Bundeskartellamt: RWE beherrscht den Markt der Stromerzeugung

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Das Bundeskartellamt hat am Donnerstag zum dritten Mal seinen Marktmachtbericht zur Stromerzeugung vorgelegt. Der Bericht analysiert die Markt- und Wettbewerbsverhältnisse auf dem deutsch-luxemburgischen Stromerstabsatzmarkt vom 1. Oktober 2020 bis einschließlich 30. September 2021 und basiert auf umfangreiche Daten zum Einsatz sämtlicher Kraftwerke in Deutschland. Demnach ist RWE das einzige Erzeugungsunternehmen, das derzeit die vom Bundeskartellamt verwendete Vermutungsschwelle für eine marktbeherrschende Stellung klar überschreitet.

Wie Behördenpräsident Andreas Mundt erläutert, war der analysierte Zeitraum von einem Wiederanziehen der Stromnachfrage und ersten Kraftwerksabschaltungen im Zuge des Kohleausstiegs gekennzeichnet. „Hinzu kam eine vergleichsweise niedrige Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien“, so Mundt. „Dadurch wurde der Kraftwerkspark des unverändert größten Stromerzeugers RWE erwartungsgemäß in einer deutlich größeren Anzahl von Stunden unverzichtbar für die Deckung der Stromnachfrage. Nach unseren Ermittlungen liegt RWE damit über der Schwelle für eine marktbeherrschende Stellung.“

Mundt geht davon aus, dass die Abschaltung dreier weiterer Kernkraftwerke am Jahresende 2021 sowie der fortschreitende Kohle- und Atomausstieg die Marktstellung von RWE tendenziell weiter verstärken wird. Auch die verbleibenden Kraftwerkskapazitäten der anderen großen deutschen Stromerzeuger dürften dem Bericht zufolge wichtiger werden; im Berichtsjahr hat demnach auch die Bedeututung von LEAG und EnBW zugenommen.

Die RWE AG profitiert von dem aktuellen Marktumfeld und hat am Mittwoch die Ergebnisprognose für das Gesamtjahr 2022 angehoben. Der Energiekonzern erwartet nun ein bereinigtes Ergebnis vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen zwischen 3,6 und 4 Milliarden Euro sowie ein bereinigtes Nettoergebnis von 1,3 bis 1,7 Milliarden Euro. Die Zahlen für das Geschäftsjahr 2021 will RWE am 15. März veröffentlichen.

Ausländische Kraftwerkskapazitäten spielen dem Bundeskartellamt zufolge für den deutschen Stromerstabsatzmarkt ebenfalls eine zunehmend wichtigere Rolle. Während Deutschland im Berichtsjahr 2019 zu 25 Prozent der Zeit Nettoimporteur war, liegt dieser Zeitanteil im Berichtsjahr 2021 wie schon 2020 bei 35 Prozent. „Die Anzahl von Situationen, in denen der inländische Strombedarf über den Markt nicht mehr oder nur knapp ohne ausländische Kraftwerkskapazitäten hätte gedeckt werden können, ist im Berichtszeitraum von niedrigem Niveau (1,5 Prozent) aus merklich (auf 3,8 Prozent) gestiegen und dürfte wegen der weiteren Kraftwerksabschaltungen auch perspektivisch weiter zunehmen“, heißt es in der Analyse. Zu solchen Situationen komme es bislang insbesondere im Frühsommer, wo ein wesentlicher Teil der inländischen Erzeugungskapazitäten auf Grund der in dieser Jahreszeit typischen Kraftwerksrevisionen nicht verfügbar sei.

Erstmals beschäftigt sich der Marktmachtbericht auch mit dem Angebot an Regelenergie und stellt in bestimmten Bereichen eine sehr hohe Konzentration fest, insbesondere bei der sogenannten positiven Sekundärregelung. „Für diese spielen Pumpspeicheranlagen eine ganz herausgehobene Rolle und hier ist EnBW der führende Anbieter. Ob dies bis hin zu einer marktbeherrschenden Stellung reicht, muss noch vertieft und unter Einbeziehung weiterer Faktoren geprüft werden“, so Mundt. Das Bundeskartellamt werde das Preissetzungsverhalten der großen Anbieter im Bereich der Regelreserve weiterhin sehr genau beobachten.

Eigentlich muss das Bundeskartellamt lediglich alle zwei Jahre einen gesonderten Bericht über die Wettbewerbssituation bei der Erzeugung elektrischer Energie veröffentlichen, erstellt die Analysen jedoch zurzeit in kürzeren Abständen. Aufgrund der Dynamik des Transformationsprozesses im Zuge des fortschreitenden Atom- und Kohleausstiegs und der bevorstehenden Etablierung europäischer Plattformen für die Regelenergiebeschaffung erwägt das Bundeskartellamt, auch den kommenden Marktmachtbericht früher als nach der gesetzlich vorgesehenen Zweijahresfrist vorzulegen. Nach dem EEG geförderte Erzeugungsmengen rechnet die Behörde übrigens nicht dem Stromerstabsatzmarkt zu, da sie von den Wettbewerbskräften dieses Marktes entkoppelt seien.

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