10 Prognosen für den Energiemarkt im Jahr 2022 (und darüber hinaus)

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  1. Die Energiepreise werden steigen 

Bereiten Sie sich auf hohe Preise vor! 2021 war ein außergewöhnliches Jahr mit außerordentlich hohen Strompreisen, und 2022 wird da anknüpfen, wo 2021 aufgehört hat. Die Verbraucherpreise für 2022 sind in ganz Europa durch langfristige Verträge und Preisregelungen bereits weitgehend festgeschrieben.

Warum? Die Elektrifizierung von Haushalten und Autos wird zu einer höheren Nachfrage nach elektrischem Strom führen. Gleichzeitig wird die verstärkte Konzentration auf die Verringerung des CO2-Fußabdrucks der Energienutzung die Kosten für die Verschmutzung im europäischen

Emissionshandel erhöhen, während sich die Gas- und Kohlepreise auf Höchstständen befinden. Dies wird zu höheren Energiepreisen führen. Darüber hinaus werden die geplanten Investitionen in die Stromnetze über die regulären Netzentgelte an die Verbraucher weitergegeben.

  1. Die Volatilität der Strompreise wird zunehmen 

Die Preisunterschiede von Stunde zu Stunde und von Tag zu Tag (Intraday- und Interday-Volatilität) werden größer und häufiger werden.

Und warum? Da ein größerer Teil der Stromerzeugung vom Wetter abhängt (Sonnen- und Windenergie) und weniger Wärmekapazität zur Verfügung steht, wenn Kern- und Kohlekraftwerke abgeschaltet werden, werden die Schwankungen bei der Stromerzeugung zunehmen, was sich direkt in instabileren Preisen niederschlägt.

  1. Die Jahreszeiten ändern sich 

Die Strompreise werden saisonale Schwankungen aufweisen, die nicht mehr dem traditionellen Bild „niedriger Preis im Sommer, hoher Preis im Winter“ entsprechen.

Und warum? Interkonnektoren, das heißt Kabel zwischen Ländern, werden gebaut. So etwa zwischen Norwegen und dem Vereinigten Königreich und Deutschland, von Nord nach Süd in Deutschland, zwischen Frankreich und Spanien, von Südskandinavien nach Polen. Das bedeutet, dass jedes Land zunehmend von den Witterungs- und Produktionsbedingungen in anderen Teilen Europas beeinflusst wird. Darüber hinaus bedeutet die Elektrifizierung von Kochen oder Heizen in Haushalten und Autos einen höheren Verbrauch über das ganze Jahr hinweg, und neue Formen der Energieerzeugung wie Solar- und Windenergie sorgen für eine eigene Volatilität.

  1. Die Bepreisung von Engpässen wird sich durchsetzen 

Immer mehr Länder werden damit beginnen, in Verbraucherverträgen Engpasspreise einzuführen, zum Beispiel in Form von lastvariablen Tarifen oder nutzungsabhängigen Preisen, um Verhaltensänderungen beim Verbrauch zu bewirken. Im Wesentlichen bedeutet dies, dass es Belohnungen für das frühe Duschen am Morgen und Strafen für das Kochen des Abendessens zur gleichen Zeit wie alle anderen geben wird.

Wieso? Die Elektrifizierung führt zu größeren Lastschwankungen im Netz – das heißt wie viel Strom zur gleichen Zeit verbraucht wird. Der Spitzenverbrauch wird zunehmen, und die Zahl der Stunden, in denen das Netz überlastet ist, wird steigen.

  1. Solarenergie wird boomen 

Die lokale Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien wird auf mehr Märkten und für mehr Verbraucher sinnvoll und wettbewerbsfähig sein als die Energie aus dem Netz. Die Solarenergie für Privathaushalte und Gewerbebetriebe wird einen Boom erleben, da sich immer mehr Nutzer der Einsparmöglichkeiten bewusst werden, die sich aus der Nutzung der Solarenergie ergeben.

Wieso? In Europa wird für 2022 prognostiziert, dass 1,2 Millionen Haushalte (IEA und Otovo-Analyse) Photovoltaik-Anlagen auf ihren Dächern installieren werden. Das bedeutet einen Nettozuwachs von fast 20 Prozent gegenüber 2021, da neue nationale Förderprogramme und hohe Strompreise noch mehr Menschen dazu bewegen, sich eine Solaranlage anzuschaffen.

  1. Mehr steuerliche Anreizsysteme 

Europa wird sich Schritt für Schritt von Anreizsystemen wegbewegen, die sich auf die Energie beziehen, wie zum Beispiel die Vergütung von Verbrauchern für Energie, die sie in das Netz einspeisen (Einspeisetarife) oder Net-Metering. Zunehmen werden hingegen beispielsweise Steuererleichterungen oder niedrigere Mehrwertsteuersätze für grüne Produkte.

Und warum? Anfang Dezember machte die EU-Kommission den Weg frei für eine null-prozentige Mehrwertsteuer auf Solarmodule, Elektrofahrräder und andere grüne Produkte und -dienstleistungen. Viele EU-Mitgliedsstaaten sind auch dabei, von energiebasierten Anreizen auf steuerliche Anreize umzustellen.

  1. Elektroautos werden zunehmend mit Solarenergie angetrieben 

Der Absatz von Elektrofahrzeugen liegt in den meisten europäischen Ländern bei mehr als zehn Prozent. Der Besitz von Elektroautos ist eng mit dem Besitz von Solarmodulen verbunden, und dieser Trend wird sich 2022 noch verstärken. Wir werden mehr Elektroautos sehen, die mit auf dem Garagen- oder Hausdach erzeugter Energie aufgeladen werden.

Warum? 57 Prozent der britischen Elektroautofahrer gaben an, dass sie ihr Haus mit Solarenergie ausgestattet haben oder dies in Erwägung ziehen, um ihr Auto mit selbst erzeugter“ Energie aufzuladen. Es besteht ein klarer Zusammenhang zwischen dem Besitz von Elektroautos, dem Bewusstsein für den Stromverbrauch und dem Interesse an Solarenergie. Hinzu kommt, dass das Auslaufen der Einspeisetarife für Solarenergie die Wirtschaftlichkeit des Eigenverbrauchs verbessern wird, was die Akzeptanz von Elektroautos auch bei bestehenden solarbetriebenen Haushalten erhöhen dürfte.

  1. Intelligenter Energieverbrauch wird wichtig werden 

Immer mehr Verbraucher werden erkennen, wie wichtig es ist, Energie intelligent zu verbrauchen, einschließlich der Optimierung der Nutzungszeiten und der Reduzierung von Spitzenlasten. Dienstleistungen und Lösungen, die den Verbrauchern bei der Optimierung ihres Energieverbrauchs helfen, werden immer häufiger angeboten werden. Tibber, das norwegische Unternehmen für Stromeinsparungen, hat in den letzten Quartalen ein enormes Wachstum verzeichnet, da die Strompreise in die Höhe geschnellt sind.

Und warum? Wenn die Preise innerhalb eines Tages stark schwanken, wird es immer wichtiger, Strom in den Stunden des Tages zu verbrauchen, in denen die Preise niedrig sind. Die Preiskurve kann zwar von Tag zu Tag sehr unterschiedlich sein, aber typischerweise sind die Strompreise morgens und nachmittags sehr hoch, während sie nachts und oft auch in der Tagesmitte relativ niedrig sind. Wenn Sie den Start des Wasserboilers nach dem morgendlichen Duschen um ein paar Stunden verschieben, können Verbraucher mehrere Euro sparen, und wenn sie ihr Elektrofahrzeug nachts aufladen, kann noch mehr gespart werden. Auch wenn diese zeitlichen Verschiebungen im Verbrauch einzeln betrachtet nur bescheidene wirtschaftliche Auswirkungen haben – zusammengenommen können sie sich über ein Jahr hinweg zu erheblichen Einsparungen summieren.

  1. Batteriespeicher werden zum Mainstream

Die Wirtschaftlichkeit von Batterien für Privathaushalte und Gewerbebetriebe wird sich durch die stärkere Volatilität der Strompreise, die Preisgestaltung bei Engpässen und die Abschaffung der Einspeisevergütung drastisch verbessern. Hinzu kommt, dass der kontinuierliche Preisrückgang und die Einführung verbraucherfreundlicherer Produkte dazu führen werden, dass 2022 das Jahr sein wird, in dem Batterien zu einem festen Bestandteil des Haushalts werden.

Warum? Im Jahr 2021 werden in Europa schätzungsweise 180.000 Hausbatterien installiert sein (Solarpower Europe und Otovo-Analyse). Das ist ein Rekordjahr, und die Verkaufszahlen im letzten Teil des Jahres deuten auf ein weiteres Wachstum bis 2022 hin.

  1. Die Preise für Photovoltaik-Anlagen werden sich stabilisieren 

Das anhaltende Nachfragewachstum in Verbindung mit einer Verknappung des Angebots sowohl bei der Hardware aufgrund von Unterbrechungen der globalen Lieferkette nach der Pandemie, einem allgemeinen Anstieg der Rohstoffpreise und begrenzten Installationskapazitäten in mehreren Schlüsselmärkten hat im Jahr 2021 zu einem Anstieg der Preise für Photovoltaik-Anlagen geführt. Die Preise sich im Jahr 2022 stabilisieren.

Und warum? Produktionsunterbrechungen wegen Covid in Verbindung mit einem Nachfrageanstieg aufgrund hoher Strompreise haben den Markt belastet. Hinzu kommt, dass die Transportkosten von China nach Europa in den letzten 18 Monaten enorm gestiegen sind, was zum Teil auf die anhaltende Pandemie zurückzuführen ist. Die Preise für Solarmodule beispielsweise sind auf dem europäischen Spotmarkt im Jahr 2021 erheblich teurer geworden.
Darüber hinaus sind die Containerfrachtkosten von China nach Europa seit Mitte 2020 in die Höhe geschnellt. Die Angebotssituation scheint sich in der Übergangsphase zwischen 2021 und 2022 zu stabilisieren, aber eine Verzögerung zwischen Produktion und Lieferung bedeutet, dass gewisse Verzögerungen bei der Preisstabilisierung auf dem Markt zu erwarten sind.

— Der Autor Andreas Bentzen ist CTO und Chief Scientist bei Otovo, einem der führenden Marktplätze für Photovoltaik-Anlagen für Privathaushalte in Europa. https://www.otovo.de/

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