Deutsche PV-Anlagen brechen solare Rekorde

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Deutschlands Photovoltaikanlagen laufen derzeit auf Hochtouren, ein Rekord jagt den nächsten: Am vorvergangenen Wochenende wurden gar zum ersten Mal überhaupt mehr als 40 Gigawatt Strom ins Netz eingespeist, wie anhand der Energy Charts des Fraunhofer Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) zu sehen ist Und auch das vergangene Wochenende kratzte haarscharf am gerade erst eingestellten Rekord. Zum Vergleich: Alle deutschen Kernkraftwerke produzierten zum selben Zeitpunkt gerade mal 3,7 Gigawatt.

Solarenergie deckt an heißen und sonnigen Tagen wie diesen insgesamt knapp 80 Prozent des deutschen Stromverbrauchs, ein positives Signal in die richtige Richtung. Allerdings auch eine absolute Ausnahme: Über das komplette Jahr gerechnet lag der Anteil der erneuerbaren Energien 2021 bei 41,1 Prozent, Solarenergie sogar nur bei 8,8 Prozent. Noch, denn die Photovoltaikbranche erlebt derzeit einen nie dagewesenen Boom, alleine die Solarplattform Otovo wuchs im vergangenen Quartal um mehr als 200 Prozent.

Ein Blick nach Norwegen, dem Gründungsland von Otovo, wo bereits 98 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien stammen, kann bei der Frage nach der Zukunft der Energiewende helfen. Denn da sind uns die Skandinavier mindestens fünf, in einigen Bereichen sogar zehn Jahre voraus.

Beispiel E-Autos (Steuern): Wer in Norwegen einen Verbrenner erwirbt, zahlt nicht nur 25 Prozent Mehrwertsteuer, sondern auch Abgaben für CO2, Stickstoff, Gewicht sowie eine Einfuhrgebühr. Für Käufer von E-Autos entfallen dagegen all diese Steuern, das Einsparpotential ist enorm: Bei einem E-Golf sind es zum Beispiel rund 12.000 Euro, der Wagen kostet damit weniger als sein Benziner-Bruder. Bleiben kaum noch Gründe für einen Verbrenner, zumal E-Autos auf öffentlichen Plätzen kostenlos parken dürfen, keine Mautgebühren bezahlen müssen und häufig sogar umsonst auf den vielen Fähren des Landes mitfahren können.

“Im Juni fuhren 89,9 Prozent aller verkauften Autos in Norwegen elektrisch, Ende des Jahres könnten es bereits um die 95 Prozent sein”, hebt Andreas Thorsheim, selbst Norweger und CEO von Otovo in Norwegen, einen der größten Unterschiede hervor. In Deutschland waren es im ersten Halbjahr dagegen nur 13,5 Prozent, auch wenn die Zahlen mittlerweile stark ansteigen.

Beispiel Solarenergie (Anreize und Förderungen): Bis zu einem halben Jahr versinkt Norwegen in Dauerdunkelheit, und trotzdem boomt die Solarbranche. Einer der Gründe dafür sind die vielfältigen Fördermöglichkeiten, die der norwegische Staat anbietet und ständig neu anpasst: Private Anlagen bis zu 20kWp erhalten seit Februar umgerechnet bis zu 5.500 Euro, eine Steigerung um fast das Doppelte. “Die Nachfrage war vorher schon sehr hoch und ist seitdem noch einmal um fast 300 Prozent explodiert”, sagt Otovo-CEO Thorsheim. Zusätzlich entfällt für viele kleine Solaranlagen das komplizierte und langwierige Genehmigungsverfahren, das in Deutschland noch viele Privatleute abschreckt. Außerdem ist die in Deutschland vieldiskutierte Einspeisevergütung nicht fixiert, sondern an den realen Strompreis gekoppelt – im Zusammenspiel mit einem Smart Meter lohnt es sich also tatsächlich, selbst produzierten und nicht benötigten Strom ins Netz einzuspeisen.

Beispiel Smart Meter (Bürokratie und Technologie): Während in Deutschland gerade mal drei Prozent aller Haushalte einen Smart Meter besitzen, ist Stand heute in jedem einzelnen norwegischen Wohnhaus eines der Geräte verbaut. Die intelligenten Stromzähler sind eine Grundvoraussetzung für die effiziente Nutzung von Großverbrauchern wie E-Autos, Wärmepumpen und Wallboxen. Smart Meters sparen Strom und Geld und können – entsprechende Gesetze wie in Norwegen vorausgesetzt – gespeicherten Strom auch wieder gewinnbringend ins Netz einspeisen, sind also ein entscheidender Baustein für die dezentrale Energiewende.

Der Schlüssel in Norwegen war, die Energiewende nicht als lästige Pflicht zu sehen, sondern als spannende Investitionsmöglichkeit mit vielfältigen finanziellen Anreizen, die es den Menschen einfach machte, sich den neuen Technologien zu öffnen. Die neue Bundesregierung versucht genau das, mal mehr und mal weniger erfolgreich. Ein Blick nach Norwegen kann Mut machen, wenn es mal wieder besonders schwierig aussieht. Denn eines ist sicher: Auch im dunkelsten Land Europas ist die Energiewende nicht einfach vom Himmel gefallen.