Freibrief vom Finanzamt: Steuererleichterungen für kleine Photovoltaik-Anlagen konkretisiert

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Anfang Juni hat das Bundes­finanzministerium (BMF) eine Verwaltungsanweisung veröffentlicht, um die Finanz­ämter und Anlagenbetreiber von unnötiger Bürokratie zu entlasten. Auf Antrag lassen sich kleine Photovoltaik-Anlagen von der Steuerpflicht befreien. Zustande gekommen ist die Vereinfachungsregelung, nachdem der Bundesrat schon im vergangenen Jahr die Bundesregierung mehrfach aufgefordert hatte, für Photovoltaik-Anlagen bis zehn Kilowatt im Einkommensteuergesetz eine Steuerbefreiung zu schaffen.

Da Bundesregierung und Bundestag dem Vorschlag nicht gefolgt waren, haben sich die Steuerbehörden der Länder mit dem Bundesfinanzministerium stattdessen auf eine verwaltungstechnische Regelung geeinigt: In einem sogenannten BMF-Schreiben weist das Ministerium alle Finanzämter an, unter bestimmten Voraussetzungen nicht mehr von einer Gewinnerzielungsabsicht bei der Stromeinspeisung aus kleinen Photovoltaik-Anlagen und BHKW bis 2,5 Kilowatt auszugehen. Ende Oktober schob das Ministerium eine erweiterte Fassung des BMF-Schreibens nach, was die ursprüngliche Fassung ersetzt, aber an der grundsätzlich vorgesehenen Steuerbefreiung für kleine Anlagen nichts ändert.

Kein Gewinn aus Stromverkauf

Begründet wird diese mit „der Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens, da bei Inanspruchnahme der Vereinfachungsregelung aufwendige und streitanfällige Ergebnisprognosen für die Beurteilung der Gewinnerzielungsabsicht weder erstellt noch geprüft werden müssen“. Gemeint ist damit, dass bei neueren Photovoltaik-Anlagen die Einspeisevergütung nicht mehr so hoch ist, dass mit dem Verkauf des Stroms an den Netzbetreiber Gewinne erzielt werden könnten, die zu versteuern wären. Wir hatten dies bereits im letzten Jahr in unserem Beitrag „Wirtschaftlich, aber ohne Gewinn“ ausführlich beschrieben.

Das BMF-Schreiben dokumentiert also eine Tatsache, die wir in unserer Steuerrubrik seit Längerem vertreten. Diese Tatsache ergibt sich auch ohne Änderung des Steuerrechts oder einer Verwaltungsanweisung bei Anwendung des Steuer­rechts unter den derzeitigen finanziellen Gegebenheiten bei kleinen Photovoltaik-Anlagen. Viele Anlagenbetreiber könnten sich die Abgabe einer jährlichen Steuererklärung für die Photovoltaik-Anlage also eigentlich sparen. Dazu musste bisher jedoch dem Finanzamt mit einer Wirtschaftlichkeitsprognose nachgewiesen werden, dass es sich beim Betrieb der Anlage um „Liebhaberei“ handelt.

Neues Liebhaberei-Wahlrecht

Die Einigung von Bund und Ländern dreht diesen Spieß nun um, indem Anlagenbetreiber bis zehn Kilowatt die Liebhaberei auf Antrag wählen können. Hintergrund: Erzielt eine selbstständige, gewerbliche Tätigkeit langfristig betrachtet keine zu versteuernden Gewinne, handelt es sich einkommensteuerlich um Liebhaberei, weil die Gewinnerzielungsabsicht fehlt. Fast so ähnlich wie sie auch wählen können, ob sie umsatzsteuerpflichtig sein wollen oder sich per Kleinunternehmerreglung von der Umsatzsteuer befreien können.

Ähnlich wie die Kleinunternehmerregelung in der Umsatzsteuer knüpft die Finanzverwaltung auch an das Liebhabereiwahlrecht an einige, jedoch andere Voraussetzungen:

  • Leistung der Photovoltaik-Anlage maximal zehn Kilowatt,
  • in Betrieb genommen ab 2004,
  • der Strom wird vom Anlagenbetreiber im privaten Wohnumfeld genutzt oder in einer unentgeltlich überlassenen Wohnung (keine Stromlieferung an Mieter, Praxisräume oder ähnliches),
  • gelegentliche Mieteinnahmen (einzelne Räume) von maximal 520 Euro jährlich.

Zum Wahlrecht wird die neue Regelung dadurch, dass das BMF den Anlagenbetreibern ausdrücklich die Möglichkeit einräumt, im Einzelfall eine Gewinnerzielungsabsicht nachzuweisen und die Photovoltaik-Anlage damit der Einkommensteuer zu unterwerfen. Anders als bei der Vorsteuererstattung bei der Wahl der Umsatzsteuerpflicht gibt es dafür aber selten einen sinnvollen Grund. Steuersparmodelle durch vorgezogene Sonderabschreibungen wie der Investitionsabzugsbetrag (IAB) lohnen sich in der Praxis eher weniger.

Ungereimtheiten und neue Fragen

Bei aller Freude über die Kürze und Verständlichkeit des BMF-Schreibens vom Juni warf es doch einige Fragen auf. Beispielsweise, warum die Vereinfachung für Photovoltaik-Anlagen auf Dreifamilienhäusern anders als auf Zweifamilienhäusern oder auf Garagengrundstücken nicht infrage kommt. Dies wurde in der Aktualisierung geändert. Eine andere Frage bleibt nach dem Update offen, warum Anlagen bis ins Jahr 2004 zurück begünstigt werden, obwohl die meisten Anlagen aus dieser Zeit steuerlich relevante Gewinne erzielen.

Ein häufiges praktisches Problem sind auch mehrere Photovoltaik-Anlagen auf dem Gebäude, die oft in unterschiedlichen Jahren installiert wurden. Schon die Größenbegrenzung war in der ersten Fassung nicht eindeutig formuliert: War mit „zehn Kilowatt“ die Modulleistung (eigentlich Kilowattpeak) oder die Anschlussleistung der Photovoltaik-Anlage gemeint, so wie das zweifellos beim BHKW mit 2,5 Kilowatt der Fall ist? Wäre eine 12-Kilowattpeak-Anlage mit 9,5-Kilowatt-Wechselrichter demnach eine Anlage bis zehn Kilowatt?

Was ist mit einer Anlage mit sechs Kilowatt aus dem Jahr 2013 auf demselben Dach mit einer Acht-Kilowatt-Anlage von 2020? Sind das zwei Anlagen bis zehn Kilowatt und für beide kann die Vereinfachungsregelung genutzt werden? Oder handelt es sich um eine Photovoltaik-Anlage mit 14 Kilowatt? Oder darf der Betreiber, wie einige Finanzämter behaupten, nur für eine Anlage das Wahlrecht ausüben?

Es muss einen Ansturm von Rückfragen dieser Art gegeben haben, der das Bundesfinanzministerium veranlasste, innerhalb von nur fünf Monaten eine erweiterte Fassung seines Schreibens herauszugeben. Klargestellt wird darin unter anderem, dass mit Verweis auf das EEG die Modulleistung für die Größe der Photovoltaik-Anlage relevant ist und dass mehrere Photovoltaik-Anlagen der Betreiber im Hinblick auf die Zehn-Kilowatt-Grenze zusammengefasst werden. Es geht also nicht um die einzelne Anlage, sondern um den „Gewerbebetrieb Photovoltaik“ einer Steuerperson insgesamt. Dennoch bleibt festzuhalten, dass die Vereinfachungsregelung des Ministeriums für die allermeisten Anlagenbetreiber eine erhebliche Entbürokratisierung darstellt und mehr Rechtssicherheit schafft.

Gute Argumentationshilfe für alle

Und die Regelung dürfte sogar Betreibern helfen, die formal gar nicht von ihr betroffen sind. Dass die Finanzverwaltung grundsätzlich davon ausgeht, dass kleine Photovoltaik-Anlagen keine steuerlichen Gewerbebetriebe mehr sind, wie es in dem BMF-Schreiben dokumentiert wird, hilft auch dem Betreiber einer 15-Kilowatt-Anlage, sein Finanzamt von ertragssteuerlicher Liebhaberei zu überzeugen.

Wer die Vereinfachungsregelung zur Liebhaberei in Anspruch nehmen will, muss dies seinem Finanzamt gegenüber schriftlich erklären. Ob die Voraussetzungen erfüllt sind, wird anhand der Angaben überprüft. Deshalb ist es sinnvoll, die von den Finanzverwaltungen der Bundesländer im Internet angebotenen Formulare zu nutzen. Das Bayerische Landesamt für Steuern, bekannt für seinen umfangreichen Download „Hilfe zu Photovoltaik-Anlagen“, hat ergänzend zum Formular ein Merkblatt bereitgestellt, das viele Praxisfragen leider nicht beantwortet.

Fest steht aber: Wer die Liebhaberei wählt, bestimmt, dass ab sofort und für folgende Jahre keine Gewinne anfallen, die zu versteuern wären und weder Einkünfte noch Kosten der Photovoltaik-Anlage in der Einkommensteuer berücksichtigt werden. Die Entscheidung wirkt sich auch rückwirkend aus, auf die noch offenen, änderbaren Steuerjahre. Bescheide können vom Finanzamt mit Vorbehalten (beispielsweise der Nachprüfung, § 164 AO) oder vorläufig (§ 165 AO) erlassen werden oder es wurde über einen Widerspruch gegen den Bescheid noch nicht entschieden.

Steuerersparnis bei alten Anlagen

Das ist ein Vorteil, wenn in den Jahren Gewinne zu versteuern waren, denn dann bringt die Vereinfachungsregelung eine Steuererstattung und künftig jährliche Steuerersparnisse. Das dürfte bei vielen Betreibern von Photovoltaik-Anlagen aus den Anfangsjahren ab 2004 der Fall sein. Hat der Betreiber die Photovoltaik-Anlagen jedoch als Abschreibungsmodell zum Steuer­sparen genutzt, droht hier eine Steuernachzahlung. In diesem Fall sollte vor der Entscheidung für die Regelung erst ein Steuer­berater hinzugezogen werden, der insbesondere prüft, ob die Steuerjahre mit den vorgezogenen Abschreibungen schon unabänderlich geworden sind.

Die neue Fassung des BMF-Schreibens erklärt nun auch, wann man sich für oder gegen die Vereinfachungsregelung entscheiden muss: „Bei Neuanlagen, die nach dem 31. Dezember 2021 in Betrieb genommen werden, ist der Antrag bis zum Ablauf des Veranlagungszeitraums zu stellen, der auf das Jahr der Inbetriebnahme folgt. Bei Altanlagen (Inbetriebnahme vor dem 31. Dezember 2021) ist der Antrag bis zum 31. Dezember 2022 zu stellen.“

Es dürfte dabei klar sein, dass man die Wahlmöglichkeit nicht so anwenden darf, dass man zunächst Verluste steuerlich geltend macht, abwartet bis diese Bescheide verbindlich wurden und dann später zur Liebhaberei wechselt, um in den Folge­jahren noch mal Steuern zu sparen. Bei neuen Anlagen sollte man sich deshalb bald entscheiden. Bei einer älteren Anlage würde die Nichtausübung des Wahlrechts bis Ende 2022 vom Finanzamt dann wohl so gedeutet, dass die Anlage (weiterhin) mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben werden soll. Ein Wechsel ist dann erst einmal ausgeschlossen.

Lediglich für Anlagen nach Ablauf des EEG-Förderzeitraums tut sich wieder eine Möglichkeit auf. An dieser Stelle wird es dann wieder kurios und steuerrechtlich widersprüchlich: Laut der neueren Fassung des BMF-Schreibens soll für die vor 2004 in Betrieb genommenen Anlagen wieder ein „Lieb­habereiantrag“ möglich sein, der dann aber im Unterschied zur sonstigen Vorschrift erst für die Jahre nach Förderende steuerlich wirksam wird. Offen bleibt, ob das in den kommenden Jahren auch für die Anlagen der späteren Jahre anzuwenden ist.

Die neue Verwaltungsvorschrift betrifft ausschließlich die ertragssteuerliche Behandlung der Photovoltaik-Anlage und nicht die Umsatzsteuer. Weiterhin kann der Anlagenbetreiber also die Umsatzsteuerpflicht wählen, um den Kaufpreis der Anlage zu reduzieren – mit den damit verbundenen bürokratischen Pflichten und Kosten.

Spartipp für neue Anlagen

In der Einkommensteuer eröffnet die Liebhaberei jedoch sogar eine kleine Steuersparmöglichkeit: Da es sich nicht um einen Gewerbebetrieb handelt, sind die Anschaffungskosten keine Betriebsausgaben, sondern private Aufwendungen. Deshalb können die Kostenanteile für Arbeitsleistungen bei der Montage und Installation in der privaten Steuererklärung geltend gemacht werden (§ 35a Abs. 3 EStG), indem 20 Prozent dieser Kosten von der Steuerlast abgezogen werden. Das geht bis zu einem jährlichen Höchstbetrag von 1200 Euro pro Haushalt für Handwerkerleistungen.

„Photovoltaik ohne Finanzamt 2.0“

In der Umsatzsteuer gab es bisher schon für die meisten privaten Photovoltaik-Betreiber die Möglichkeit, durch Wahl der Kleinunternehmerregelung die Umsatzsteuerpflicht zu vermeiden. Mit der Vereinfachungsregelung im BMF-Schreiben gibt es nun erstmals eine Wahlmöglichkeit zur Liebhaberei in der Einkommensteuer. Beides zusammen eröffnet vielen privaten Betreibern den Weg zur Photovoltaik-Anlage ohne Steuerbürokratie.

Um das steuerfreie Glück perfekt zu machen, braucht es noch einen Kniff in der Kommunikation mit dem Finanzamt. Damit nämlich trotz Kleinunternehmerreglung gar keine Steuer­erklärungen mehr abgegeben werden müssen, ist es notwendig, dass im EDV-System des Finanzamts unter der Steuernummer zwei Häkchen nicht gesetzt werden: Bitten Sie Ihren Sachbearbeiter, „das U- und das G-Signal NICHT zu setzen“, damit Ihre Photovoltaik-Anlage nicht als Gewerbebetrieb erfasst wird.

Der Nürnberger Steuerberater Markus Sprenger empfiehlt mit Blick auf das BMF-Schreiben von einem „Antrag zur Nichtveranlagung“ zu sprechen, um den Sinn und Zweck der Regelung steuerrechtlich klar einzuordnen. Er hat damit in der Kommunikation mit Finanzämtern bisher gute Erfahrungen gemacht.

Dies lässt sich so umsetzen für Privatpersonen, bei denen außer der Photovoltaik-Anlage keine weiteren Einkünfte aus selbstständiger oder gewerblicher Tätigkeit vorliegen, denn die Steuerpflichtigen müssen sich ohnehin melden, wenn sich die Verhältnisse diesbezüglich ändern.

Es wäre sinnvoll, wenn die Finanzverwaltung diese Vorgehensweise bei kleinen Photovoltaik-Anlagen den Finanzämtern grundsätzlich empfehlen würde, ganz im Sinne der aktuellen Regelung, um sinnlose Bürokratie zu vermeiden, unnötige Kosten bei Finanzbehörden und Photovoltaik-Betreibern zu sparen und die Angst vor dem Finanzamt als Hürde bei der Anschaffung privater Photovoltaik-Anlagen zu reduzieren.

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