlagen. „Die starke Fokussierung auf Kostenminimierung lässt vollkommen außer Acht, dass die Energiewende ein gesamtgesellschaftliches Projekt ist“, sagt Katharina Habersbrunner, Vorständin des Bündnis Bürgerenergie.

Für den CDU/CSU-Koalitionspartner SPD hingegen nahm dessen Bundestagsabgeordnete Nina Scheer kurz nach Veröffentlichung des Monitoringberichts Stellung und befand, dieser lese sich „als klare Aussage, die Ziele von mindestens 80 Prozent erneuerbare Energien bis 2030 nicht zu unterschreiten, auch mit Blick auf die Klimaschutzziele 2045“. Insgesamt, so Scheer, zeichne das Monitoring „ein positives Bild von der Energiewende und gibt keinen Anlass für etwaige ‚Neuauflagen‘“.

Der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) bewertet den Monitoringbericht einerseits als klare Aufforderung, den Ausbau der Photovoltaik nicht zu verlangsamen und sieht andererseits die Gefahr, dass Katherina Reiches Ankündigungen zur Streichung der Förderung für neue Dachanlagen im Falle der Umsetzung genau dies bewirken würden. Der Verband fordert deshalb, „auf eine Förderkappung zu verzichten und stattdessen die richtigen Schlussfolgerungen aus dem Monitoringbericht zu ziehen“.

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