In der Politik wird von Klimaschutz geredet, in der Realität geschieht das Gegenteil. Die Erneuerbaren werden gedeckelt und gebremst wie eh und je. Volker Quaschning von der HTW Berlin macht sich die verdienstvolle Mühe, die „Hemmnisse und Hürden“, die den Photovoltaik-Ausbau im Land Berlin klein halten, sowie jeweils die Beseitigungsmöglichkeit, aufzuzeigen. 54 Punkte umfasste sein „Hemmnisverzeichnis“ im August 2019 und wächst weiter.
Der Windkraft-Ausbau ist fast vollständig zum Erliegen gekommen. Mehr als ein Schulterzucken hatte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) beim kürzlichen „Windgipfel“ dafür und den damit verbundenen Arbeitsplatzverlust nicht übrig.
Anders beim Erdgas-Ausbau. Da brachte er ganz auf die Schnelle mal ein Gesetzeswerk auf den Weg, damit die Kosten der LNG-Infrastruktur auf die Verbraucher umgelegt werden können.
Natürlich nicht nur das. Man vergleiche einmal:
Wenn es um Windräder geht, wird die umliegende Bewohnerschaft frühzeitig informiert und einbezogen. Vogelschützer und Leute, die sich als solche ausgeben, haben gewichtige Rechtsgründe, um Windräder zu verhindern. Ohne dass ein Windkraft-Unternehmen der von Infraschall und Schatten geschlagenen Bevölkerung ausgleichende Vorteile bietet, besteht ohnehin keine Aussicht auf Genehmigung. Mit Derartigem muss sich eine klimaschützende Technologie herumschlagen.
Anders bei neuen Bohrungen nach Gas oder Öl. Hier darf das Unternehmen den Service beflissener Bergämter genießen. Deren Daseinszweck ist die Ermöglichung maximaler Bodenschatz-Förderung. Für Klimaschutz sind sie nicht zuständig. Nicht umsonst werden die Bergämter als „Staat im Staate“ bezeichnet, denn sie haben quasi „diktatorische“ Kompetenzen.
Die Bevölkerung braucht nicht einmal informiert zu werden. Erst in einem Stadium, wo physische Eingriffe in die Landschaft anstehen, sind die Gemeinden zu „beteiligen“ – was bedeutet, dass sie ihre Meinung sagen, aber nicht etwa entscheiden dürfen. Statt für den Anblick von Bohrtürmen samt Industrialisierung ländlicher Gebiete Entschädigungen zu erhalten, werden die Anwohner über Luft, Boden und Grundwasser Giften ausgesetzt. Der exakte Ursachennachweis von Krebserkrankungen in der Umgebung von Förderplätzen und Bohrschlammablagerungen ist natürlich schwierig.
Frühinformation über Bohrvorhaben gibt es nur von jemandem wie Wasserwirtschaftsingenieur Bernd Ebeling (Wendland), der ein wachsames Auge auf Bohrloch-Aktivitäten in Norddeutschland hat. Vor einigen Tagen fand er heraus, dass am 1. Juli 2019 in der Nachbarregion Altmark ein 172 Quadratkilometer großes Gebiet zur Aufsuchung von Kohlenwasserstoffen freigegeben wurde. Es umgibt den „Perle der Altmark“ genannten Arendsee mit der als Luftkurort anerkannten Stadt gleichen Namens. Deren Bürgermeister war nichts bekannt.
Das ist „Klimaschutz“ à la Altmaier.
Jetzt wird es einen hartnäckigen und langwierigen Kampf der Bevölkerung brauchen, um dieses widersinnige, neue Quellen von Treibhausgasen eröffnende Vorhaben möglicherweise zu verhindern. Das hierfür nötige Engagement geht der Energiewende verloren.
— Der Autor Christfried Lenz war unter anderem tätig als Organist, Musikwissenschaftler und Rundfunkautor. Politisiert in der 68er Studentenbewegung, wurde „Verbindung von Hand- und Kopfarbeit“ – also möglichst unmittelbare Umsetzung von Erkenntnissen in die Praxis – zu einer Leitlinie seines Wirkens. So versorgt er sich in seinem Haus in der Altmark (Sachsen-Anhalt) seit 2013 zu 100 Prozent mit dem Strom seiner PV-Inselanlage. Nach erfolgreicher Beendigung des Kampfes der BI „Kein CO2-Endlager Altmark“ engagiert er sich ganz für den Ausbau der Erneuerbaren in der Region. Als Mitglied des Gründungsvorstands der aus der BI hervorgegangenen BürgerEnergieAltmark eG, wirkte er mit an der Realisierung einer 750 Kilowatt-Freiflächenanlage in Salzwedel. Lenz kommentiert das energiepolitische Geschehen in verschiedenen Medien und mobilisiert zu praktischen Aktionen für die Energiewende. —
Die Blogbeiträge und Kommentare auf www.pv-magazine.de geben nicht zwangsläufig die Meinung und Haltung der Redaktion und der pv magazine group wieder. Unsere Webseite ist eine offene Plattform für den Austausch der Industrie und Politik. Wenn Sie auch in eigenen Beiträgen Kommentare einreichen wollen, schreiben Sie bitte an redaktion(at)pv-magazine.com.
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Als überzeugter Vertreter von Photovoltaik und Windkraft kann ich die Argumentation von Quaschning dennoch nicht befürworten.
Was hat denn der Vergleich mit der Genehmigung von Windkraftanlagen vor dem Hintergrund von behördlichen Beteiligungsverfahren mit der Erstellung von Tiefbohrungen zu tun?
Der Bohrturm für die Erstellung der Tiefbohrung ist lediglich einige Woche und höchstens 3 Monate für die Bevölkerung zu sehen. Die Bergbehörden sorgen mit Betriebsplanauflagen und Beteiligungsverfahren der Kommunen und Grundbesitzern im frühen Vorfeld ( Umweltverträglichkeitsprüfung) dafür das nach der Fertigstellung des Projektes gegebenenfalls adäquate Ausgleichsmassnahmen getroffen werden.
Nach Abzug der Bohranlage wird weder Bevölkerung noch Umwelt in keinster Weise belästigt.
Das ist bei Windkraftanlagen leider nicht so. Oftmals sind diese sogar an Orten errichtet, z.B. zu dicht an vielbefahren Strassen und stellen damit eine potentielle Gefahr dar.
Wäre es hier nicht erfreulich wenn o.g., z.B. für den Bergbau erforderlichen Genehmigungsverfahren auch bei der Errichtung von Windkraftanlagen unter der Aufsicht einer kompetenten Behörde stattfinden würden?
Mit sonnigen Grüßen
H. Dreikhausen
Helmut
naj ja, so ganz schwarz/ weis sehe ich das jetzt nicht.
Jede Bohrung hinterlasst eine Bohrung, die dann mehr oder weniger durchlässig für die oberhalb einer Absperrung laufenden Flüssigkeiten( Oberflächenwasser/ Grundwasser) sind.
Wissen Sie die Auswirkungen, wenn Oberflächenwasser durch eine Lehmschicht in unterer Grundwasserflösse geleitet wird?
Öffentlichkeitsarbeit, Offenlegung und auch Bürgerbeteiligung sollten für jeden Beamten und dessen handlungen selbsverständlich sein.
„Bergämter als „Staat im Staate““ sollten als nicht akzeptabel zur Offenlegung Ihres Handelns gebracht werden.