Ultraschnelle Elektronenmessung der TU Bergakademie Freiberg liefert wichtige Erkenntnisse für Solarindustrie

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Mit einem neuen Verfahren analysieren Physiker der TU Bergakademie Freiberg in Kooperation mit Forschenden aus Berkeley (USA) und Hamburg erstmals die Prozesse in einem Modellsystem für organische Solarzellen innerhalb von Femtosekunden bis ins Detail. Die Ergebnisse lassen sich zur Entwicklung hochleistungsfähiger und effizienter Solarzellen nutzen.

Der Schlüssel sind ultraschnelle Lichtblitze, mit denen das Team um Dr. Friedrich Roth am FLASH in Hamburg, dem weltweit ersten Freie-Elektronen-Laser im Röntgenbereich, arbeitet. „Die besonderen Eigenschaften dieser Röntgenquelle haben wir uns zu Nutze gemacht und mittels der zeitaufgelösten Röntgen-Photoemissionsspektroskopie (TR-XPS) erweitert. Diese Methode basiert auf dem äußeren Photoeffekt, für dessen Erklärung Albert Einstein 1921 den Nobelpreis für Physik erhielt. So konnten wir erstmals direkt die spezifische Ladungstrennung und anschließende Prozesse beim Auftreffen von Licht auf ein Modellsystem, wie beispielsweise eine organische Solarzelle, analysieren. Außerdem konnten wir die Effizienz der Ladungstrennung in Echtzeit ermitteln“, erklärt Dr. Roth vom Institut für Experimentelle Physik der TU Bergakademie Freiberg.

Mit Photon-Science zu besseren Solarzellen

Im Gegensatz zu bisherigen Verfahren konnten die Forschenden einen vorher nicht beobachteten Kanal zur Ladungstrennung identifizieren. „Mit unserer Messmethodik können wir eine zeitlich aufgelöste, atomspezifische Analyse durchführen. Damit erhalten wir einen Fingerabdruck, der dem zugehörigen Molekül zugeordnet werden kann. So sehen wir, wann die durch den optischen Laser angeregten, Elektronen am Akzeptor-Molekül ankommen, wie lang sie dableiben und wann beziehungsweise wie sie wieder verschwinden“, erläutert Prof. Serguei Molodtsov das Messverfahren. Er leitet die Arbeitsgruppe „Strukturforschung mit Freie-Elektronen-Röntgenlasern (XFELs) und Synchrotronstrahlung“ am Freiberger Institut für Experimentelle Physik und ist ein wissenschaftlicher Direktor am European X-ray Free Electron Laser (EuXFEL).

Schwachstellen analysieren und Quanteneffizienz steigern

Die Echtzeit-Analyse und die Messung interner Parameter sind wichtige Grundlagenforschung, die sich vor allem die Solarindustrie zu Nutze machen kann. „Mit unseren Messungen ziehen wir wichtige Rückschlüsse, an welchen Grenzflächen, freie Ladungsträger gebildet werden oder verloren gehen und somit die Leistung von Solarzellen schwächen“, ergänzt Dr. Roth. Mit den Erkenntnissen der Freiberger Forschenden lassen sich so beispielsweise Optimierungsmöglichkeiten auf molekularer Ebene oder im Bereich der Materialwissenschaft ableiten und die Quanteneffizienz neu entstehender photovoltaischer und photokatalytischer Systeme optimieren. Die Quanteneffizienz beschreibt das Verhältnis des eingestrahlten Lichtes zum Photonenstrom (Strom der generiert wird). In einer aktuellen Fachpublikation in der Zeitschrift Nature Communications (https://www.nature.com/articles/s41467-021-21454-3) veröffentlichte das Team die Ergebnisse.

Röntgenlaserforschung an der TU Bergakademie Freiberg

Materialforschung mit XFELs wird an der TU Freiberg schon seit über 7 Jahren vorangetrieben. Seit 2018 besteht dazu eine bilaterale Kooperationsvereinbarung mit dem weltweit größten Röntgenlaser, dem European XFEL in Schenefeld bei Hamburg. Dieser bietet seit 2017 völlig neue Forschungsmöglichkeiten für Wissenschaft und Industrie. In einer Spezialvorlesungsreihe mit dem Titel „Materialforschung mit Freie-Elektronen-Röntgenlasern (XFELs)“ erhalten Freiberger Studierende zudem direkt vor Ort in Schenefeld Einblicke in den Aufbau und die Anwendung der neuesten Generation von Röntgen-Lichtquellen sowie deren vielseitigen Anwendungsmöglichkeiten im Rahmen der Werkstoffforschung vermittelt.

Originalpublikation: Roth, F., Borgwardt, M., Wenthaus, L. et al. Direct observation of charge separation in an organic light harvesting system by femtosecond time-resolved XPS. Nat Commun 12, 1196 (2021). https://doi.org/10.1038/s41467-021-21454-3

Weitere Informationen: https://tu-freiberg.de/exphys/strukturforschung-mit-xfel-und-synchrotronstrahlung