NATURSTROM-Stellungnahmen zum Kohleausstiegsgesetz und zu den Erneuerbaren-Regelungen: „Das Klimapaket soll die Energiewende fördern und nicht einbremsen!“

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Düsseldorf, 17. Januar 2020. Dr. Thomas E. Banning, Vorstandsvorsitzender der NATURSTROM AG, nimmt Stellung zu aktuellen Entwicklungen und Ereignissen der Energie- und Klimaschutzpolitik:

Zum Kohleausstiegsgesetz:
„Der Kohleausstieg ist richtig und für den Klimaschutz unabdingbar. Die Strukturwandelkommission hat hier sinnvolle Vorarbeit geleistet, auch wenn wir einen schnelleren und stärker marktgetriebenen Ausstieg für geboten halten. Dass die gestern vorgestellte Vereinbarung zum Kohleausstieg die Vorgaben der Kommission hinsichtlich der Abschaltchoreografie nicht einhält, ist ein starkes Stück. Viel zu viel Kohleleistung bleibt viel zu lange im System – und dafür bekommen die Betreiber auch noch viel Geld. Das ist energiewirtschaftliches Foulspiel par excellence.

Mit dem zu langen Weiterbetrieb vieler Kohleblöcke werden deutlich mehr CO2-Emissionen ausgestoßen als unserem Planeten zuträglich und für die Energieversorgung notwendig. Es wird in Leistung gedacht, die zu einem möglichst späten Zeitpunkt vom Netz genommen wird, um dann so eben noch die Aussage treffen zu können, dass ab 2038 in Deutschland keine Braunkohle mehr verstromt wird. Die politischen Entscheidungen müssen stattdessen am Ausstoß von CO2 ab sofort ausgerichtet sein – und dessen schnellstmöglicher Reduktion. Das geht nur, wenn Kohlekraftwerke so bald als möglich abgeschaltet werden, denn jedes Jahr Weiterbetrieb sorgt für einen unverantwortlichen Ressourcenverbrauch bei noch unverantwortlicherem CO2-Ausstoß. Damit die Stilllegung der Kraftwerke aber einen Klimaschutzeffekt hat, ist es zudem unabdingbar, dass die entsprechenden Emissionszertifikate auch wirklich aus dem System genommen werden, was nicht verbindlich geregelt wurde.

Die Klimaschutzziele von Paris können so unmöglich erreicht werden. Die soeben veröffentlichten Daten der NASA machen deutlich, dass wir weltweit bereits die 1,2-Grad-Marke erreichen, da ist – auch aufgrund der Trägheit des Systems – keine Zeit mehr für politische Zahlenspiele und Gewinnmaximierungen von Konzernen.“

Zum Erhalt des Hambacher Waldes:
„Aus Klimaschutzsicht sind die Vereinbarungen zum Kohleausstieg deutlich zu wenig. Dass der Hambacher Forst erhalten bleibt, ist allerdings eine sehr schöne Nachricht und das Ergebnis jahrelangen bürgerschaftlichen Engagements in der Region. Wir gratulieren den Menschen, die sich dort eingesetzt haben, von ganzem Herzen zu ihrem Erfolg. Umso bedauerlicher ist es, dass die Landesregierung von NRW und RWE es durchgesetzt haben, dass im Braunkohlerevier Garzweiler weiterhin die Bagger laufen, Dörfer verschwinden und Menschen ihre Heimat verlassen müssen. Noch kurzsichtiger und egoistischer kann man kaum handeln – leider eine typische Entscheidung, die aus dem Zusammenwirken großer Konzerne mit der Politik hervorgeht.“

Zum 65-Prozent-Ökostrom-Ziel:
„Das bereits im schwarz-roten Koalitionsvertrag verabredete Ziel eines Anteils von 65 Prozent Erneuerbaren Energien am Stromverbrauch bis zum Jahr 2030 muss endlich auch gesetzlich verankert werden, um der Energiebranche Planungssicherheit zu geben. Natürlich müssen bei der Erhöhung des Ziels auch die Ausbaukorridore für die verschiedenen regenerativen Energieträger entsprechend nach oben angepasst werden. Es geht nicht nur um schöne Ziele, der Weg dahin muss ebenfalls klar sein und möglichst zügig beschritten werden – sonst werden wir nicht zeitgerecht ankommen.

Leider sind die dazu bisher bekannt gewordenen Planungen völlig unzureichend. Da das Bundeswirtschaftsministerium für 2030 nur von einem Stromverbrauch in der heutigen Höhe ausgeht, scheint es für die Bundesregierung und die Regierungsparteien auch keiner großen Anstrengungen nötig, das Ziel dann irgendwie in letzter Sekunde zu erreichen. Angesichts des gerade beginnenden Hochlaufs von Sektorenkopplungstechnologien wie Wärmepumpen und Elektromobilität, aber auch mit Blick etwa auf die ambitionierte Wasserstoffstrategie der Bundesregierung, wird der Strombedarf künftig deutlich wachsen. Daher brauchen wir in den 2020er-Jahren viel größere Mengen an Ökostrom und einen entsprechend schnelleren Ausbau insbesondere von Windenergie und Photovoltaik.“

Zur Streichung des 52-Gigawatt-Förderdeckels bei der Photovoltaik:
„Die eigentlich von allen gewollte Streichung des Photovoltaik-Deckels ist längst überfällig. Schon die Einführung dieses Elements war eine Fehlsteuerung. Dieser Förderdeckel wird bereits in den nächsten Monaten greifen, was eine erhebliche Verunsicherung und damit Verlangsamung beim Photovoltaik-Ausbau bringt. Es ist eine absolute Unverschämtheit, dass Teile der Unionsfraktion die Abschaffung des Deckels rein aus verhandlungstaktischen Gründen weiter blockieren, um damit anderswo Bremsen bei der Energiewende, insbesondere beim Ausbau der Windenergie, einzuziehen. Die Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen brauchen Planungssicherheit, damit wir endlich die riesigen Solarstrom-Potenziale in Deutschland in großem Stil angehen können.“

Zu Abstandsregelungen bei der Windenergie:
„Mit einer pauschalen Abstandsregelung für Windenergieanlagen an Land wird die Flächenkulisse für diese wichtige Energiewende-Technologie erheblich eingeschränkt – und das in einer Situation, wo der Ausbau wegen mangelnder Flächen und Genehmigungen ohnehin schon zu gering ist für die politisch vereinbarten Ziele, die Windbranche als eine der Zukunftsindustrien in Deutschland massiv leidet, tausende von Arbeitsplätzen bereits abgebaut werden mussten und weiterer Job- und Know-How-Verlust droht. Dass zudem jedes Bundesland noch eigene Abstände definieren darf und beispielsweise in Bayern die noch einschränkendere 10H-Regelung erhalten bleiben soll, macht das Ganze noch unfassbarer. Das Klimapaket soll die Energiewende doch fördern und nicht einbremsen!“

Zu den ausstehenden Verbesserungen beim Mieterstrom:
„Mieterstrom hat ein erhebliches Potenzial, die Energiewende gerade in den Städten voranzubringen. Das bisherige Mieterstromgesetz trägt diesen Möglichkeiten aber in keiner Weise Rechnung, es ist überbürokratisch, lässt aber auf der anderen Seite den Netzbetreibern das Spielfeld für Willkür. Außerdem ist es vor allem wirtschaftlich uninteressant, da überbelastet. Es ist daher enttäuschend, dass, entgegen anderslautender Zusagen und obwohl auch der Evaluierungsbericht der Bundesregierung die Unwirksamkeit der aktuellen Regelung konstatiert, keine Verbesserungen angegangen wurden. Auch das sollte schnellstmöglich nachgeholt werden.“

Zur Bürgerenergie:
„Durch Bürgerenergie kann die Energiewende gemeinsam mit den Menschen vor Ort vorangebracht werden. Das mindert nicht nur Akzeptanzprobleme, sondern demokratisiert auch die Energieversorgung und wirkt Monopolisierungstendenzen, wie wir sie etwa bei dem Deal von E.ON und RWE sehen, entgegen. Daher muss dieses wichtige Segment beim Ausbau Erneuerbarer Energien wieder gestärkt werden. Die ohnehin anstehende Implementierung der europäischen Erneuerbare-Energien-Richtlinie wäre hierzu eine sehr gute Gelegenheit.“

Weitere Informationen dazu: Stellungnahme des Bündnis Bürgerenergie zum Kohleausstiegsgesetz vom November 2019

Die NATURSTROM AG wurde 1998 in Düsseldorf gegründet und versorgt mehr als 250.000 Haushalte, Unternehmen und Institutionen mit naturstrom, naturstrom biogas und nachhaltiger Wärme. Damit ist NATURSTROM einer der führenden Öko-Energieversorger in Deutschland. Daneben setzt das Unternehmen auf den konsequenten Ausbau dezentraler, erneuerbarer Energien. Über 300 Öko-Kraftwerke sind durch Mitwirkung von NATURSTROM bislang ans Netz gegangen. Zudem realisiert NATURSTROM verbrauchsnahe, sektorübergreifende Versorgungslösungen: von der ökologischen Nahwärmebelieferung in ländlichen Kommunen über Mieterstrom bis hin zu Strom-, Wärme- und E-Mobilitätsangeboten für mittelständische Betriebe oder ganze Quartiere. Mehr als 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bringen an 13 Standorten die Energiewende voran. Für ihre Vorreiterrolle wurde die NATURSTROM AG vielfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Europäischen Solarpreis.