Thüringen: Kein nennenswerter Photovoltaik-Zubau auf landeseignen Gebäuden seit 2016

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Thüringen fördert seit Jahren erfolgreich Investitionen von Privathaushalten, Landwirten sowie kleinen und mittelständischen Unternehmen in Photovoltaik-Anlagen und Batteriespeicher über sein Programm „Solar Invest“. Nach einem Beschluss des Thüringer Landtags von 2016 wollte der Freistaat eigentlich mit gutem Beispiel vorangehen und die geeigneten Dächer auf landeseigenen Immobilien mit Photovoltaik-Anlagen ausstatten. Die energiepolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen in Thüringen, Laura Wahl, hatte zu Jahresbeginn bei der Landesregierung nach dem Stand der Umsetzung des Beschlusses gefragt.

Aus der Antwort der Landesregierung, die pv magazine vorliegt, geht hervor, dass bislang nicht viel passiert ist. Seither seien 281 von 841 energetisch relevanten Landesgebäuden auf Eignung, Potenzial, Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit hinsichtlich von Photovoltaik-Anlagen überprüft worden. Insgesamt resultierten daraus 16 Planungsaufträge für 24 Gebäude und drei Bauaufträge für Photovoltaik-Anlagen auf vier Landesgebäuden. Geplanter Baubeginn dieser Anlagen sei im ersten Halbjahr 2021. Die Photovoltaik-Anlagen mit einer Gesamtleistung von 401 Kilowatt sollen dann im zweiten Halbjahr in Betrieb genommen werden, die die Landesregierung in Erfurt schreibt. 2019 und 2020 hatte sie knapp 165.000 Euro für die Planung von Photovoltaik-Anlagen ausgegeben, wie aus einer Auflistung hervorgeht. Bereit gestanden hätten 10 Millionen Euro für Planung und Umsetzung der Photovoltaik-Anlagen.

„Es ist frustrierend, dass das Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft vier Jahre verstreichen lassen hat, bis mit dem Bau der ersten Photovoltaik-Anlagen begonnen wird“, erklärte Wahl. „Viele Privatpersonen und Unternehmen zeigen, dass sich statische und brandschutztechnische Herausforderungen mit dem entsprechenden Willen lösen lassen und auch die denkmalschutzrechtlichen Schwierigkeiten sind bekannt. Dies als Erklärung für die Verzögerungen beim Photovoltaik-Ausbau heranzuziehen, ist nicht verständlich.“

Verzögerungen haben gleich mehrere Ursachen

Die Verzögerungen bei der Umsetzung des Beschlusses begründete die Landesregierung gleich mit mehreren Ursachen. So seien die für das Projekt vorgesehenen Stellen beim Landesamt für Bau und Verkehr bislang nur teilweise besetzt. Dies liege zum einen an der zeitlichen Befristung der Photovoltaik-Stellen, zum anderen am Fachkräftemangel. Neben den personellen Ursachen führt die Landesregierung auch gesetzliche Hemmnisse an. So seien die meisten landeseigenen Immobilien „als Sonderbauten einzuordnen“, was häufig ein bauaufsichtliches Verfahren notwendig mache, bevor eine Photovoltaik-Anlage installiert werden könne. Wenn Gebäude unter Denkmalschutz stünden, brauche es ebenfalls eine gesonderte Erlaubnis für den Bau. Zudem argumentiert die Landesregierung mit Fristen im Vergaberecht, die eingehalten werden müssten.

Ebenfalls eine Ursache für den schleppenden Fortgang sei die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Photovoltaik-Anlagen, deren Nachweis für jedes Gebäude einzeln erfolgen müsse. Unter sonstigen Gründen wird noch aufgeführt, dass für einen qualifizierten Projektablauf und den wirtschaftlichen Betrieb der Photovoltaik-Anlagen zunächst wesentliche Grundlagen erarbeitet werden müssten. Zudem sei wegen der Corona-Pandemie seit Frühjahr 2020 die Projektbearbeitung eingeschränkt gewesen.

Quasi zur Ehrenrettung für die Landesregierung in ihrer Antwort an, dass bei Neubauten seit Herbst 2016 Photovoltaik-Anlagen bei Neubauten und Grundsanierungen konsequent geplant und gebaut würden. Eine Nachrüstung der Gebäude mit Photovoltaik-Anlagen sei hingegen mit einem höheren personellen, zeitlichen und finanziellen Aufwand verbunden.

Bis 2024 sollen alle geeigneten Dächer Photovoltaik-Anlage bekommen

Immerhin hat die Thüringer Landesregierung große Ziele. So sollen bis Ende 2024 alle geeigneten Dächer landeseigener Immobilien unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit und Finanzierbarkeit mit Photovoltaik-Anlagen in Eigenregie nachgerüstet und auf Eigenverbrauch ausgelegt werden.  Dafür sollen dann rund zwei Megawatt Photovoltaik-Leistung zugebaut werden. Im Beschluss von 2016 war das Potenzial für neue Photovoltaik-Anlagen auf landeseignen Immobilien auf maximal acht Megawatt geschätzt worden. Diese Zubau-Prognose solle Ende 2021 überprüft und gegebenenfalls angepasst werden, heißt es in der Antwort weiter.

Insgesamt wären dann rund zehn Megawatt Photovoltaik-Leistung auf landeseignen Gebäuden installiert, die einen Beitrag auf dem Weg zu einer klimaneutralen Landesverwaltung bis 2030 leisten würden. Die Grünen-Politikerin Wahl forderte vom zuständigen Ministerium, den Photovoltaik-Ausbau auf den landeseigenen Gebäuden endlich mit Nachdruck zu verfolgen. „Für ein gemütliches Schneckentempo fehlt längst die Zeit.“

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