Solarworld hat ein Modul mit 306 Watt präsentiert, in dem der Hersteller eine Reihe neuer Technologien umgesetzt hat, unter anderem das so genannte PERC-Konzept. "Das stellt einen Weltrekord für PERC-Module im Standard-60-Zellenformat dar“, sagt Holger Neuhaus anlässlich eines Pressetermins im Konzern-Entwicklungszentrums im sächsischen Freiberg. Neuhaus ist Managing Director der Solarworld Innovations GmbH, in der die Forschung und Entwicklung gebündelt ist. Der Weltrekord ist nun Vorzeigeergebnis des Forschungsprogramms Innovationsallianz Photovoltaik, innerhalb derer die Bundesregierung seit 2010 Forschung und Entwicklung von Photovoltaik-Unternehmen unterstützt. Das Projekt, das Solarworld mit zehn weiteren Firmen betrieben hat, ist jetzt als erstes abgeschlossen worden.
Dabei ist der Weltrekord nicht das wichtigste Ergebnis. Er wurde an einem Modul erreicht, das auf einer Pilotlinie gefertigt und optimiert wurde. Schott Solar hatte übrigens kurz vor dem Ausstieg aus der Photovoltaik den gleichen Wert erreicht. Doch weitgehend unbemerkt hat Solarworld die Technologie bereits seit 2012 schrittweise in die Produktion eingeführt und verkauft 265 bis 275-Watt-Module mit PERC-Technologie auf dem Markt. „Wir sind der erste Hersteller, der 300 bis 400 Megawatt damit produziert“, sagt Neuhaus. Die Module haben dank PERC einen Wirkungsgrad, der nach seinen Aussagen ein Prozentpunkt über dem der Module ohne diese Technologie liegt, insgesamt sei der Wirkungsgrad in dem Projekt sogar von 18 auf 20,5 Prozent für Mono-Zellen gesteigert worden.
Nach Aussagen von Neuhaus sind die Wettbewerber, was die Produktionsmenge angeht, noch nicht so weit. Es gebe noch eine Handvoll anderer Hersteller, doch mit weit geringeren Mengen. Die Technologie sei am Ende schwieriger umzusetzen, als man denkt. Denn auch wenn der Prozess zunächst einfach erscheint und Maschinenbauer sagen, sie böten produktionstaugliches Equipment an, müsse in der Produktion viel gelernt und bedacht werden. So änderten sich beispielsweise die Adhäsionskräfte an der Zellrückseite, was direkt Auswirkungen auf die Haltbarkeit und die nötigen Prozessschritte habe.
Kein Know-how-Export nach Asien?
Da stellt sich die Frage, wie groß der Technologievorsprung gegenüber asiatischen Wettbewerbern ist. In dem vom Bund mit gut elf Millionen Euro geförderten Projekt waren zehn Hersteller entlang der Wertschöpfungskette beteiligt, die zusammen die gleiche Summe zugeschossen haben. Darunter zum Beispiel der Automatisierer Jonas und Redmann und der Silberpastenhersteller Heraeus. Sie haben nicht nur den PERC Prozess in die Produktion überführt, sondern auch Prozesse für selektiven Emitter entwickelt, ein Draht-Kontaktierungsverfahren, das das Verlöten mit Kontaktbändern ersetzen soll, und eine neues so genanntes Koextrusionsdruckverfahren für Silberpaste, mit dem Kontaktfinger auf Zellen gedruckt werden können, die 30 statt 80 Mikrometer dick sind. Das erhöht den Wirkungsgrad, weil dadurch weniger Zelloberfläche durch die Kontaktierung verloren geht (Informationen zu den Technologien siehe unten).
Die Ergebnisse sind für Neuhaus Anlass, aus seiner Version der Geschichte der Solarforschung zu lernen. Auch die letzten Verfahren seien von europäischen Firmen zusammen mit hiesigen Maschinenbauern entwickelt worden. Letztere hätten dabei gelernt und die Maschinen dann an die asiatischen Konkurrenten verkauft, die Solarworld in Punkto Marktanteil inzwischen weit hinter sich gelassen haben. Dieses Mal werde das nicht wieder passieren, sagt er. Wie das gelingen kann, war in der Vergangenheit schon öfter Thema von erregten Diskussionen. Wenn die Projektpartner geschafft haben, für alle akzeptable Lösungen zu finden, haben sie tatsächlich eine hohe Barriere für die Entwicklung aus dem Weg geräumt.
Solarworld hält nun nach Aussage von Neuhaus wichtige Patente. Jonas und Redmann darf beispielsweise den Koextrusionsdrucker, den das Unternehmen entwickelt hat, nicht an ungeliebte Wettbewerber weiter verkaufen.
Bessere Wirtschaftlichkeit
Allerdings helfen die besten Technologien nichts, wenn sie nicht wirtschaftlich umsetzbar sind. Solarworld verfolgt laut Neuhaus den Ansatz, dass neue Technologien zu einem höheren Wirkungsgrad führen müssen aber in der Fertigung nicht teurer sein dürften als die alten. Das wirkt sich allerdings nicht direkt auf den Preis aus, da dieser durch den Markt bestimmt werde.
Außer der Wirkungsgraderhöhung werde die Wirtschaftlichkeit auch über haltbarere Module erhöht. Dabei setzt Solarworld wie einige andere Hersteller auf Module, die zum Schutz sowohl vorne als auch hinten eine zwei Millimeter dünne Glasscheibe haben. Dank der Fortschritte in der Glasproduktion sind diese jetzt stabil genug und da Glas die Zellen besser schützt als die sonst verwendete Rückseitenfolie sind diese nun länger haltbar. Auch andere Hersteller wieSolarwatt, Centrosolar und einige asiatische Hersteller setzen darauf. Allerdings ist kaum nachvollziehbar, wer solche Module wirklich produzieren kann und wer sie nur im Prospekt abdruckt. Auch Neuhaus will keine Produktionszahlen nennen. Er verrät nur, dass die Hälfte der 500-Megawatt-Fertigung am Standort mit dieser Technologie laufen kann. Das entsprechende Glas stehe ausreichend zur Verfügung und den Rest richte der Markt.
Um die längere Lebensdauer nachzuweisen, habe man diverse Tests durchgeführt. So hätten die Experten etwa ein Schock-Temperaturwechseltest entwickelt und ausgerechnet, dass die Testprozedur rund 9000 Zyklen im herkömmlichen Temperaturwechseltest entspreche. 9000 Zyklen entsprechen wiederum ungefähr den Tag-Nacht-Zyklen von 30 Jahren. Auch die Degradation pro Jahr sei geringer, so dass Solarworld jetzt garantiert, dass die Module pro Jahr nur maximal 0,35 Prozent und nicht wie bisher bis zu 0,7 Prozent degradierten.
Wenn man die höhere Effizienz und die längere Lebensdauer berücksichtige, lägen die Stromgestehungskosten für Photovoltaik-Dachanlagen in Deutschland jetzt bei etwa 15 Cent pro Kilowattstunde. In den nächsten Jahren könnten sie noch deutlich bis in die Größenordnung fünf Cent pro Kilowattstunde gesenkt werden.
Genau nachvollziehen lässt sich das jedoch nicht, da der Hersteller keine absoluten Preise nennen will. Auch bei Glas-Folienmodulen sind im übrigen die 0,7 Prozent jährliche Degradation pro Kilowattstunde der Worst Case, ab dem die Garantie greift.Die meisten Module degradieren weniger, so dass der Hub der Degradationsverminderung durch den Übergang zur Glas-Glas-Technologie eventuell niedriger ist als angenommen.
Inwiefern die vorgestellten Technologien die Wettbewerbsfähigkeit von Solarworld steigern und wie gut das Unternehmen nun gegen die weltweiter Konkurrenz bestehen kann, lässt sich anhand der veröffentlichten Ergebnisse nicht beantworten. Immerhin, die anwesenden Mitarbeiter strahlten Zuversicht aus und Ullrich Bruchmann vom Referat Forschung und Entwicklung des Bundesumweltministeriums wünschte dem Unternehmen mit den neuen Produkten viel Glück. (Michael Fuhs)
Zu den einzelnen Technologien:
Koextrusionsdrucker
Die Idee kam einem Wissenschaftler angeblich beim Zähneputzen als verschiedenfarbige Zahnpasta aus der Tube quoll. Warum nicht ein Silberpastenstrahl mit verschiedenen Bestandteilen, fragte er sich. Ein Strahl soll die Paste in Form halten, ein Strahl stellt die eigentliche Funktion sicher. Der Drucker, den Jonas und Redmann in dem Forschungsprojekt mit Solarworld, Heraeus und anderen entwickelte, bringt außer der üblichen Silberpaste zwei Komponenten mit einer Ethylzellulose-Paste auf, deren einzige Funktion darin besteht, die Silberpaste in Form zu halten. In einem folgenden Prozess verdampft die Ethyl-Zellulosepaste bei 400 Grad und die Silberpaste bleibt als einziges stehen. „Opferpaste“ nennen das die beteiligten Experten.
Das Ergebnis ist ein näherungsweise rechteckiger Kontaktfinger, der höher ist als breit. So verschattet er die Zelle verhältnismäßig wenig und hat trotzdem eine gute Leitfähigkeit. Außerdem wird dadurch Silber gespart. Die Dicke beträgt 30 Mikrometer im Vergleich zu 80 Mikrometer, die heute normalerweise erreicht werden. Auf der EU PVSEC in Paris hatte Heraeus zusammen mit dem ISFH Hameln bereits eine Zelle vorgestellt, deren Kontaktfinger mit Schablonen auf 40 bis 50 Mikrometer Dicke reduziert werden konnten.
Beim Koextrusionsverfahren besteht die Schwierigkeit darin, dass die Paste nur dann richtig aufgebracht wird, wenn der Abstand des Druckkopfes zur Zelle auf 20 Mikrometer genau eingehalten wird. Zellen haben schon von sich aus eine höhere Unebenheit. Daher muss die Zelloberfläche für den Koextrusionsdruck genau vermessen werden und innerhalb einer Millisekunde muss die Position der Zelle korrigiert werden. Das geschieht mit einem Hexapoden. Die Zellen liegen auf dem Sechsfüßler auf. Die Pasten seien außerdem ungefähr so zäh wie Honig. Das erhöhe die Komplexität weiter, da dadurch der Druck von der Geschwindigkeit beeinflusst werde, mit der der Druckkopf über die Oberfläche fährt.
In der Pilotfertigung bei Solarworld steht der Drucker bereits seit rund eineinhalb Jahren. Das Rollout in die Produktion soll demnächst beginnen.
Mehr zur Entwicklung der Kontaktierung finden Sie hier:
Heraeus: Noch weniger Silber (PVSEC 2013)PVSEC: Kupfer statt Silber (PVSEC 2012)Lernkurve Live (PVSEC 2011)
PERC Zellen
PERC heißt Passivated Emitter and Rear Cell. Passivierung beschreibt eine Methode, mit der die Ingenieure die Verluste an den Rändern der Halbleiterwafer begrenzen. Auf der Zellrückseite befindet sich bei Standardsolarzellen dafür eine metallische Aluminiumschicht. Sie dient als Kontakt und gleichzeitig als einfache Passivierung. Viel besser funktioniert es jedoch, wenn stattdessen nicht leitende dielektrische Schichten aufgebracht werden. Die Forscher um Ralf Preu vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme haben gezeigt, dass am besten Aluminiumoxidschichten wirken, doch es gibt auch Konzepte mit Siliziumoxid oder Siliziumnitrid.
Am Ende kommt es nicht nur darauf an, wie die Schichten Verluste begrenzen, sondern auch wie sie in ausreichender Qualität schnell genug in der Massenfertigung aufgetragen werden können. Dazu gibt es mehrere Möglichkeiten, teilweise Plasmaprozesse im Vakuum, teilweise mit chemischen Prozessen, teilweise im Chemikalienbad. Danach müssen Kontakte durch die Schicht hindurch gebracht werden. Dazu können mit Lasern kleine Löcher gebohrt oder mit Ätzpasten entsprechende Punkte freigelegt werden.
Holger Neuhaus von Solarworld will nicht mehr über die Schicht verraten, als das sie aus mehreren Komponenten besteht. Bei der Kontaktierung nutzt Solarworld einen Laser, der 30.000 feine Löcher auf der Rückseite erzeugt, durch die dann eine Paste den Kontakt herstellt.
Mehr zur Entwicklung der Zelltechnologien finden Abonnenten hier:Die Evolution geht weiter (Ausführlicher Artikel zu verschiedenen Technologien, Nov. 2010)
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