BEE-Szenario für 65 Prozent Erneuerbare bis 2030 – Zubau muss deutlich steigen

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Welcher Zubau erneuerbarer Energien ist notwendig, dass Deutschland bis 2030 einen Anteil von 65 Prozent im Stromsektor erreicht. Dazu hat der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) am Montagabend in Berlin sein „Szenario 2030“ vorgelegt. Das deutliche Ergebnis: Ein weiter so beim Ausbau von Photovoltaik, Windkraft und Co. wird nicht reichen.

Für sein Szenario hat der BEE ambitionierte Energieeffizienzerfolge angenommen sowie einen steigenden Energieverbrauch in Folge der Sektorenkopplung. Nach Schätzungen des Verbandes wird sich der Bruttostromverbrauch im Jahr 2030 bei 740 Terawattstunden bewegen. Dies bedeute im Umkehrschluss, dass für das 65-Prozent-Ziel 481 Terawattstunden durch erneuerbare Energien erzeugt werden müssen. Nach der Auswertung des ZSW und BDEW lag der Anteil Erneuerbarer am Stromverbrauch Ende vergangenen Jahres bei rund 38 Prozent. Die installierten Anlagen erzeugte etwa 230 Terawattstunden sauberen Strom.

Die zeigt, dass es noch ein weiter Weg ist, will die Bundesregierung bis zum Ende des nächsten Jahrzehnts ihr Ziel erreichen. „Um im Jahr 2030 einen Anteil von 65 Prozent Erneuerbarer Energien zu erreichen, sind bessere Rahmenbedingungen erforderlich. Der Schalter muss sofort umgelegt und der Ausbau der Erneuerbaren wieder beschleunigt werden“, erklärte BEE-Präsidentin Simone Peter. Würden die derzeitigen Rahmenbedingungen fortgeschrieben, würde Deutschland bis 2030 auf einen Erneuerbaren-Anteil von 44 Prozent kommen. Daraus würden sich auch „negative Implikationen für den Klimaschutz und für die innovative Erneuerbare-Energien-Industrie mit ihren zukunftsfähigen Arbeitsplätzen und ihrer enormen regionalen Wertschöpfung“ ergeben.

Konkret fordert der BEE in seinem Szenario die Ausbaupfade für Photovoltaik von derzeit 2,5 auf 10 Gigawatt neu installierte Leistung zu erhöhen. Bei der Windkraft an Land müssten Anlagen mit 4,7 Gigawatt und auf See von einem Gigawatt jährlich neu hinzukommen. Für die Bioenergie verlangt der BEE einen jährlichen Zubau von 600 Megawatt sowie je 50 Megawatt Wasserkraft und Geothermie. Doch mit einem schnelleren Ausbau allein, werden die Ziel wohl nicht erreicht. So sei eine deutliche Steigerung der Effizienzen notwendig, die die zusätzlichen Stromverbräuche für Wärmepumpen, Elektromobilität oder Power-to-X-Anlagen deutlich überkompensieren müssten.

Der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) verlangt bereits seit langem deutlich ambitionierte Ausbauziele und die Beseitigung bürokratischer Hemmnisse angesichts der stark gesunkenen Kosten für neue Photovoltaik-Anlagen. „Beim Ausbau der Solarenergie müssen wir das Tempo vervielfachen, um das Klimaziel 2030 zu erreichen. Statt Trippelschritten braucht es Siebenmeilenstiefel! Solartechnik ist sehr preiswert geworden, sie genießt höchste Akzeptanzwerte und kann sehr schnell realisiert werden“, erklärte Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig.

Der BEE ist überzeugt, dass die erneuerbaren Energien mit ambitionierten Rahmenbedingungen 2030 bereits mehr als 80 Prozent des Stroms liefern könnten. Allerdings müsse die Große Koalition dazu ihren „energiepolitischen Leerlauf“ beenden, so Peter weiter. Die energie- und klimapolitischen Ziele müssten in ambitioniertes gesetzgeberisches Handeln überführt werden. Dazu gehöre, ein Zeit- und Mengengerüst für das 2030-Ausbauziel vorzulegen. Es gelte auch, die erforderlichen Flächen und Genehmigungen für den Ausbau der erneuerbaren Energien bereitzustellen. Die vorhandenen Deckel – sei es für Photovoltaik, Biogas oder Offshore-Windkraft – müssten gestrichen werden. Der BEE forderte zudem von der Bundesregierung, den Kohleausstieg weiter voranzutreiben und ein Klimaschutzgesetz zu verabschieden. Auch eine CO2-Bepreisung sei für faire Wettbewerbsbedingungen unerlässlich.

Der niedersächsische Energieminister Olaf Lies war für die Vorstellung des „BEE-Szenarios 2030“ in die Hauptstadt gekommen. Er betonte, dass es mehr Investitionen in innovative Technologien geben müsse. „Die Zielfestlegung für 2030 ist Verpflichtung zur Schaffung der notwendigen Rahmenbedingung. Niedersachsen setzt sich für die Einbeziehung von grünem Wasserstoff als Schlüsselelement der Energiewende ein. Aus erneuerbarem Strom erzeugter Wasserstoff kann zum Beispiel auch als Kraftstoff einen wichtigen Beitrag für eine erfolgreiche Verkehrswende leisten. Wir brauchen daher klare politische Entscheidungen für den Ausbau der erneuerbaren Energien und eine Technologieoffenheit für die Anwendung“, so Lies weiter.

Beifall für sein Szenario bekommt der BEE von Greenpeace Energy. „Der BEE legt den Finger in die Wunde der aktuellen deutschen Energiepolitik – und zeigt den Widerspruch der Bundesregierung“, sagte Marcel Keiffenheim, Leiter Politik und Kommunikation. Das „BEE-Szenario 2030“ zeichne ein realistisches Bild für die weitere Entwicklung des Stromsektors. „Das bedeutet, dass mehr in Erneuerbare, aber auch in die Netze investiert werden muss. Und klar ist auch, dass Speichertechnologien wie Power to Gas eine wirklich tragende Rolle spielen werden. Gerade diese Technik braucht wirtschaftlich tragfähige Rahmenbedingungen, damit Unternehmen schon jetzt in diesen unerlässlichen Energiewende-Baustein investieren“, so Keiffenheim. Greenpeace Energy forderte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) auf, analog zum Netzausbaubeschleunigungsgesetz ein ähnliches Gesetz für einen forcierten Erneuerbaren-Ausbau zu verabschieden.

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