Photovoltaik und Steuer: Neue Regeln, neue Fragen

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Nachdem das Bundeskabinett den Entwurf für das Jahressteuergesetz (JStG 2022) am Mittwoch vergangener Woche beschlossen hatte, wurde dieser an den Bundesrat und Bundestag zur Beratung weitergeleitet. Üblich ist, dass der Bundesrat eine Stellungnahme formuliert und diese in die Ausschussberatung des Bundestages eingeht. Am Ende beschließt der Bundestag das Gesetz und wie ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums bestätigt, muss dann auch noch der Bundesrat zustimmen. Die Regelungen des Jahressteuergesetzes sollen dann ab dem 1. Januar des Folgejahres in Kraft treten, also am 1. Januar 2023.

Gesetzgebungsverfahren läuft

Bevor das Gesetz von den Parlamenten beschlossen und im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wurde, können sich Details der Regelungen noch ändern. Das hindert Steuerexperten wie Stefan Mücke aber nicht daran, sich bereits jetzt intensiv mit den neuen Vorgaben wie auch den Gestaltungsmöglichkeiten zu befassen. Steuerberater Mücke betreibt seit Ende 2020 einen Youtube-Kanal, auf dem sich in letzter Zeit die Videos zum Thema Photovoltaik häufen. Auch zu den geplanten Neuregelungen – Mücke nennt diese „einen steuerlichen  Systemwechsel“ – gibt es bereits einen Überblick.

 

Auch die Leser von pv magazine haben die bisherige Berichterstattung über die Steuerpläne der Regierung fleißig kommentiert und zahlreiche Fragen gestellt. Einige wollen wir herausgreifen und diskutieren. Grundsätzlich gilt dabei wie bisher: Umsatzsteuer und Ertragssteuer müssen getrennt betrachtet werden. Auch die Gesetzesänderungen finden in zwei verschiedenen Gesetzen statt, im Einkommensteuergesetz und im Umsatzsteuergesetz. Und natürlich können die Antworten nur als unverbindliche Orientierung dienen, denn bis zum Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens gilt: Nix is fix!

Fragen zur Einkommensteuerbefreiung im Betrieb der Anlage

Gilt die Steuerbefreiung in der Einkommensteuer auch für Bestandsanlagen?

Da es sich anders als bei der bisherigen Liebhabereiregelung der Finanzverwaltung (siehe https://www.pv-magazine.de/2021/12/23/freibrief-vom-finanzamt-steuererleichterungen-fuer-kleine-photovoltaik-anlagen-konkretisiert/) künftig um eine verbindliche gesetzliche Regelung handelt, die grundsätzlich die Einkünfte bestimmter Photovoltaik-Anlagen von der Steuer befreit, gilt dies nicht nur für neue Anlagen, sondern alle, bei denen die Voraussetzungen erfüllt sind.

Konkret sollen die Einkünfte (und Entnahmen) aus Photovoltaik-Anlagen bis 30 Kilowatt auf Wohn- und Nicht-Wohngebäuden befreit werden, sowie bei Mehrfamilienhäusern und gemischt genutzten Mehrfamilienhäusern, die überwiegend dem Wohnen dienen, 15 Kilowatt pro Wohn- oder Gewerbeeinheit, bis zu einer Anlagenleistung von insgesamt 100 Kilowatt. Mit der Anlagenleistung ist die Modulleistung (Peakleistung) laut Marktstammdatenregister gemeint.

Wie verhält es sich bei einem Doppelhaus oder bei einem Zweifamilienhaus?

Doppelhaushälften gelten als eigenes Wohnhaus und deshalb wäre hier eine Anlage bis 30 Kilowatt möglich. Bei einem Zweifamilienhaus handelt es sich um zwei Wohneinheiten, deshalb können hier zweimal 15 Kilowatt – also ebenfalls 30 Kilowatt – steuerfrei genutzt werden.

Wenn ich ab 2023 für meine Photovoltaik-Anlage keine Einkommensteuer mehr zahlen muss, kann ich meine Anlage dann weiterhin absetzen?

Die Befreiung der Einkünfte und Entnahmen von der Steuerpflicht hat unmittelbar zur Folge, dass keine Kosten mehr geltend gemacht werden können und bei den betroffenen Anlagen auch keine Sonderabschreibungen mehr genutzt werden können. Auch der Nachweis einer Gewinnerzielungsabsicht ist nicht mehr möglich. Es handelt sich eben nicht mehr um eine Wahlmöglichkeit zur Liebhaberei, sondern eine gesetzliche Befreiung. Da es sich dann um eine Anschaffung im privaten Bereich handelt, können aber die Installationskosten als Handwerkerleistung in der Steuererklärung geltend gemacht werden (siehe https://www.pv-magazine.de/2021/03/19/bei-liebhaberei-photovoltaik-handwerkerleistungen-steuerlich-geltend-machen/).

Fragen zur Umsatzsteuersenkung beim Kauf der Anlage

Wenn ich jetzt eine Photovoltaik-Anlage beauftrage, diese aber 2023 erst installiert wird, wie greift dann die Nullsteuer?

Grundsätzlich bezieht sich die Umsatzsteuer auf den Zeitraum, in dem die Lieferung oder Leistung ausgeführt wird. Es kommt also nicht auf den Zeitpunkt des Kaufvertrags, das Rechnungsdatum oder die Zahlung an, sondern wann die Anlage geliefert und installiert wurde.

Werden bei der Photovoltaik-Anlage keine Teilleistungen vereinbart und abgerechnet, sondern eine Gesamtleistung, kommt es auf den Zeitpunkt der Fertigstellung an. Findet dies im Jahr 2023 statt, greift die Neuregelung, bestätigt auch der Steuerberater Stefan Mücke.

Anzahlungen auf einen Gesamtpreis sind unschädlich, auch wenn sie noch im Jahr 2022 mit 19 Prozent Umsatzsteuer in Rechnung gestellt werden. Wenn die Anlage erst im Jahr 2023 fertiggestellt und endgültig abgerechnet wird, werden die zuvor abgerechneten Umsatzsteuerbeträge in der Schlussrechnung wieder korrigiert.

Was bedeutet die Neuregelung für meine bestehende Photovoltaik-Anlage? Ich habe die Umsatzsteuerpflicht gewählt, um mir die beim Kauf bezahlte Mehrwertsteuer vom Finanzamt erstatten zu lassen?

Hier ändert sich nichts. An die Wahl der Umsatzsteuerpflicht bleibt der Anlagenbetreiber wie bisher 5 Kalenderjahre gebunden und wechselt in der Regel nach Ablauf des Vorsteuer-Korrekturzeitraums (bei Aufdachanlagen 60 Monate) in die Kleinunternehmerregelung. Das ist dann in der Regel im siebten Jahr nach Anschaffungsbeginn der Anlage. Solange Umsatzsteuerpflicht besteht, bleibt es auch bei der Zahlung der Umsatzsteuer auf den privaten Eigenverbrauch. Trotzdem gilt auch bei dieser Anlage ab 2023 die Befreiung bei der Einkommensteuer.

Gelten die Größenbegrenzungen der einkommensteuerlichen Regelung auch bei der Null-Umsatzsteuer?

Die Regelung in der Umsatzsteuer nennt nur die Anlagengröße von 30 Kilowatt (Modulleistung laut Marktstammdatenregister), die als vereinfachter Nachweis anzuerkennen ist. Eigentlich setzt die gesetzliche Regelung jedoch keine Leistungsgrenze, „wenn die Photovoltaik-Anlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird.“ Solange es sich um Wohngebäude, öffentliche Gebäude und gemeinnützige Institutionen handelt, können also auch Anlagen größer 30 Kilowatt mit einem Umsatzsteuersatz von Null verkauft werden. Wie dies dem Finanzamt gegenüber nachzuweisen ist, muss die Finanzverwaltung dann noch erklären.

Darf ich den Strom aus meiner Photovoltaik-Anlage dann künftig steuerfrei an die Mieter oder Mitbewohner im Haus verkaufen?

Solange die Leistungsgrenzen der Anlage eingehalten werden, greift auch hier die Steuerbefreiung bei der Einkommensteuer. Ist der Betreiber umsatzsteuerpflichtig, muss aber weiterhin Umsatzsteuer für den verkauften Strom ans Finanzamt abgeführt werden. Auch der ins Netz eingespeiste Strom unterliegt weiterhin der Umsatzsteuer. Der Steuersatz von „Null“ gilt beim Kauf einer Anlage, nicht beim Verkauf von Strom.

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