UN-Klimakonferenz Glasgow führt die Welt in die unbeherrschbare Heißzeit

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Die Abschlusserklärung der am Samstag zu Ende gegangenen COP 26 zeigt auf, wie es alle UN-Klimakonferenzen vorher auch schon taten: Die Regierungen der Welt führen die Menschheit nur weiter in eine sich weiter aufheizende Erdtemperatur, mit dem klaren und immer mehr sichtbaren Ende der menschlichen Zivilisation.

Viele positive Einschätzungen von beteiligten Regierungsvertretern übertünchen das wahre Versagen der regierenden Weltgemeinschaft. Sie versuchen zu beschönigen und glaubhaft zu machen, dass die Welt sich nun ein Stück näher am Klimaschutz befindet.

Dabei weisen sie vor allem auf die Initiativen und Absichtserklärungen hin, wie die Methaninitiative; die Absicht, die Kohlefinanzierung im Ausland zu beenden; die Waldschutzinitiative oder die Initiative des Endes des Verbrennungsmotors. Letztere hat nicht einmal die deutsche Regierung unterstützt. Was Absichtserklärungen und  Selbstverpflichtungen bringen, haben wir in den letzten 30 Jahren gesehen. Im Ergebnis führten sie nur dazu, dass die Weltgemeinschaft von einem Rekordemissionsjahr zum nächsten eilte.

Eine Initiative für die globale Umstellung auf 100 Prozent erneuerbare Energien gab es in Glasgow nicht, obwohl damit die Treibhausgasemissionen um 60 Prozent verringert werden könnten – die größte und wichtigste Einzelmaßnahme, die es im Klimaschutz geben könnte und müsste.

Stärker denn je ist in den Abschlussdokumenten formuliert, dass das 1,5-Grad-Limit schnelleres und entschiedeneres Handeln erfordert und dass die jährliche Menge an CO2, die freigesetzt wird, bis 2030 praktisch halbiert werden muss.

Das klingt für den Laien ganz gut.  Aber genau damit täuscht die Abschlusserklärung die Weltgemeinschaft. Etwa in 2030 wird die Erdtemperatur 1,5 Grad Celsius Erhöhung überschritten haben, so haben es viele Klimaforschungsinstitute wie die WMO in Genf, die NASA oder das EU-Forschungszentrum Kopernikus längst vorgerechnet. Wie soll da die Erdtemperatur auf 1,5 Grad Celsius Erhöhung stabilisiert werden, wenn nach deren Erreichung um das Jahr 2030 immer noch über 50 Prozent der Emissionen erlaubt sein sollen? Jede Emission erhöht die Konzentration von Klimagasen in der Atmosphäre und mit jedem ppm höhere CO2-Konzentration steigert sich die Antriebsgeschwindigkeit der Temperaturerhöhung. Deshalb hat Luisa Neubauer von FFF es korrekt auf den Punkt gebracht: „Diese Abschlusserklärung ist ein Betrug.“

Höchst irritierend ist auch die Einschätzung von Klimaforscher Ottmar Edenhofer. Er sieht die Abschlusserklärung als ein klares Signal an die Politik. „Das Ergebnis ist ein Handlungsauftrag. Der muss aber von den Staaten auch tatsächlich eingelöst werden – weltweit, aber auch bei uns in Deutschland, deutlich stärker und rascher als bisher“, sagte der Direktor des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung.

Wie bitte? Der Handlungsauftrag soll also sein, auch nach 2030, wenn die Erdtemperatur das in Paris gesetzte Ziel überschritten haben wird, weiter ungeheure Mengen an Treibhausgasen zu emittieren? Genau das ist aber der Weg in die unbeherrschbare irdische Heißzeit.

Müssen wir als Weltgemeinschaft nun wegen des 26. Versagens der Weltklimakonferenz uns ohne Hoffnung auf dem Weg in das Ende der menschlichen Zivilisation machen? Nein, ganz und gar nicht. Wenn Regierungen versagen, können Menschen und Unternehmen selbst handeln. Da die Erneuerbaren als Kern des Klimaschutzes heute die billigste Art der Energieerzeugung sind, kann die Dynamik zu einer globalen Fall Versorgung mit 100 Prozent erneuerbaren Energien und anderen Klimaschutzmaßnahmen bis 2030 schnell Fahrt aufnehmen. Es liegt an uns allen persönlich unseren Beitrag zum Klimaschutz zu leisten, auf kommunaler Ebene zu drängen und uns in Klimaschutzvereinen und Genossenschaften zu organisieren. Jede Person und jedes Unternehmen, welche komplett aus Erdöl, Erdgas und Kohle aussteigen, helfen mit, dass dieser Weg beschleunigt sich fortsetzt und so doch noch ein Klimaschutz kommen wird, auch wenn die 27. und 30. Cop wieder ein Betrug werden.

Dieser Weg wird heute schneller kommen als die Regierungen glauben, denn immer mehr zeigt sich, dass sich Klimaschutz wegen den teuren fossilen und atomaren Energien angesichts immer billiger werdenden erneuerbare Energien, schnell auch für den eigenen Geldbeutel lohnt.

— Der Autor Hans-Josef Fell saß für die Grünen von 1998 bis 2013 im Deutschen Bundestag. Der Energieexperte war im Jahr 2000 Mitautor des EEG. Nun ist er Präsident der Energy Watch Group (EWG). Mehr zu seiner Arbeit finden Sie unter www.hans-josef-fell.de. —

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