Energiewende: Deutschland gerät ins Hintertreffen

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Deutschland und das Vereinigte Königreich sowie Irland, Italien, Polen, Spanien und die Schweiz erhielten im Fortschritts-Ranking eine 3, die niedrigste Bewertung im diesjährigen Bericht. Aufgrund der Tatsache, dass sich andere Länder stärker verbessert haben während Deutschland tendenziell stagniert, belegt Deutschland zudem den letzten Platz in der Gesamtschau. Mit einem Fortschritts-Ranking von 5 schneidet Finnland im ETRI 2022 am besten ab, während Dänemark, Norwegen und Schweden mit 4 bewertet wurden. Frankreich und die Niederlande erhielten ebenfalls diese Einstufung.

Zu den Handlungsempfehlungen des ETRI gehören:

•           Quantifizierung und Planung des künftigen Flexibilitätsbedarfs

•           Reformen des Flexibilitätsmarktes priorisieren und beschleunigen

•           Dringende Beseitigung der derzeitigen Investitionshindernisse

Eine kürzlich durchgeführte Studie* der europäischen Industrie legt nahe, dass der Einsatz von Flexibilitätsressourcen auf der Nachfrageseite zu jährlichen Kosteneinsparungen von bis zu 300 Euro pro Kunde im Jahr 2030 sowie zu jährlichen Einsparungen bei den Treibhausgasemissionen von 37,5 Millionen Tonnen führen könnte. Eine ähnliche Studie im Vereinigten Königreich ergab, dass im Jahr 2050 jährliche Einsparungen von bis zu 600 Pfund pro Kunde erzielt werden könnten.

Alle Länder sind sehr ehrgeizig bei der Erreichung ihrer Klimaziele, aber die Länder, die in der Rangliste ganz oben stehen, verfügen über Flexibilitätsmärkte, die einen fairen, transparenten und einfachen Zugang ermöglichen, während die Länder, die in der Rangliste ganz unten stehen, mit Investitionshindernissen wie Verzögerungen beim Netzzugang und ungünstigen Flexibilitätsmärkten kämpfen. Diese Hindernisse müssen dringend beseitigt werden, wenn die Vorteile realisiert werden sollen. Viele Länder stehen vor einer enormen Flexibilitätsherausforderung, und es sind schnelle Maßnahmen erforderlich, um die Ziele der Energiewende zu erreichen.

Dirk Kaisers, EMEA Distributed Energy Segment Leader bei Eaton, kommentiert: „Als globales Energiemanagementunternehmen sehen wir, dass Unternehmen auf der ganzen Welt das Tempo in Richtung Netto-Null-Emissionen beschleunigen, angespornt durch die Energiekrise, um Technologien wie erneuerbare Energieerzeugung, Energiespeichersysteme und die Energieflexibilitätsvorteile von Ladeinfrastruktur zu prüfen. Die Regierungen müssen den aufkeimenden Enthusiasmus der Unternehmen mit politischen Maßnahmen verbinden, um faire, transparente und leicht zugängliche Märkte zu schaffen, die private Investitionen in die Energiewende sichern. Wie der ETRI-Bericht zeigt, sind die nordischen Länder ein Vorbild. Andere Länder, auch Deutschland, müssen dagegen aufholen.“

Dr. Nina Skorupska CBE, Vorstandsvorsitzende der Association for Renewable Energy and Clean Technology (REA), sagt: „Wie der ETRI 2022 deutlich macht, stehen trotz beeindruckender Fortschritte in Ländern wie Finnland den warmen Worten vieler Regierungen in Europa keine Taten gegenüber, wenn es um die Vorbereitung der Energiewende geht. Wir brauchen jetzt deutliche Maßnahmen, um die Hindernisse zu beseitigen, mit denen unsere Industrie konfrontiert ist: eine angemessene langfristige Planung, die Festlegung von Prioritäten und die Beschleunigung von Marktreformen sowie die dringende Beseitigung der derzeitigen Investitionshindernisse – all dies ist dringend erforderlich, um uns auf den richtigen Weg zu bringen. Ich unterschätze die vor uns liegende Herausforderung nicht, aber die Kosten, die entstehen, wenn die Nationen bei der Vorbereitung auf die Energiewende zu langsam vorgehen, sind einfach zu hoch. Wir befinden uns mitten in einer schweren Energiekrise, aber die Regierungen werden in Zukunft vor noch größeren Problemen stehen, wenn sie jetzt nicht handeln.“

Werner Brickwedde, Partner und Head of M&A at Eversheds Sutherland, erklärt: Deutschland hat im Bereich der erneuerbaren Energien wirklich gute Fortschritte gemacht und in manchen Bereichen sogar eine Vorreiterrolle eingenommen. Dieser Weg muss nun auch konsequent zu Ende gegangen werde, um das selbst gesteckte Ziel zu erreichen, bis 2030 den Bruttostromverbrauch zu mindestens 80 Prozent aus erneuerbaren Energien zu decken. Ihr Anteil muss sich also innerhalb von weniger als zehn Jahren fast verdoppeln. Das erfordert allerdings auch große Investitionen in flexible erneuerbare Energien – auch um Energiesicherheit zu gewährleisten und schlicht Energie für Verbraucher günstiger zu machen. Damit solche Investitionen gemacht werden können, brauchen wir eine schnellere Einführung und Umsetzung von regulatorischen Rahmenbedingungen, die den Zugang zu flexiblen Energien fördern. Die Umsetzung der in diesem Index dargelegten Empfehlungen könnte einen Unterschied machen.