Klimaschutzbericht 2019: Emissionen in Deutschland sinken schneller

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Deutschland hat sich zum Ziel gesetzt, im Vergleich zu 1990 seine Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2020 um mindestens 40 Prozent zu reduzieren. Dem Klimaschutzbericht 2019 zufolge, den das Bundeskabinett am Mittwoch abgesegnet hat, wurde 2019 im Vergleich zu 1990 eine Reduktion von 35,7 Prozent erreicht – 2018 lag die Minderung bei rund 32 Prozent, 2017 bei 27,5 Prozent. Die Gesamtemissionen 2019 sanken demnach gegenüber dem Vorjahr 2018 um fast 54 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente beziehungsweise um 6,3 Prozent auf rund 805 Millionen Tonnen.

Der Klimaschutzbericht 2019 listet die rund 110 Maßnahmen des Aktionsprogramms 2020 auf und stellt dar, welche CO2-Einsparungen diese Maßnahmen bis zum Ende des Jahres 2020 voraussichtlich leisten werden. Der größte Beitrag zur Emissionsminderung kam demnach 2019 von der Energiewirtschaft – Folge gestiegener Emissionshandelspreise und der wachsenden Bedeutung erneuerbarer Energien. Sorgenkind bleibt weiterhin der Verkehrssektor, dessen Emissionen 2019 sogar weiter gestiegen sind.

Dass Deutschland 2020 entgegen aller bisherigen Prognosen tatsächlich sein 40-Prozent-Ziel erreichen könnte, liegt jedoch nicht an den diversen beschlossenen Klimaschutzmaßnahmen, sondern an möglichen zusätzlichen Effekten der Covid-19-Pandemie. „Wenn nun die tatsächlichen Treibhausgas-Emissionen für das Jahr 2020 voraussichtlich deutlich niedriger ausfallen, könnte das 40-Prozent-Ziel erreicht werden“, heißt es im Klimaschutzbericht. Aber: „Das Ausmaß des Emissionsrückgangs infolge der Corona-Pandemie ist derzeit noch mit Unsicherheiten behaftet und lässt sich noch nicht genau vorhersagen.“

„Es sollte der Bundesregierung hochnotpeinlich sein, dass erst eine Pandemie das Erfüllen der Klimaschutzziele ermöglicht“, kommentiert Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie e.V. (BEE), den aktuellen Klimabericht. Vielmehr müsse das als klares Warnsignal verstanden werden. Peter fordert klare politische Weichenstellungen für eine klimafreundliche Energieversorgung, mehr Klimaschutz im Verkehr und die umfassende Sanierung des Gebäudesektors. „Erneuerbare Energien sind im Strombereich schon ins Zentrum gerückt, und können zunehmend auch einen Beitrag im Wärme- und Verkehrssektor liefern. Dieses Innovations- und Wertschöpfungspotenzial mit hoher Klimaschutzwirkung gilt es jetzt zu nutzen“, so Peter.

„Wenn das Klimaziel 2020 nun doch noch in Reichweite kommt, dann nicht wegen, sondern trotz der Klimapolitik der Großen Koalition“, so Greenpeace-Geschäftsführer Martin Kaiser. Doch niemand würde milde Winter oder eine Wirtschaftskrise mit Klimapolitik verwechseln. Jede Antwort auf die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise müsse gleichzeitig eine Antwort auf die Klimakrise sein. „Kanzlerin Merkel muss das Land jetzt mit weitreichenden Entscheidungen wie dem Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor in eine CO2-neutrale Zukunft steuern“, sagt Kaiser.

Die umweltpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Marie-Luise Dött, sieht Deutschland beim Klimaschutz auf Kurs. „Die Chancen stehen gut, dass Deutschland die restlichen vier Prozent auch noch schaffen wird und die Bundesregierung damit ihr selbst gestecktes Ziel von minus 40 Prozent erreicht. Und dies allen Unkenrufen aus der Vergangenheit zum Trotz“, so Dött. Besonders bemerkenswert seien die größten absoluten Minderungsbeiträge der Sektoren Energie und Industrie. Das zeige, dass der europäische Emissionshandel mit seinem marktwirtschaftlich organisierten Handel von CO2-Zertifikaten zuverlässig wirke.

„Während andere Sektoren CO2 einsparen, sind die Emissionen im Verkehr sogar gestiegen“, krisiert der verkehrspolitische Sprecher des ökologischen Verkehrsclub VCD, Michael Müller-Görnert. Trotzdem scheue sich der Verkehrsminister davor, effektive und wirksame Maßnahmen wie etwa ein Tempolimit auf Autobahnen einzuführen, obwohl sich so der Anstieg der Treibhausgasemissionen des Verkehrs seit 1990 um drei Millionen Tonnen kompensieren lassen könne. Für wirklichen Klimaschutz sei es zudem unerlässlich, den Autoverkehr gegenüber umweltschonenden Alternativen zu verteuern und gleichzeitig ÖPNV, Rad- und Fußverkehr zu stärken.

„Die Politik tut noch immer zu wenig für den Klimaschutz und beweist noch immer keine klimapolitische Weitsicht“, sagt Antje von Broock, Geschäftsführerin Politik und Kommunikation beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Die mögliche Erreichung des Klimaziels für 2020 sei daher kein Grund für Entwarnung. Zudem reiche das deutsche Klimaziel von 55 Prozent Emissionsminderung bis 2030 nicht aus, um die Pariser Klimaziele zu erreichen. Und ohne weitere ambitionierte Maßnahmen werde Deutschland selbst dieses unzureichende Ziel verfehlen.

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