Defekte Photovoltaik-Module – wirklich ein Fall für die Schrottpresse?

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Derzeit ist der Weiterbetrieb von (intakten) Solarmodulen nach dem Ablauf der EEG-Laufzeit ein prominentes Thema in der Photovoltaik-Branche. Derlei Anlagen sind in jener Betriebsphase oft vollständig abbezahlt und können somit auf reiner Marktpreisbasis noch lukrative Erträge einbringen, bedenkt man, dass der Schuldendienst als wesentlicher Liquiditätsabgang wegfällt. Um jenen bereits gut diskutierten Themenkreis soll es in diesem Kurzbeitrag nicht gehen, sondern vielmehr um die ebenfalls äußerst praxisrelevante Frage, ob solche Photovoltaik-Module, welche wegen Defekts (oder einer Beschädigung) ausgetauscht werden müssen, noch weiterbetrieben werden dürfen. Letzteres stellt sich in der Praxis oft als kritisch heraus, denn nicht selten fordern Netzbetreiber einen „Verschrottungsnachweis“ für solche Module. Doch wieso eigentlich? Und: dürfen die das überhaupt?

Defekte Module stellen sich leider als bedeutsames Branchenleiden dar. Manche mangelhafte Produktserien teils auch namhafter Hersteller haben berüchtigte Berühmtheit erlangt. Insbesondere aber auch viele kleinere (und heute oft verschwundene) Hersteller aus den Boomjahren des Photovoltaik-Zubaus haben Produkte vertrieben, welche sich nunmehr als mangelhaft oder gar betriebsgefährdend herausstellen. In dieser Situation stellt sich für den Anlagenbetreiber dann die Frage, ob ein Austausch jener defekten Module (Altmodule) geboten oder zumindest wirtschaftlich sinnvoll ist. Letzteres kann sich insbesondere dann als schwierig herausstellen, wenn der Betreiber die ersetzenden, neuen Module (Ersatzmodule) selbst erwerben muss, etwa, weil der Hersteller der Altmodule als Garantiegeber gar nicht mehr existiert oder er eine Garantieleistung schlichtweg ablehnt.

Die gute Nachricht ist, dass gemäß § 38b Abs. 2 und § 48 Abs. 4 EEG Ersatzmodule in derartigen Fällen den Tarif der Altmodule fortbehalten, wenn und soweit „am gleichen Standort“ ausgetauscht wird. Dies ist angesichts des Umstandes, dass der Tarif am Modul und nicht am Standort haftet, eigentlich eine unverständliche Forderung. Zu beachten ist jedoch, dass der Austausch in enger Abstimmung mit dem Netzbetreiber durchgeführt werden sollte, da der Anlagenbetreiber darlegen und beweisen muss, dass die Altmodule auch tatsächlich defekt sind.

Als Leitschnur ist hier der Hinweis der Clearingstelle EEG-KWKG (AZ: 2015/7) hilfreich: Demnach sollen Module zum Beispiel dann als defekt gelten, wenn sie ein Sicherheitsrisiko darstellen, aber auch dann, wenn die garantierten Leistungswerte nicht mehr eingehalten werden. Auch ist kein modulscharfer Nachweis hinsichtlich des Defekts nötig, sondern es reicht insoweit eine repräsentative Stichprobe. All dies ist mittlerweile mehr oder weniger gefestigte Anwenderpraxis, doch gibt es Unklarheiten, wie die nachfolgend beschriebenen.

Regelmäßig melden sich Mandanten, welche als Anforderung des Netzbetreibers aufgetragen bekommen, dass die Altmodule verschrottet werden müssen. Was könnte sich hinter einer solchen Forderung verbergen? Klar ist: Das Altmodul verliert den EEG-Tarif, welcher auf das Ersatzmodul übergeht (siehe bereits vorstehend). Es muss also eine „Tarifdoppelung“ vermieden werden. Diese könnte zum Beispiel dadurch entstehen, dass der Anlagenbetreiber die Altmodule an einem anderen Ort weiterbetreibt und beim dort zuständigen Netzbetreiber die Fortzahlung des maßgeblichen Einspeisetarifs beansprucht, den gleichen Einspeisetarif aber zugleich auch beim Netzbetreiber des bisherigen Standorts für die Ersatzmodule geltend macht. Dies wäre freilich hochgradig rechtswidrig und wohl auch strafbar.

Allerdings kann die edle Absicht zur Verhinderung derlei Unrechts kein legitimer rechtlicher Grund für den Netzbetreiber sein, vom Anlagenbetreiber die Vernichtung seines Eigentums zu fordern. Als weiteres Motiv hinter dem „Verschrottungsnachweis“ ließe sich vermuten, dass ein defektes Altmodul generell nicht mehr weiter betrieben werden solle. Wobei auch dieses Argument bestenfalls für solche Module gelten würde, die ein betriebliches Sicherheitsrisiko darstellen, nicht aber für solche, die lediglich Leistungsdefizite aufweisen. Allerdings greift auch diese Überlegung letztlich nicht durch, denn es ist nicht Aufgabe des Netzbetreibers zu verhindern, dass (derzeit) defekte Module sofort aus dem Verkehr gezogen werden müssen.

Derlei Module können allemal noch repariert oder aber auch im Ausland weiterbetrieben werden, in denen gegebenenfalls andere, geringere Sicherheitsstandards als die hiesigen gelten. Schließlich aber: Es gibt keine erkennbare Rechtsgrundlage, welche es Netzbetreibern als Bedingung für die Fortzahlung des (alten) Einspeisetarifs für Ersatzmodule erlauben würde, die Verschrottung der Altmodule zu fordern.

Um den Themenkomplex noch weiter zu verkomplizieren, stellt sich auch die Zusatzfrage, ob Altmodule (gegebenenfalls. nach einer Reparatur) in anderen EEG-vergüteten Anlagen als Ersatzmodule verwendet werden dürfen. Sprich: Müssen defekte Altmodule stets durch neue Ersatzmodule ersetzt werden? Die Gesetzesbegründung zum EEG legt hier nahe, dass es stets neue Module sein müssten, welche als Ersatzmodule taugen. Doch scheint diese Anforderung aus unserer Sicht unverständlich, denn eine Tarifdoppelung droht auch in jenem Fall nicht.

Für das gebrauchte Ersatzmodul verliert das ersetzte Altmodul ja gleichermaßen seinen Tarif, so dass sich die Gesamtbilanz an gewährten Einspeisetarifen nicht ändert. Dementsprechend vertritt auch die Clearingstelle EEG-KWKG die Auffassung, dass es sich bei Ersatzmodulen „sowohl um neue Module handeln [könne], also solche, die zuvor nicht in Betrieb genommen worden sind, als auch um gebrauchte Module, also solche, die zuvor bereits an einem anderen Standort in Betrieb genommen worden waren.“ (vergleiche Hinweisverfahren AZ 2013/16).

Fazit: Aus unserer Sicht ist die Forderung nach einer Verschrottung von Altmodulen abzulehnen. Sie ist gesetzlich nicht herleitbar. Zudem ist sie sowohl betriebs- als auch volkswirtschaftlich sinnlos: Es ist nicht einzusehen, wieso ein Modul, welches lediglich seine kauf- oder garantievertraglich garantierte Leistung nicht mehr erbringt, im Falle seiner Ersetzung nicht trotzdem noch als wertvolles Produktionsmittel eingesetzt werden können darf. Jede andere Auffassung liefe auf eine unvertretbare Ressourcenverschwendung hinaus, welche mit dem hochgehaltenen Branchengedanken der Nachhaltigkeit nicht in Einklang zu bringen wäre. So wie auch andere defekte Produktionsgüter durchaus noch einen wirtschaftlichen Nutzen entfalten können, soll es auch bei Photovoltaik-Modulen sein, solange es eben nicht zu tarifmissbräuchlichem Verhalten kommt.

— Der Autor Kilian Libal ist Rechtsanwalt und Partner bei KEE Libal Schumacher Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB (KEE), eine auf erneuerbare Energien spezialisierte Kanzlei. Schwerpunkte von KEE sind die Beratung bei Transaktionen und Finanzierungen, als auch bei Fragen des laufenden Betriebs, wie etwa Gewährleistungs- und Mangelfälle.

Die Blogbeiträge und Kommentare auf www.pv-magazine.de geben nicht zwangsläufig die Meinung und Haltung der Redaktion und der pv magazine group wieder. Unsere Webseite ist eine offene Plattform für den Austausch der Industrie und Politik. Wenn Sie auch in eigenen Beiträgen Kommentare einreichen wollen, schreiben Sie bitte an redaktion(at)pv-magazine.com

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