EnWG-Novelle stellt klar: Netzbetreiber dürfen Photovoltaik-Eigenverbrauch nur abregeln, wenn Netz akut gefährdet ist

Dachanlage, Photovoltaik, Gewerbe

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Der Bundestagsabgeordnete Christian Moser ist umweltpolitischer Sprecher der CSU im Bundestag und sitzt auch im Wirtschaftsausschuss.

Foto: Büro Christian Moser, MdB

pv magazine: In der Vergangenheit gab es öfters Ärger, wenn Netzbetreiber im Zuge des Redispatch auch den Photovoltaik-Eigenverbrauch der Betreiber abgeregelt haben. Sie sagen nun, das hat sich mit der EnWG-Novelle geändert. Wo ist das im Gesetz zu finden?

Christian Moser: Da der Schutz des Eigenverbrauchs ja schon länger europarechtlich geregelt ist, handelt es sich bei der Erwähnung im Zuge der EnWG-Novelle eher um eine Klarstellung als um eine Neuregelung. Wir fügen den Satz ein, dass Netzbetreiber den Artikel 13 Absatz 6 Buchstabe c der einschlägigen EU-Verordnung, die ja unmittelbar Geltung erlangt, zu beachten haben. Damit erhoffen wir uns den Effekt, dass zum einen den Netzbetreibern nochmals klar wird, dass sie in der Pflicht sind. Und natürlich geben wir den Betreibern von Photovoltaik-Anlagen einen klaren Verweis an die Hand, dass diese Regelung eben auch in Deutschland greift und sie ein Recht auf Eigenverbrauch haben.

Sie verweisen auf die Klarstellung. Was bedeutet dieser Satz „der Netzbetreiber hat dabei Artikel 13 Absatz 6 Buchstabe c der Verordnung (EU) 2019/943 in der Fassung vom 26. Juni 2024 zu beachten“ denn konkret?

Der Artikel 13 befasst sich insgesamt mit dem Thema Redispatch, der Absatz 6 das Vorgehen bei marktbasiertem, abwärts gerichtetem Redispatch, also wenn eben Netzbetreiber ‚nach unten hin‘ Einspeiser abregeln. Da wird geregelt, dass nur dann abgeregelt werden darf, wenn es keine Alternative gibt und/oder die Netzsicherheit gefährdet wäre. Der Buchstabe c erläutert dann, dass Elektrizität, die erzeugt, aber nicht eingespeist wird, davon eben nicht berührt werden darf, es sei denn, die Netzsicherheitsprobleme sind nicht anderweitig in den Griff zu bekommen. Er verpflichtet Netzbetreiber also zur Ausschöpfung aller möglichen Alternativen und stellt sicher, dass ein weitreichender Eingriff bis in den Eigenverbrauch hinein nur dann geschieht, wenn das Netz akut in Gefahr ist. Im Übrigen sind alle Redispatch-Maßnahmen hinreichend und transparent zu begründen und ein finanzieller Ausgleich muss vorgenommen werden; auch hier sollten Anlagenbetreiber ihre Rechte kennen.

Für Anlagenbetreiber und Netzbetreiber ist dies ja eine wichtige Klarstellung. Warum hat man dies so versteckt im Gesetz vorgenommen?

Im Grunde geht der Gesetzgeber davon aus, dass Bürger und Unternehmen ihre Rechte kennen. Die EU-Verordnung gilt in dieser Form ja seit 2019 respektive 2024; am Inhalt ändern wir nichts. Dass wir in der EnWG-Novelle dennoch explizit diese Regelung herausstellen, ist mehr als ein Wink mit dem Zaunpfahl zu verstehen, dass geltendes Recht bitte auch zur Anwendung kommen möge. Wir hören ja aus unseren Wahlkreisen oft, dass eine Redispatch-Maßnahme stattfindet, aber die Begründung und der finanzielle Ausgleich ausbleiben oder Betreiber gar nicht informiert wurden, dass sie geschützten Eigenverbrauch anmelden könnten. Wenn es Betreibern von Photovoltaik-Anlagen in diesen Fällen hilft, auf ein deutsches Gesetz verweisen zu können statt auf eine für viele doch schwerer nachvollziehbare EU-Verordnung, dann haben wir diese Klarstellung gerne vorgenommen. Ansonsten spielt es rechtlich gesehen keine Rolle, ob wir den wortwörtlichen Text der Verordnung ins Gesetz mit aufnehmen, oder wie hier, auf die genaue Stelle verweisen, die ja ohnehin bereits gilt.

Haben Sie das Gefühl, dass die Netzbetreiber dies schon wahrgenommen haben und entsprechend handeln?

Das bleibt abzuwarten. Zuerst sind ja weiterhin die Betreiber in der Pflicht: Sie müssen grundsätzlich erst einmal über eine differenziert steuerbare Anlage verfügen und den planbaren Eigenverbrauch dem Netzbetreiber melden. Nur dann greift die Regelung, dass der Netzbetreiber in diesen Eigenverbrauch zunächst nicht eingreifen darf. Hier sehe ich aber noch viel Potenzial, Verfahren zu beschleunigen und Bürokratie zu verschlanken.  Das wird sicher noch etwas Zeit in Anspruch nehmen, bis die Regelung vollständig greift. Grundlage ist ja auch, dass Netzinfrastruktur, Speicher und andere Flexibilitäten weiter ausgebaut werden. Darum kümmert sich die Bundesregierung ebenfalls mit Volldampf.

Sie haben in ihrem Wahlkreis eine Fleischerei, die die Diskussion über die Handhabung damals ins Rollen gebracht hat. Weiß die Fleischerei über die Änderung Bescheid und wie hat Sie reagiert?

Ich stehe mit Herrn Keller, wie mit vielen mittelständischen Unternehmen und Handwerksbetrieben meines Wahlkreises, in gutem Kontakt. Über die Klarstellung im EnWG haben wir gesprochen. Die Regelung wird positiv aufgefasst, jedoch noch mit etwas Zurückhaltung. Schließlich gilt die Regelung europarechtlich schon länger – auch bevor sich Herr Keller mit der Thematik an Politik und Medien gewandt hat. Dass er auf eine gesetzgeberische Klarstellung, die die Netzbetreiber ja erst umsetzen müssen, nur vorsichtig optimistisch blickt, kann ich daher gut nachvollziehen.

Müssen Anlagenbetreiber irgendetwas beachten, damit ihr Eigenverbrauch künftig nicht mehr durch Netzbetreiber abgeregelt wird?

Zunächst einmal sind die Anlagenbetreiber in der Pflicht, den Eigenverbrauch an ihren zuständigen Netzbetreiber zu melden. Nur dieser vorab gemeldete Teil wird schlussendlich gesondert geschützt. Damit dies möglich ist, muss die Anlage differenziert steuerbar sein, diese Grundvoraussetzung ergibt sich also als logische Folge.

Wissen Sie, ob die Fleischerei für die Redispatch-Maßnahmen von den Netzbetreiber bereits entschädigt wurde und ob diese Entschädigung den wesentlich teureren Netzstrombezug in Zeiten der Abschaltung kompensiert hat?

Nach meinem Kenntnisstand wartet die Firma Keller nach wie vor auf die finanzielle Ausgleichszahlung für bisherige Redispatch-Maßnahmen. Diese wurde wohl im Rahmen der Jahresabrechnung angekündigt, steht aber bis heute aus. Ob die Kompensation auch den benötigten Zukauf ausgleichen wird oder ‚nur‘ die entgangene Einspeisevergütung, ist mir ebenso wie Herrn Keller unbekannt. Auch, nach welcher Berechnungsgrundlage sich dies berechnen wird, also wie die potenzielle Erzeugungsleistung bemessen wird. Die Situation ist leider nach wie vor unbefriedigend und betrifft sicherlich viele andere Betreiber in ähnlichem Maße. Auch hier möchte ich anregen, dass Verfahren vereinfacht und vereinheitlicht werden, was jedoch bei der großen Zahl an Netzbetreibern, Messstellenbetreibern und anderen Akteuren im Energienetz erfahrungsgemäß schwierig wird – wir wollen diesen Unternehmen ja auch nicht eine bestimmte Vorgehensweise überstülpen, ohne die Realität vor Ort einzubeziehen.

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