Das ist symbolisch: Im Kanzleramt reden fünf Frauen über Klimaschutz. Die Kanzlerin empfängt im internationalen Konferenz-Saal ihres Amtes vier Klima-Aktivistinnen der Fridays-for-Future-Bewegung (FFF): die Schwedin Greta Thunberg, die beiden Belgierinnen Anuna de Wever und Adelaide Charlier sowie die Deutsche Luisa Neubauer. Thema ist die „Überlebensfrage der Menschheit“, so Angela Merkel 2007 in Grönland vor schmelzenden Eisbergen.
Die Eisberge schmelzen inzwischen dreimal schneller als damals. Ist das Thema jetzt auch dreimal wichtiger als damals, als die deutsche Kanzlerin noch als Klimakanzlerin galt?
Den Anstoß zu diesem außergewöhnlichen Treffen gab im Juli ein Brief, den die Klima-Aktivistinnen an die Regierenden Europas geschrieben hatten. „Wir stehen vor einer existenziellen Krise“, schrieben sie, „und aus dieser Krise können wir keinen Weg kaufen, bauen oder investieren.“ Das bestehende System lasse sich nicht reparieren. „Wir brauchen ein neues System.“ Beinahe 125.000 Menschen hatten diesen Brief unterschrieben, darunter viele Prominente. Das gab den Anstoß zum jetzigen Treffen.
Können und müssen jetzt junge Frauen die Welt retten?
Nun also die fünf Frauen unter sich. Das Patriarchat hat im Industriezeitalter die Klimaerhitzung bewirkt. Wir verbrennen heute an einem Tag so viel Kohle, Gas und Öl, wie die Natur in einer Million Tagen angesammelt hat. Jedes Kind lernt in der Schule, dass diese Energiepolitik seine Zukunft in Frage stellen wird. Und nun sitzen die Vertreter dieser „Greta-Generation“ der Kanzlerin gegenüber. Können und müssen jetzt junge Frauen die Welt retten? Zusammen mit der deutschen Bundeskanzlerin?
In den letzten 14 Jahren hat sich die Kanzlerin 14-mal in ihren Samstags-Video-Botschaften mit dem Klimawandel beschäftigt. So hat es die Süddeutsche Zeitung recherchiert. Allein dreimal im Jahr 2015 als der Pariser Klimagipfel forderte, dass das globale Klima höchstens um zwei Grad – besser nur um 1,5 Grad gemessen an 1870 – ansteigen darf. Ein schönes Ziel, aber nichts Entsprechendes ist passiert. Keine Regierung der Welt handelt bisher danach.
Im letzten Jahr hat die Kanzlerin gar fünfmal am Samstag über Klimaschutz gesprochen. Aber auch Deutschland bleibt weit hinter seinen Versprechungen von Paris zurück. Wissenschaftler sagen, die Erneuerbaren müssten viermal so rasch ausgebaut werden. Und die FFF-Bewegung fordert, dass die Politik endlich auf die Klimawissenschaft hört.
Was also kann man erwarten vom Treffen im Kanzleramt?
Die FFF-Bewegung brachte 2019 Millionen junger Demonstranten für das Klima auf die Straße. Hilft das dem spektakulären Treffen im Kanzleramt?
Auf die Forderung nach einem „neuen System“ sagt die pragmatische Kanzlerin nur: „Politik ist das, was möglich ist.“ Und nun? Bleibt alles beim Alten oder ist auch im alten System mehr möglich als bisher? Es ist die Frage aller Fragen.
Angela Merkel versprach den vier jungen Frauen, „alles zu versuchen, mutiger zu sein“. Na ja! Was aber könnte das konkret und praktisch heißen?
Der Bundestag wird in wenigen Wochen ein neues Erneuerbare-Energien-Gesetz verabschieden:
- Niemand hindert die Abgeordneten daran, dabei mutig zu sein und die Erneuerbaren endlich wieder auf Trapp zu bringen, anstatt sie auszubremsen, wie es Regierung und Parlament in Berlin seit 2012 getan haben.
- Niemand hindert den Bundestag daran, endlich klimaschädliche Subventionen zu streichen.
- Niemand hindert den Bundestag daran, den Kohleausstieg von 2038 zu verschieben, für 2028 festzulegen und mit dem Ausstieg sofort zu beginnen, was bei einem zügigen Ausbau der Erneuerbaren überhaupt kein Problem wäre.
Das alles ist überhaupt keine Frage des Systems, es ist schlicht eine Frage von Mut oder Feigheit. Die Systemfrage muss wieder mal als Feigenbltt herhalten.
Es fehlt der Mut
Es fehlt bisher allein das, was die Kanzlerin jetzt versprochen hat: Mut. Doch im Bundestag sitzen etwa zwei Drittel Männer und nur ein Drittel Frauen. Vielleicht liegt hier das eigentliche Problem. Das „starke“ Geschlecht war bisher einfach zu schwach und zu feige gegenüber den Interessen der alten fossilen Energiewirtschaft. Wir brauchen in der gesamten Politik mehr starke, weibliche Energie so wie sie in diesen Tagen in Belarus sichtbar wird. Weibliche Energie heißt: Gewaltfrei, ausdauernd und deshalb erfolgreich. Vielleicht schafft das die „Generation Greta“.
Die alte Männerherrschaft erweist sich immer mehr als „apokalypseblind“ (Günther Anders). Diese Männer wollen sich einfach nicht mehr vorstellen, was sie anstellen. Das gilt 75 Jahre nach Hiroshima beim atomaren Wettrüsten ebenso wie bei der anderen existentiellen Überlebensfrage der Menschheit, der Klimaerhitzung.
Greta Thunberg nach dem Treffen mit Angela Merkel: „Wir drehen uns im Kreis. Solange die Klimakrise nicht wie eine Krise behandelt wird, werden wir nicht den nötigen Wandel schaffen.“
— Der Autor Franz Alt ist Journalist, Buchautor und Fernsehmoderator. Er wurde bekannt durch das ARD-Magazin „Report“, das er bis 1992 leitete und moderierte. Bis 2003 leitete er die Zukunftsredaktion „Zeitsprung“ im SWR, seit 1997 das Magazin „Querdenker“ und ab 2000 das Magazin „Grenzenlos“ in 3sat. Die Erstveröffentlichung des Beitrags erfolgte auf www.sonnenseite.com. —
Die Blogbeiträge und Kommentare auf www.pv-magazine.de geben nicht zwangsläufig die Meinung und Haltung der Redaktion und der pv magazine group wieder. Unsere Webseite ist eine offene Plattform für den Austausch der Industrie und Politik. Wenn Sie auch in eigenen Beiträgen Kommentare einreichen wollen, schreiben Sie bitte an redaktion(at)pv-magazine.com
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„Politik ist das, was möglich ist.“
Wie man am EEG-Konto im Jahr 2020 feststellt: Verantwortung werden „normale“ SteuerzahlerInnen übernehmen, das sind die HeldInnen. Seltener die Generation vor den friday-for-future AktivistInnen, denn diese (alle) hätten sehr viel länger Zeit gehabt, in die wichtigen Entwicklungen, zu investieren.
„Diese Zeit haben andere sinnvoller genutzt. Danke, den Solarpionieren und der kostendeckenden Vergütung“
Herr Altmaier blockiert die erneuerbaren Energien und damit den Klimaschutz.
Ohne private Investitionen – Hausbesitzer in PV – können die Klimaschutzziele nicht erreicht werden.
Bürokratie und Restriktionen müssen reduziert werden.
Bei der Nettostromerzeugung im öffentlichen Netz liegen die Erneuerbaren aktuell bei etwa 53%, was eigentlich eine positive Entwicklung ist. Diese erfreuliche Entwicklung hat nicht die Politik bewirkt, sondern viele Akteure aus dem Bereich EE und Haushalte. In den letzten Jahren war die Politik hauptsächlich damit beschäftigt den Ausbau zu bremsen. Tatsächlich könnte der Anteil Erneuerbarer Ernergien deutlich höher sein. Sicher sind die Zusammenhänge sehr komplex. Das Problem der Politik sind die vielen Interessen unter einen Hut zu bringen und relativ kurze Planungszeiträume, bestenfalls vier Jahre. Die Energiewende muss aber über Jahrzehnte geplant werden. Eigentlich ab 2000. Stand 2020 gibt es diese übergeordnete Planung nicht. Der Kohleausstieg ist ein Kompromiss der verschiedenen Interessen aber keine fundierte Planung! Was mich ärgert sind Emissionen die leicht zuvermeiden wären, aber von der Politik nicht beachtet werden. Beispiel § 30 StVO, durch unnötiges laufen lassen von Autos beim Einkaufen, telefonieren usw. werden jährlich erwa eine Million Tonnen CO2 verursacht. Diese Ordnungswidrigkeit wird von Seiten der Politik nicht eingefordert. Nach dem Motto keine Verbote. Im Verhältnis zu den 160 Millionen Tonnen die der Verkehr jährlich verursacht, ist eine Million nicht viel. Aus meiner Sicht aber leicht einzusparen. Die Politik habe ich schon mehrfach darauf hingewiesen. Aktuell wird an dem Thema Bußgeld gearbeitet. Zu befürchten ist allerdings dass das Thema Klimaschutz dabei zu kurz kommt. Was die Politik aber nicht daran hindern wird die neue Bußgeldverordnung als großen Wurf zu feiern.
„Es fehlt an Mut“….den Männern!
Mhm?? Artikel überzeugt nicht.
Politik ist so planlos, wie Kurt oben bemerkt. Sichtweite nur 4 Jahre einer Legislaturperiode.
– Vom angeblich dringenden Ausbau der Stromautobahnen redet keiner mehr.
– E-Mobilität wird verfolgt….ohne auch nur einen blassen Schimmer zu haben, dass die Dinger auch geladen werden müssen; Ladestationen, Auslastung des Stromnetzes, zus. erforderliche Produktions-Kapazitäten…..
– Die kritische Rohstoffgewinnung und div. Abhängigkeiten der Batterieproduktion finden keinerlei Erwähnung mehr.
– Wasserstoff – wurde als Konzept ausgerufen…..leider ohne direkt ein Konzept zu nennen.
– Konzept für Überarbeitung der Finanzierung der Erneuerbaren (EEG) wurde in Aussicht gestellt.
Deutschland steht mit seinen Einwohnern für 2% der Weltbevölkerung, aber für 4% der weltweiten Emissionen. Was vom deutschen Weg der Energiewende soll eigentlich als Vorbild in der restl. Welt zukünftig hiervon vermarktet werden?
Auch nach dem Besuch bei der Kanzlerin gibt es weiterhin sehr viel zu tun.
Bin mal gespannt, was vom Thema der drohenden Erderwärmung 2021 die Parteien sich ins Wahlprogram schreiben?
Vorschläge?