Für die notwendige Beschleunigung des Ausbaus Erneuerbarer noch in diesem Sommer braucht es eine EEG-Umlage II

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Um der spätestens seit Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine unhaltbaren energiepolitischen Abhängigkeit von Russland noch in diesem Sommer durch eine massive Beschleunigung des Ausbaus der erneuerbaren Energien etwas entgegensetzen zu können, fehlt es derzeit noch an geeigneten gesetzlichen Rahmenbedingungen.

Was es dafür jetzt braucht, ist eine neue EEG-Umlage II !

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) erarbeitet diesbezüglich gerade den alles entscheidenden Gesetzesentwurf. Denn: Der Entwurf des „Gesetzes zu Sofortmaßnahmen für einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien und weiteren Maßnahmen im Stromsektor“ (EEG-Novelle) legt unter anderem fest, wie viel an Erneuerbaren noch vor dem nächsten Winter ausgebaut werden kann.

In Anbetracht der russischen Invasion in der Ukraine und der daraus resultierenden Notwendigkeit eines Importstopps russischer Energielieferungen ist die Frage nach den Möglichkeiten einer kurzfristigen  Beschleunigung des Ausbaus der erneuerbaren Energien relevanter als je zuvor. Die durch den Krieg verschärfte Energiekrise erfordert auch in diesem Sommer 2022 hohe Investitionen in alle Arten der Erneuerbaren Energien (Solar, Wind, Wasserkraft, Bioenergie, Geothermie, Meeresenergien), um einen substanziellen Beitrag zur Schaffung der Unabhängigkeit von russischen Energielieferungen und gleichzeitig zum Klimaschutz zu leisten.

Alle in diesem Sommer und Herbst 2022 gebauten neuen Anlagen helfen substanziell einer Unterversorgung von Energie in Deutschland entgegenzuwirken, die mit einer weiteren erheblichen Energiepreissteigerung einhergehen würde. Die Gefahr einer energetischen Unterversorgung Deutschlands besteht vor allem dann, wenn Russland aus kriegstaktischen Überlegungen heraus selbst die Energieversorgung nach Deutschland einstellt oder schmälert. Es müssen daher alle schnell zu schaffenden Möglichkeiten zur Erhöhung einer heimischen Energieerzeugung sowie Energieeinsparpotentiale umgesetzt werden. Neue Beiträge aus anderen fossilen und atomaren Quellen sind aus Gründen des Klimaschutzes und der atomaren Gefahren nicht akzeptabel.

Leider wird der sich im politischen Prozess befindliche Entwurf der EEG-Novelle des BMWK diesen Anforderungen nicht gerecht. In ihrer jetzigen Form wird die EEG-Novelle mit Verbesserungen für die Investor erneuerbarer Energien voraussichtlich erst Ende des Jahres 2022 greifen. Zu spät, um substanzielle Beiträge zur Linderung der Energiekrise zu bringen. Der Grund ist die Notifizierungspflicht durch die EU-Kommission. Demnach müssen die Mitgliedstaaten die Kommission über jeden Entwurf einer technischen Vorschrift vor deren Erlass unterrichten. Ab dem Datum der Notifizierung des Entwurfs besteht zunächst eine dreimonatige Stillhaltefrist – während der der notifizierende Mitgliedstaat den Gesetzesentwurf nicht annehmen kann, da die Kommission diesen zunächst prüft und darauf reagiert. Da die bestehende EEG-Umlage steuerfinanziert ist, erwächst daraus eine Beihilfeprüfung und sie fällt unter ebendiese Pflicht.

Im Rahmen der Verbändeanhörung zu diesem Referentenwurf des (BMWK) fordere ich daher die Einführung einer neuen EEG-Umlage II für die Vergütungszahlungen aller mit dem EEG 2022 neu gebauten Anlagen in allen erneuerbaren Energien Bereichen. Finanziert werden soll diese nicht aus Steuergeldern, sondern aus dem Strompreis. 

Eine solche EEG-Umlage II, finanziert aus dem Strompreis, umgeht die erwähnte EU-Notifizierungspflicht, sofern die Kriterien der EEG-Umlage von 2012 eingehalten werden, wie sie Grundlage des entsprechenden Urteils des EUGH von 2019 bildete. Wenn die EEG-Umlage II geschaffen wird, kann das EEG 2022 mit seinen substanziellen Verbesserungen bereits im Zeitraum Mai 2022 in Kraft treten. Es wird also wesentlich früher Investitionskraft entfalten, als es nach Abschluss einer Notifizierung durch die EU-Kommission möglich wäre.

Eine nennenswerte Belastung des Strompreises ist nicht zu erwarten, da heute die Investitionen selbst in versorgungssichere erneuerbare Energien plus Speicher bereits deutlich kostengünstiger sind als in konventionelle fossile und atomare Energieversorgung. Dies zeigt unter anderem die Studie der Energy Watch Group zu verlässlichen systemdienlichen EE-Investitionen.

Die Schaffung der EEG-Umlage II kann sich an den Vorschlägen der Stiftung Umweltenergierecht im Auftrag des Think-Tanks Agora Energiewende orientieren.

Wesentlich ist aber, dass die EEG-Umlage II nicht nur für Photovoltaik und Windkraft gilt, sondern für alle Arten der erneuerbaren Energien greift, damit keine Diskriminierung innerhalb der Erneuerbaren entsteht und erhebliche Ausbaupotentiale ungenutzt bleiben.

Sämtliche eingereichten Stellungnahmen werden auf der Internetseite des BMWK veröffentlicht.

— Der Autor Hans-Josef Fell saß für die Grünen von 1998 bis 2013 im Deutschen Bundestag. Der Energieexperte war im Jahr 2000 Mitautor des EEG. Nun ist er Präsident der Energy Watch Group (EWG). Mehr zu seiner Arbeit finden Sie unter www.hans-josef-fell.de. —

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