560 Großabnehmer aus den Branchen Chemie, Metall, Papier, Glas, Nahrungsmittel sowie auch manche Rechenzentren profitieren von Sondernetzentgelten aufgrund der Bandlastregelung. Sie nehmen jeweils mehr als 10 Gigawattstunden Strom im Jahr ab und bieten dafür ein sehr gleichmäßiges Abnahmeprofil mit mehr als 7.000 Stunden im Jahr, das der Fahrweise fossiler Kraftwerke entgegenkommt. Sie ersparen sich damit 1,42 Milliarden Euro an Netzentgelten pro Jahr.
Da diese Entgelte in Anbetracht des volatilen Erzeugungsprofils erneuerbarer Energien inzwischen zu Fehlanreizen führen, will die Bundesnetzagentur (BNetzA) nun neue Sondernetzentgelte schaffen, die die bisherigen Rabatte ersetzen. Eine einfache Streichung der Regelung komme wegen der wirtschaftlichen Bedeutung der Stromkosten für die Unternehmen nicht infrage. Allerdings soll der Teilnehmerkreis laut BNetzA auf „wirkmächtige, stromintensive Letztverbraucher“ beschränkt werden. „Vergleichbar zur Bandlastregelung kommt ein jährlicher Mindestverbrauch als ,Eintrittskarte‘ in Betracht“, schreibt die Behörde in einem Diskussionspapier, das am Mittwoch erschienen ist.
Das Papier greift bereits Stellungnahmen aus der Konsultation des „Eckpunktepapiers zur Fortentwicklung der Sondernetzentgelte für Gewerbe und Industrie“ vom 24. Juli auf. Die Ankündigung eines Flexibilitätsanreizes, der die Bandlastregelung perspektivisch ersetzen soll, sei von den betroffenen Unternehmen und Verbänden zunächst mit Skepsis aufgenommen worden, berichten die Autoren des Diskussionspapiers. Ziel der BNetzA scheint es daher zu sein, die neuen Sondernetzentgelte so auszugestalten, dass sie in ihrer Höhe die bisherigen Rabatte ersetzen können, den Unternehmen genügend Vorlauf zur Umstellung lassen und sie bei der Anpassung ihres Bezugsverhaltens nicht überfordern.
Allerdings müssten die Rabatte laut EU-Recht eine reelle Gegenleistung im Energiesystem haben. So sollten sie netzkostensenkendes Verhalten anreizen, die Marktintegration der erneuerbaren Energien fördern, mehr Flexibilität oder Energieeffizienz bieten. Dafür stellt das Diskussionspapier drei mögliche Varianten vor, die am 30. September zunächst in einem Branchenworkshop ausführlich diskutiert werden sollen.
Variante A würde einen Anreiz zur Reaktion auf Spotmarktentwicklungen setzen. Stromintensive Letztverbraucher sollen in Zeiten von Hochpreisphasen und Preissenken von ihrer gewöhnlichen Fahrweise abweichen. Dabei müssten noch die Fragen beantwortet werden, welche Vorlaufzeit nötig wäre und auf Basis welcher Prognosen die Unternehmen die Fahrweise anpassen sollen. Nach Einschätzung der BNetzA wäre ein dreitägiger Vorlauf realistisch und eine Lastabweichung im Bereich von drei bis fünf Prozent der normalen Bandauslastung wünschenswert.
Kritisch wäre die Frage, ob die Bemessung des Rabatts an einer Abweichung von einem zuvor definierten Lastgang, zunächst einen weiteren flexibilitätshemmenden Anreiz setzt, um solch einen Standardlastgang zu realisieren und dann Abweichungen nachzuweisen. Eine andere Frage wäre, ob der Einsatz von Batteriespeichern als Erfüllungshilfe in diesem Szenario mit der Befreiung von Netzentgelten für die Speicher kollidiert. Falls Speicher hinter einer Abnahmestelle eingesetzt werden und somit die Lastkurve des Unternehmens beeinflussen und gleichzeitig für Arbitrage oder zur Teilnahme am Regelenergiemarkt genutzt werden, gelte es „eine taugliche Abgrenzung der jeweiligen Entgeltregime und der entsprechenden Energiemengen zu finden.“
In Variante B schlägt die BNetzA ein Modell vor, in dem Netzbetreiber Zeitfenster unterschiedlicher Netzbelastungen (Niedrig- und Hochlastzeitfenster) definieren, in denen Verbrauchsanpassungen eine netzdienliche Wirkung entfalten. Für die Rechtfertigung der Sonderentgelte müssten die Maßnahmen letztlich preissenkende Auswirkungen auf den Redispatch haben. Hierbei könnten die Flexibilisierungsanforderungen im Zeitverlauf ansteigen. Zu Beginn wäre eine Entgeltreduktion von 80 Prozent vielleicht schon mit einer Anpassung des Verbrauchs von nur 0,5 Prozent möglich, die dann bis 2033 auf 3,5 Prozent steige.
In Variante C könnte der Netzbetreiber Flexibilität vom Großverbraucher anfordern. Der Vorschlag hat Ähnlichkeit mit einige flexiblen Netzanschlussvereinbarungen von Großspeichern. Dabei würden Verbraucher und Netzbetreiber sich vertraglich auf Einsatzzeiträume, Vorlaufzeiten, Rampen und Lastveränderungen einigen, die dann im Falle von Netzengpässen aktiviert werden. Einer möglichen Diskriminierung müsste dabei durch Standardisierung der Regelung vorgebeugt werden.
Branchenteilnehmer haben bis zum 21. Oktober 2025 Zeit, um Stellung zu beziehen. Für die Photovoltaik- und Speicherbranche haben die Vorschläge vor allem in Hinblick auf ihre Auswirkungen auf bestehende Marktmechanismen Bedeutung. Flexible Großverbraucher am Spotmarkt könnten Preisspitzen und -täler glätten. Ein Einsatz bei Bekämpfung von Netzengpässen könnte dagegen den Anschluss weiterer Erzeugungs- und Speicherkapazitäten erleichtern. In beiden Fällen können Batteriespeicher oder eigene erneuerbare Erzeuger die Flexibilität der Großverbraucher befördern. Die Diskussion um die Bandlastregelung ist Teil des Verfahren über eine neue Allgemeine Netzentgeltsystematik für Strom (AgNeS).
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Da diese Entgelte in Anbetracht des volatilen Erzeugungsprofils erneuerbarer Energien inzwischen zu Fehlanreizen führen, will die Bundesnetzagentur (BNetzA) nun neue Sondernetzentgelte schaffen, die die bisherigen Rabatte ersetzen.
Verstehe ich es richtig, die Industrie nimmt den Strom gleichmäßig ab.
Aber weil die Erzeugung volatil ist, soll die Industrie mehr bezahlen.
Diese Industrie wird es in 3 Jahren nicht mehr geben.
Unsere Jugend werden zu Wirtschafts-Flüchtlinge und Deutschland verarmt.
Es gibt Industrien, da laufen die Anlagen wirklich konstant durch, und die Flexibilitäten sind überschaubar klein. Z.B. Chemie-Werke. AB 7.000 Vollaststunden 80% Rabatt, ab 7.500 Vollaststunden 75% Rabatt, ab 8.000 Volllaststunden 90% Rabatt. Die bisherigen Netzentgelt-Rabatte sind ja quasi eine Art Subvention, dass diese Industrien hier bleiben. Aus Versorgungssicherheits-Aspekten politisch auch nachvollziehbar. Den Unterhalt des Netzes zahlen dann die übrigen Netznutzer, also „wir“.
Es gibt auch Fälle, da hat ein Unternehmen vielleicht 6.500 Volllaststunden, d.h. es fehlen noch 500 Stunden bis zur magischen Schwelle der 7.000 h, ab der dann der Gesamtstrompreis deutlich reduziert wird. Bisher gibt es dann mancherorts die Idee, eigentlich nicht benötigte zusätzliche Verbraucher zu betrieben – zur Not wird der Strom verheizt. Diese Regel gilt erst ab 10 GWh/a – da gibt es auch welche mit geringerem Verbrauch, die extra Verbrauch generieren, um über die 10 GWh-Schwelle zu kommen. Für ein paar Stunden kann das wirtschaftlich Sinn machen, wenn man aufs Jahr gerechnet ein eine halbe Million € spart (Beispielrechnung von https://voltfang.de/2024/06/27/die-7000-stunden-regel-detaillierte-erklaerung-fuer-unternehmen/
„Angenommen, ein Unternehmen hat einen jährlichen Stromverbrauch von 15 GWh und eine maximale Lastspitze von 2.100 kW. Der Strompreis beträgt €0.15 pro kWh und der Leistungspreis €160 pro kW. Ohne die 7000-Stunden-Regel würden die Netzentgelte €2.586.000 pro Jahr betragen. Bei einer Reduktion der Netzentgelte um 80% durch die Anwendung der 7000-Stunden-Regel könnten die jährlichen Kosten auf €517.200 gesenkt werden, was eine Ersparnis von €2.068.800 bedeutet.“
Eine Änderung dieser Regel hin zu einem wirklichen Marktanreiz ist also nicht per se schlecht, sondern kann bei kluger Umsetzung helfen, dass die Subention unter anderem Namen auch zukünftig bei den genannten Industrien landet.
Das Problem wird sein, dass es nicht die gleichen sind, die ehemals von der Belohnung für Verbrauchskonstanz profitiert haben, und die, die in Zukunft von der flexiblen Anpassung ans Stromdargebot werden profitieren können. Entsprechend wird es dann bei den ersteren lautes Geschrei, bei den letzteren stille Freude geben.
Systemdienlicher und politisch einfacher durchzusetzen wäre es, wenn die Vorteile der Flexibilisierung sich im Strompreis, den die Unternehmen zu zahlen haben, niederschlägt. Ein ehemaliger Konstant-Verbraucher kann sich dann einen Speicher passender Größe zulegen (Optimierung kann er selber durchführen) und seinen Strom zu Niedrigtarifzeiten verbrauchen und einlagern und zu Hochtarifzeiten den Netzbezug so weit wie möglich drosseln. Dann ist es gar nicht nötig, dass der Gesetzgeber haufenweise Detailregelungen je nach Höhe des Stromverbrauchs und Flexibilisierungsmöglichkeiten ausdenkt, was doch nie gerecht sein wird und außerdem viel komplizierter ist. Die Netzbetreiber finden gar nichts dabei, wenn es kompliziert wird: Das erlaubt es ihnen, ihr eigenes Süppchen zu kochen, in das sich keiner, Politiker schon gar nicht, getraut hineinzuspucken.
Eine weitere Regel wird allerdings auch unsinnig sein: Dass Bezugsverträge quasi Straftarife vorsehen, wenn ein Verbraucher eine bestimmte Leistungsbezugsschwelle überschreitet. Wenn der Strom billig ist, dann ist es ja sogar erwünscht, dass so viel bezogen wird, wie die Leitung hergibt. Bei teurem Strom hingegen wird der Verbraucher schon von sich aus darauf achten, nicht zu viel zu beziehen.
Bereits in 2012 wurde über eine „Abschaltverordnung“ diskutiert. Damals war eher die Befürchtung, dass es im Winter zu einer Überlastung des Stromnetzes kommt. Der Anteil der EE an der Stromerzeugung lag damals bei knapp 30%.
Zur Diskussion um die „Abschaltverordnung“ siehe: https://www.energie-chronik.de/120109.htm
Wie die „Frankfurter Allgemeine“ am 24. Januar exklusiv berichtete, ist ein pauschales Entgelt pro Abnehmer und Jahr vorgesehen, das sich nach der abzuschaltenden Leistung richtet: 60.000 Euro ab 150 MW, 45.000 Euro ab 100 MW und 30.000 Euro ab 50 MW. Für jeden der in Frage kommenden Betriebe wird exakt festgelegt, wie lange und wie oft abgeschaltet werden darf.
Interessant ist auch der Wikipedia-Artikel zur „Verordnung zu abschaltbaren Lasten“.
Diese Regelung ist längst überfällig.
Nehmen wir mal ein Energieintensives Unternehmen wie BASF an, dann enstehen so Anreize Batteriespeicher aufzubauen und diese zu niedrigpreisen z.b. nachts oder in der mittagszeit zu laden und in Spitzenzeiten z.b. in den morgen und Abendstunden zu entladen.
Diese Batteriespeicher könnten ohne Netzausbau auf eigenem Firmengelände errichtet werden und hätten doppelnutzungspotential, da diese auch für eigene Windanlagen und PV Anlagen Eigenverbrauchsoptimiert genutzt werden könnten.
Die Preise würden automatisch für alle fallen, da weniger Netzausbau erforderlich, weniger Erzeugungskapazität erforderlich sein wird, da diese Flexibilität sich an den verfügbaren günstigen erneuerbaren Strom orientiert. Zudem wird das Gesamtsystem effizienter (weniger Abregelung) und resilienter.
🙂
Mega! Längst überfällig!!!
Petition gegen Katharina Reiche Gaskraftwerke:
https://www.openpetition.de/petition/online/keine-neuen-gaskraftwerke-frau-reiche-hoeren-sie-auf-klimaforscher-wie-volker-quaschning