Welche Optionen Senec-Kunden bei eingeschränkter Speicherkapazität haben

Teilen

Senec hat nach einem erneuten Zwischenfall einen Teil seiner Speicher bei einer Kapazität von 50 Prozent gedrosselt, mittlerweile sind sie wohl wieder bei 70 Prozent. Wie bewerten Sie einen solchen Eingriff in die Nutzung der Speicher von Endkunden, der über einen Fernzugriff vom Hersteller vorgenommen wird?

Andreas Kleefisch (Foto): Wenn Heimspeicher zu heiß werden, überlasten und sogar zu brennen beginnen, wenn Sie so „benutzt“ werden, wie der Hersteller Senec das in seinem ursprünglichen Batteriemanagementsystem eingestellt hat, ist das unschön und gefährlich. Das Batteriemanagementsystem war so eingestellt, dass die Speicher die Performance boten, die Senec in der Werbung und der Produktbeschreibung versprochen hat. Wenn nun durch „Fernwartung“ ein neues Batteriemanagementsystem aufgespielt wird und die Speicher dadurch nicht mehr „überlasten“, indem sie langsamer und weniger laden und vor allem entladen, ist das natürlich einerseits schön: Es dürfte nicht mehr brennen. Andererseits leistet der Speicher aber denklogisch – und dies ist auch messbar – weniger als von Senec ursprünglich geliefert und versprochen. Wir Juristen sagen dazu in aller Kürze: Das ist ein Mangel.

Sie sagen, es handelt sich um einen vorliegenden Mangel bei den Speichern. Wie müssen die Endkunden vorgehen, um ihre Mängelansprüche geltend zu machen?

Leider haben die wenigsten Endkunden den Speicher bei Senec gekauft – sie haben daher in der Regel keine eigenen (kauf)vertraglichen Ansprüche gegen Senec. Senec vertreibt schon immer über ein Vertriebsnetz mit externen Elektrofirmen. Gegen diese haben die Kunden dann aber die vertraglichen Ansprüche: Bei schlichtem Kauf des Speichers aus kaufrechtlicher Gewährleistung, bei der „kombinierten“ Lieferung und Montage – also wie üblich gemeinsam mit einer Photovoltaik-Anlage und einer Wallbox – aus werkvertraglicher Gewährleistung. Und das Schöne ist: Der Elektrobetrieb hat im Rahmen der Gewährleistung keine Chance, schlicht auf die „Garantie“ von Senec zu verweisen und den Endkunden oder die Endkundin einfach „weiterzuschicken“. Der Elektrobetrieb ist selbst in der Gewährleistung – seinem Kunden oder seiner Kundin gegenüber.

Wie lange greift die Gewährleistung und wann die Garantie? Könnte man bei einem Garantiefall nicht direkt an Senec gehen?

Die werkvertragliche Gewährleistung gegenüber dem Vertragspartner läuft grundsätzlich fünf Jahre ab Abnahme. Die Garantieerklärung von Senec wirkt länger, ist aber stark eingeschränkt – was nicht unüblich ist. Hier wird nur eine „Kapazität“ garantiert, aber keine Performance.

Welche Möglichkeiten haben die Partnerbetriebe von Senec, die den Endkunden die Speicher verkauft haben, um nicht auf den Kosten für die Gewährleistung sitzen zu bleiben?

Das Gute ist: Der Partnerbetrieb kann Regress in seiner „Lieferkette“ nehmen, also bei seinem jeweiligen Lieferanten – letztendlich Senec – seine Ansprüche anmelden und durchsetzen. Und er hat nicht nur das Recht auf Nachbesserung oder mangelfreier Ersatzlieferung, er hat auch Anspruch auf Ersatz der Ein- und Ausbaukosten und für das Testing. Und wenn der Kunde einen finanziellen Schaden anmeldet, kann der Partnerbetrieb auch diesen an Senec weitergeben.

Was müssen die Partnerbetriebe vorher beachten, damit sie sich sicher sein können, dass der Speichertausch durch die Gewährleistung gedeckt ist? Muss er bestimmte Werte messen und dokumentieren? Wie sicher kann er sein, dass er nicht auf den Kosten sitzen bleiben wird?

Der Anspruchsteller hat natürlich im Rahmen der Beweislastverteilung die Pflicht, den Mangel fachgerecht zu rügen und zu dokumentieren. Das geht aber recht einfach durch ein „Mitschreiben“ der Performance. Man muss dann nicht den Speicher öffnen und Messungen vornehmen. Die Mangelrüge nach der sogenannten „Symptomtheorie“ reicht für die Mängelbeseitigungsaufforderung des Vertriebspartners gegenüber Senec aus. Lehnt Senec dann ab, könnte ein Musterfall oder auch mehrere dann beispielsweise im Rahmen eines „selbständigen Beweisverfahrens“ vor Gericht gebracht und durch einen vom Gericht bestellten Sachverständigen geklärt werden.

Senec hat ja wie schon bei der Versetzung seiner Heimspeicher in den Stand-by-Modus im vergangenen Jahr wieder ein freiwilliges Kulanzangebot vorgelegt.

Ich halte diese „Kulanz“ für einen reinen Public-Relations-Gag. Abgesehen hat die Erfüllung von vertraglichen Ansprüchen nichts mit „Kulanz“ zu tun.

Warum ist es ein PR-Gag? Kompensiert Senec nicht damit nicht die wirtschaftlichen Ausfälle für die Betreiber durch die eingeschränkte Speichernutzung?

Ich glaube nicht daran, dass jeder Nutzer mit den üblichen 7,50 Euro pro Woche im „Konditionierungsbetrieb“ ausreichend „entschädigt“ wird. Das kann rechnerisch allenfalls klappen, wenn man sehr wenig Strom verbraucht. Hat man – wie heute üblich – eine Wärmepumpe oder sogar eine Wallbox angeschlossen oder auch ohne diese Features einen höheren Strom- und Eigenverbrauch als die „Normalfamilie“ in der Etagenwohnung, ist die Kulanzzahlung eher ein Tropfen auf den heißen Stein – gerade bei den heute sehr hohen Stromkosten für „gekauften“ Fremdstrom. Und zuletzt eine kleine „Kontrollüberlegung“: Wenn diese „Kulanzzahlung“ den finanziellen Vorteil retten soll, den der Nutzer hat, weil er statt 5 Kilowattstunden Kapazität 10 Kilowattstunden gekauft hat, würde sich das in der Werbung gut machen, wenn es heißt: „Sie sparen weitere 30 Euro Strombezug im Monat, wenn Sie einen 10 Kilowattstunden statt eines 5-Kilowattstunden-Speichers kaufen und dafür rund 5.000 Euro mehr ausgeben!“?

Wären Ansprüche „für die Vergangenheit“ auch noch durchsetzbar, wenn Senec die volle Kapazität seiner Heimspeicher für die Endkunden jetzt wieder verfügbar macht?

Prinzipiell ja. Aber ich halte eine Errechnung von entgangenem „Stromumsatz“ beim fehlgeschlagenen oder geminderten Ein- und Ausspeichern für sehr schwer nachvollziehbar. Diesen „allein“ durchzusetzen, dürfte nicht ganz so einfach sein. Aber: Je länger Senec sich weigert, seine Speicher wieder so performen zu lassen, wie versprochen, desto höher ist der Schaden durch die Minderperformance und umso interessanter wäre es, diese Frage von Sachverständigen klären zu lassen.

Dieser Inhalt ist urheberrechtlich geschützt und darf nicht kopiert werden. Wenn Sie mit uns kooperieren und Inhalte von uns teilweise nutzen wollen, nehmen Sie bitte Kontakt auf: redaktion@pv-magazine.com.