Der Blackout des Monats Juni geht an Bundeskanzlerin Angela Merkel

Teilen

Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland, erhält den Blackout des Monats Juni für ihre Worte:

"Die Energiewende ist eine Herkulesaufgabe." (Gesprochenes Wort im Deutschen Bundestag, 25.06.2014)

Fachliche Begründung

Der Begriff "Herkulesaufgabe" ist interessant gewählt. Vor dem inneren Auge entstehen Monster, die ein starker, unbesiegbarer Halbgott niederstreckt. Allerdings hinkt der Vergleich an einer zentralen Stelle etwas, denn Herkules bekämpft und eliminiert bestehende Monster. Die Bundesregierung erschafft immer neue.

Eigentlich begann alles sehr vielversprechend. Das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) startete im Jahr 2000. Der Ausbau ging voran, mit stark steigender Tendenz. Die Kosten der Anlagen sanken, die Zahl der Arbeitsplätze stieg. Nebenbei hatten die Erneuerbaren Energien beständig einen preissenkenden Effekt an der Strombörse. Der volkswirtschaftliche Reingewinn der Energiewende überstieg lange Zeit deutlich die Kosten.

Dann trat 2010 die Ausgleichsmechanismusverordnung in Kraft. Ab diesem Zeitpunkt wurden die Erneuerbaren Energien an der Börse verkauft. Plötzlich stieg die EEG-Umlage und damit die Kosten der Endkunden, weil der Strompreis an der Börse immer weiter sank. Diese Verordnung, die mittlerweile fast 40 Prozent der EEG Umlage verursacht, wurde damals von Herrn Gabriel als Umweltminister mit entwickelt und auf den Weg gebracht.

Zusätzlich wurden immer mehr Großverbraucher entlastet. Zuletzt nach einem Eingriff von Herrn Rösler. Vor dem Eingriff übernahmen Verbraucher Kosten in Höhe von etwa 700 Mio. Euro für stromintensive Unternehmen. Mittlerweile werden über 5 Milliarden Euro von sogenannten privilegierten Betrieben auf Haushalte und mittelständische Betriebe umverteilt.

Damit ist das Monster "Kosten der Energiewende" erschaffen und soll durch politische Maßnahmen angeblich gebremst werden.

So kommt eine Novellierung des EEG ins Spiel, die viel Altbewährtes abschafft. Ab 2017 ist Bürgerengagement möglicherweise raus aus der Energiewende, da ein Auktionierungsmodell statt dem effizienten EEG eingeführt wird. Langwierige Bewerbungsverfahren werden mit ziemlicher Sicherheit kleinere Unternehmen oder engagierte Bürger aus dem Markt halten, die Kosten werden dadurch leider eher steigen. Zudem sollen weite Teile des Stroms direkt vermarktet werden. Das verkompliziert und verteuert Prozesse. Leider ohne Mehrwert, denn der Strom landet wie vorher einfach nur an der Börse. Es gibt keine Anreize zur intelligenten Nutzung und damit keine – eigentlich notwendige – Lastverschiebungen.

Des weiteren müssen Produzenten nach der neuen EEG Reform für selbst genutzten Strom aus ihren Erneuerbaren Energien 40% EEG Umlage zahlen. Auch hoch effiziente Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen müssen diese Abgaben zahlen. Das wird wohl den Ausbau von flexiblen Blockheizkraftwerken erschweren oder zum Erliegen bringen.

Kohlekraftwerke dagegen müssen keine Abgaben für ihren selbst verbrauchten Strom zahlen. Dieser Kraftwerkseigenverbrauch macht insgesamt immerhin 6 Prozent des in Deutschland verbrauchten Stromes aus. Würden Stromproduzenten darauf Abgaben zahlen, wäre die EEG-Umlage deutlich niedriger und Gaskraftwerke wären – da sie weniger Eigenverbrauch haben – rentabler. Das könnte in Folge heißen, dass vorübergehend wieder mehr Konkurrenz in den Strommarkt käme, vielleicht würden sogar einige Kapazitätszahlungen wenigstens zeitweise unnötig. So können kleine Verschiebungen im Strommarkt große Auswirkungen hervorrufen und Herkulesaufgaben auf dem spannenden Weg der Energiewende zu interessanten Kraftübungen schrumpfen.

Stattdessen produziert die Regierung möglicherweise gerade eine neue Herkulesaufgabe. Herr Gabriel hat sich eine Verordnungsermächtigung zur Gestaltung eines neuen Marktmodells auf den Leib geschrieben und bewilligt bekommen. Mittlerweile ist er verantwortlich für einige Fehlsteuerungen. 40% der Kosten in der EEG Umlage entstehen durch die Ausgleichsmechanismusverordnung und gehen damit auf seine Kappe. Durch seinen verdeckten Schutz der Kohlekraftwerke entsteht viel zusätzlicher CO2 Ausstoß und effiziente Kraftwerke verlassen den Markt oder werden gar nicht gebaut. Aber das sind keine nennenswerten Probleme im Vergleich zu dem Monster eines missglückten Marktmodells.

Das Ziel ist sehr komplex. Die Auswirkungen sind vielschichtig und Lobbyisten wissen – im Gegensatz zu anderen Interessengruppen – bereits sehr genau, was sie erreichen wollen. Es ist also sehr zweifelhaft, ob eine Person allein, vor allem mit der Historie von Herrn Gabriel, diese Aufgabe adäquat erfüllen kann.

Der Blackout des Monats (BOM) kürt irritierende Bemerkungen aus Politik und Wirtschaft zum Thema Strommarkt und Energiewende. Pokal ist eine Taschenlampe mit Dynamo, die dem "Gewinner" künftig als wegweisendes Licht und Sicherheit dienen kann. Viele interessierte Bürger suchen Zitate des laufenden Monats. In der Nacht auf den ersten Werktag des Folgemonats wird der BOM jeweils gekürt.

— energie neu denken setzt sich für den bürgernahen Ausbau der Erneuerbaren Energien ein. Die gemeinnützige Beratungsgesellschaft kämpft für eine volkswirtschaftlich sinnvolle, gerechte und sozial verträgliche Transformation des deutschen Strommarktes. —

Die Blogbeiträge und Kommentare auf www.pv-magazine.de geben nicht zwangsläufig die Meinung und Haltung der Redaktion und der pv magazine group wieder. Unsere Webseite ist eine offene Plattform für den Austausch der Industrie und Politik. Wenn Sie auch in eigenen Beiträgen Kommentare einreichen wollen, schreiben Sie bitte an redaktion@pv-magazine.com.

Dieser Inhalt ist urheberrechtlich geschützt und darf nicht kopiert werden. Wenn Sie mit uns kooperieren und Inhalte von uns teilweise nutzen wollen, nehmen Sie bitte Kontakt auf: redaktion@pv-magazine.com.

Ähnlicher Inhalt

An anderer Stelle auf pv magazine...

Schreibe einen Kommentar

Bitte beachten Sie unsere Kommentarrichtlinien.

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Mit dem Absenden dieses Formulars stimmen Sie zu, dass das pv magazine Ihre Daten für die Veröffentlichung Ihres Kommentars verwendet.

Ihre persönlichen Daten werden nur zum Zwecke der Spam-Filterung an Dritte weitergegeben oder wenn dies für die technische Wartung der Website notwendig ist. Eine darüber hinausgehende Weitergabe an Dritte findet nicht statt, es sei denn, dies ist aufgrund anwendbarer Datenschutzbestimmungen gerechtfertigt oder ist die pv magazine gesetzlich dazu verpflichtet.

Sie können diese Einwilligung jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen. In diesem Fall werden Ihre personenbezogenen Daten unverzüglich gelöscht. Andernfalls werden Ihre Daten gelöscht, wenn das pv magazine Ihre Anfrage bearbeitet oder der Zweck der Datenspeicherung erfüllt ist.

Weitere Informationen zum Datenschutz finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.