In einer Sitzung am Dienstag hat das Bundeskabinett in einem sogenannten Umlaufverfahren die die Formulierungshilfe zum Kohleausstiegsgesetz für den Bereich Steinkohle beschlossen. Dies erfolgte eine Woche nach der Verabschiedung der Formulierungshilfen zum Strukturstärkungsgesetz sowie zum Vertrag zur Reduzierung und Beendigung der Braunkohleverstromung in Deutschland. Damit ist der Weg frei, dass der Bundestag und Bundesrat noch in dieser Woche den Kohleausstieg beschließen können, wie es vom Bundeswirtschaftsministerium hieß. „Ich freue mich, dass wir auch für den Bereich Steinkohle einen tragfähigen Kompromiss gefunden haben“, erklärte der zuständige Minister Peter Altmaier (CDU).
In der Formulierungshilfe sei nun noch eine zusätzliche Ausschreibung für das Zieljahr 2027 sowie eine Erhöhung der Höchstpreise für die Zieljahre 2024 bis 2026 vorgesehen. Zudem wird die Grundförderung für KWK-Anlagen ab 2023 um 0,5 Cent pro Kilowattstunde für große Anlagen erhöht und gleichzeitig der Kohleersatzbonus nach Alter der Anlagen ausdifferenziert. So sollen sehr alte Anlagen keinen oder weniger Bonus erhalten, während er für nach 1984 in Betrieb gegangene Anlagen erhöht werde. „Das Absinken des Kohleersatzbonus für KWK-Anlagen im Zeitverlauf sorgt für einen zusätzlichen Anreiz, Kohlekraftwerke früher umzurüsten“, so Altmaier weiter.
Zudem soll das Ziel von 65 Prozent Erneuerbare am Bruttostromverbrauch bis 2030 im EEG verankert werden. Nach Ansicht von Altmaier zeigt die Bundesregierung damit, dass der wegfallende Kohlestrom langfristig ersetzt werden soll. „Das schafft Planungssicherheit für alle Marktakteure“, so Altmaier weiter.
Baden-Württembergs grüner Umweltminister Franz Untersteller kommentierte: „„Es hat sich gelohnt, dass wir uns für Korrekturen in Berlin stark gemacht haben.“ Die Korrekturen schafften „mehr Ausstiegsgerechtigkeit“. Baden-Württemberg ist nach Landesangaben das Bundesland mit der zweithöchsten installierten Leistung an Steinkohlekraftwerken. „Die Ausstiegsbedingungen für Braunkohlekraftwerke und -standorte seien ungleich besser gewesen als für emissionsärmere moderne Steinkohlekraftwerke“, sagte Untersteller zu den ursprünglichen Plänen. Dies sei nun offenbar von der Bundesregierung korrigiert worden.
Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) moniert hingegen, dass das Kohleausstiegsgesetz „nicht ambitioniert genug“ sei. Die Corona-Pandemie zeige vielmehr, dass „das Zeitalter der Kohleverstromung vorbei“ sei. „Die starre fossile Restlast ist fast vollständig abgeschaltet. Niemand kann ein Interesse daran haben, diese marktwirtschaftlich getriebene Entwicklung zu revidieren. Es braucht deshalb jetzt verstärkt dezentrale, flexible Kapazitäten, die die derzeit stark einspeisenden Erneuerbaren Sonne und Wind flankieren“, erklärte BEE-Präsidentin Simone Peter. Biomasse und vorübergehend auch mit Erdgas betriebene KWK-Anlagen sowie Gaskraftwerke könnten die Co2-freie Energieerzeugung absichern. „Die Rahmenbedingungen für die Kraft-Wärme-Kopplung sollten dringend auch für kleine und vor allem dezentrale Anlagen, zum Beispiel für den flexiblen Biomasseeinsatz, verbessert werden“, so Peter weiter.
Der BEE forderte zudem, dass die Zusagen für Investitionsprogramme für Erneuerbare und die vom Kohleausstieg betroffenen Regionen „mit wirksamen Maßnahmen“ unterlegt werden müssten. Ein Punkt sei eine Anpassung der Ausbaukorridore für Photovoltaik und Windkraft, die mit realistischen Annahmen zur künftigen Entwicklung des Strombedarfs erstellt werden sollten. „Der Fokus der Politik darf nicht allein auf der Umrüstung von fossilen Großkraftwerken liegen. Sie muss bereits heute die Rahmenbedingungen schaffen, damit der stockende Zubau neuer Erneuerbare-Energien-Anlagen wieder an Fahrt aufnimmt, aber auch Möglichkeiten für bestehende Anlagen, die ab 2021 aus der Vergütung fallen, verbessern“, sagte Peter. Andernfalls drohe die Regierung ihre eigenen Ziele für 2030 zu verfehlen.
Die BDEW-Hauptgeschäftsführerin Kerstin Andreae erklärte nach der Verabschiedung: „Der Kohleausstieg und der parallele Einstieg in ein klimaneutrales Energiesystem sind ein Generationen-Projekt.“ In den kommenden Jahren müsse kontinuierlich evaluiert werden, ob die CO2-Reduktionen erreicht werden und die Umrüstung und der Neubau von KWK-Anlagen realisierbar sei. „Letzteres ist für die Sicherheit der Strom- und Wärmeversorgung unabdingbar. Im Grundsatz erfreulich sind die vorgesehenen Regelungen, mit denen entschädigungsfreie Stilllegungen von Kraftwerken vermieden werden sollen“, so Andreae weiter. Positiv bewertete sie, dass das 65-Prozent Erneuerbaren-Ziel bis 2030 gesetzlich verankert werden soll. Allerdings war diese Festschreibung auch schon im Koalitionsvertrag von 2018 zwischen Union und SPD vorgesehen. Jetzt folgen endlich Taten, so Andreae.
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Meckern kann man ja viel.
Welche wissenschaftlich orientierte Einrichtung wagt sich herran, um ein funktionierendes Stromkonzept zu entwerfen, welches auch für die zweite und bitte auch dritte Schicht der Automobilindustrie oder gerne auch anderer Industriezweige mit durchweg RewNewables funktionieren wird?
Wer wird Stromspeicher im großen Stil installieren und sinnvoll betreiben?
Sektor-Konzept?
Es gibt ausreichend umfassende Studien z.B. von der ISE in Freiburg oder auch anderen Institutionen. Thomas Sie haben, wie ich auch schon öfters, den fehlenden Masterplan moniert. Das Problem ist ausschließlich die Regierung die bremst soweit es geht. Aber vielleicht kapieren auch mal ältere mächtige Herren im Hintergrund, dass wir die wirtschaftliche Zukunft Deutschlands aufs Spiel setzen, wenn wir nicht zukunftsorientiert denken und investieren.
Ich war früher mal ein Verehrer von Prof. Sinn. Aber ich bin besorgt über den Alterstarssinn den dieser Herr inzwischen an den Tag legt. Das Problem ist, dass die alten Herren in ihren alten Denkmustern verharren und zuwenig Wissen wie das in Zukunft funktionieren wird und kann. Zumal technisches Verständnis fehlt.