„DAC ist Betrug, CO₂-Abscheidung ist Betrug, blauer Wasserstoff ist Betrug, E-Fuels sind Betrug“, fasst Mark Jacobson, Professor an der Stanford University in Kalifornien, die Ergebnisse seiner Forschungen zum Thema zusammen. Er gelte als einer der weltweit renommiertesten Forscher im Bereich 100 Prozent erneuerbarer Energieszenarien und anderer sauberer Technologien. Außerdem zähle er zu den einflussreichsten Ideengebern, die den ehemaligen US-Präsidenten Joe Biden bei der Einführung des erfolgreichen Inflation Reduction Act (IRA) beraten haben, schreibt Hans-Josef Fell in seinem Artikel „Viele angeblich klimafreundliche Maßnahmen erweisen sich in Wahrheit als klimaschädlich“.
BEE wirbt für CCS
Und da kommt nun der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) mit einem Positionspapier „Potenziale von Carbon Management im Energieystem“ daher. Mit einem Rechtschreibfehler im Titel fängt es schon an, doch dabei bleibt es nicht. „CCS und CCU können ergänzend zum Ausbau der Erneuerbaren und zur Defossilisierung der Industrie einen Beitrag zur Klimaneutralität leisten“, heißt es weiter und lässt die Verwirrung erahnen, von der das gesamte Papier gekennzeichnet ist.
Geologe Krupp: „CCS ist eine neue Gefahr für das Klima“
CCS leistet nämlich keinen Beitrag zum Klimaschutz, im Gegenteil: es befeuert die Erwärmung! In der von Greenpeace beauftragten Studie „Speichervolumen von CO2-Endlagern in der Nordsee stark überschätzt“ (Mai 2025) stellt Geologe Ralf Krupp fest: „CCS ist eine neue Gefahr für das Klima.“
Er macht darauf aufmerksam, dass – anders als in der Öffentlichkeit zumeist dargestellt – es sich bei den sogenannten „CO2-Speichern“ in salinen Aquiferen nicht um rundum dicht abgeschlossene Zonen handelt, sondern um poröses Gestein, das gar nicht dicht sein darf, da andernfalls das CO2 nicht injiziert werden könnte.
Hinzu kommt Folgendes: Die Poren sind gefüllt mit „Porenfluid“. Indem man CO2 mit hohem Druck ins Gestein presst, wird das Porenfluid verdrängt. Die Fluide enthalten neben sonstigen umweltschädlichen Stoffen meist auch Methan, welches durch die Verdrängung zunächst ins Meerwasser und letztlich teilweise in die Atmosphäre gelangt. Methan hat in den ersten zehn Jahren nach der Freisetzung die hundertfache Klimawirkung von CO2. Wenn die CO2-Einpressung dazu führt, dass auch nur mehr als ein Hundertstel des CO2-Volumens in Form von Methan in die Atmosphäre gelangt, ist der angeblich klimaschützende Effekt der CO2-Verpressung aufgehoben und ins Gegenteil verkehrt. Durch die Verpressung wird dann mehr Klimaschaden produziert als wenn das CO2 unbehandelt in die Luft gelassen würde. Hierbei ist noch unberücksichtigt die Frage, wie lang das CO2 überhaupt unter der Erde bleibt und wieviel CO2 im Zuge des Aufbaues der Infrastruktur sowie für Transport und Verpressung emittiert wird.
So sieht die Wahrheit aus und steht der von der Ampel-Regierung verbreiteten Behauptung entgegen: „Geeignete geologische Speicher sind zum Beispiel ausgeförderte Öl- oder Erdgaslagerstätten und Salzwasser führende Gesteinsschichten (sog. salinare Aquifere). In diese Speicher können große CO₂-Mengen injiziert und sicher über geologische Zeiträume gespeichert werden.“ Der BEE nimmt diese Behauptung allem Anschein nach für bare Münze.
Dauerhafte Beschränkung des CCS auf industrielle Emissionen ist frommer Wunsch
Weiter heißt es in der Mitteilung: „Fossile Kraftwerke, deren Emissionen durch CCS-Technologien reduziert werden, sind aus Sicht des BEE keine sinnvolle Back-up-Lösung für unser Stromsystem.“ Begründet wird das mit diversen Schwierigkeiten, die durch Verbindung von Gaskraftwerken mit CCS entstehen.
Dass Gaskraftwerke überhaupt keine Option darstellen, da der für ihren Aufbau nötige immense Aufwand – des Klimas wegen! – für den rapiden Zubau erneuerbarer Energien in Verbindung mit Speichern eingesetzt werden muss, hat sich beim Verband dieser Energien offenbar noch nicht herumgesprochen.
CCS soll also nur für die sogenannten „unvermeidlichen“ Emissionen der Industrie „beispielsweise die Zement- und Kalkproduktion oder die thermische Abfallbehandlung“ eingesetzt werden.
Kurz zum Letzteren: „Die Anlage mit der höchsten Abscheiderate einer Müllverbrennungsanlage hat gerade einmal 11 Prozent des CO2 eingefangen, also 89 Prozent CO2 emittiert. Da die Zusammensetzung von Müll stark schwankt, ist eine Optimierung der CO2-Abscheidung auch kaum möglich“, wie Chemiker Reinhard Knof in: „CCS: der beschleunigte Weg in die Klimakatastrophe“) ausführt. Die Lösung kann hier nur Verminderung des Mülls durch Kreislaufwirtschaft sein.
Die Beschränkung auf „Industrie-CCS“, die der BEE vorschlägt, ist bestenfalls ein frommer Wunsch. Die künftigen Betreiberunternehmen wollen mit CCS schließlich Gewinne machen. Und das geht nur, wenn die teure CCS-Infrastruktur ausgelastet wird. Andernfalls sind die spezifischen Kosten für einen profitablen Betrieb viel zu hoch. Industrie-CCS ist nur der erste Schritt und dient zur Vorbereitung des Hochlaufs.
Dass Gewinne das treibende Motiv sind, wird an den Äußerungen der „Deutsche Carbon Management Initiative (DCMI)“ deutlich. Die Unternehmen, die sich in ihr zusammengeschlossen haben, definierten im März 2025 ihre Aufgabe als „Entwicklung einer leistungsfähigen CO₂-Wertschöpfungskette in Deutschland“. Am aktuellen Gesetzesentwurf bemängeln sie fehlende Aussagen zu möglichen Investitionsförderungen, staatlichen Abnahmegarantien und zu weiteren „geeigneten Instrumenten, um den Markthochlauf effektiv zu flankieren“. Bei ihren eigenen Leistungen wünschen sie sich indes Erleichterungen: Die Haftung für ihr Produkt „gefüllte CO2-Speicher“ soll bereits nach 20 Jahren der Staat übernehmen. Man sieht: sie selbst glauben am allerwenigsten an die „Sicherheit für geologische Zeiträume“, die Habeck versprochen hatte.
Auch DACCS wird vom BEE befürwortet
Erstaunlicherweise spricht sich der BEE auch für DACCS aus, also die Entnahme des CO2 aus der Umgebungsluft mit „großen Luftansauganlagen“. Offensichtlich ist beim BEE noch nicht angekommen, dass das einschlägige Experiment auf Island bestätigte, was auch auf das „normale“ CCS zutrifft: Die Luftansauganlagen produzierten durch ihren Betrieb mehr CO2 als sie der Luft entnahmen. Wollte man mit dieser Technik – auch falls sie verbessert würde – die Atmosphäre sanieren, müsste eine Industrie im mehrfachen Umfang der heutigen weltweiten Öl-Infrastruktur aufgebaut werden. Sie hätte einen wahnwitzigen Energiebedarf und wäre mit Kollateralschäden von absurdem Ausmaß verbunden.
BECCS ist für den BEE das „hohe Lied“
Sein eigentliches „hohes Lied“ stimmt der BEE beim Thema BECCS an, also CCS an Kraftwerken, die mit Holz befeuert werden: Da der Kohlenstoff im Holz per Photosynthese der Luft entnommen wurde und nach der Verbrennung nicht wieder in die Luft gelangt, sondern im Untergrund gespeichert wird, haben wir es mit „negativen Emissionen“ zu tun, so der BEE. Wir verbrennen Holz, erzeugen dadurch Strom und Wärme und verringern gleichzeitig den CO2-Gehalt der Luft. Ist das nicht genial?!
Nun, ich weiß nicht, ob sich der BEE über die Problematik der CO2-Abscheidung aus dem Rauch von Holzverbrennung informiert hat. In England betreibt der Energiekonzern Drax das größte Holzkraftwerk der Welt. Es verbrennt jedes Jahr sechs Millionen Tonnen Holz, die aus Übersee importiert werden und dort den Waldbestand zerstören. Das Kraftwerk soll mit CCS ausgestattet werden. Seit Jahren wird daran gearbeitet. Bisher wurden 27 Tonnen CO2 abgeschieden.
Appell an den BEE
Ich bin wirklich entsetzt und frage mich, wie es sein kann, dass der Bundesverband der Erneuerbaren Energien eine derartige Laudatio auf CCS in die Welt setzt? Damit dient er doch nicht seiner Mitgliedschaft! Ziel des CCS in allen seinen Spielarten ist die Lebensverlängerung der fossilen Energiewirtschaft. Der Verband der Erneuerbaren Energien muss sich doch für das Gegenteil einsetzen: Die fossile Energiewirtschaft muss so schnell verschwinden, wie es nur geht und einer Struktur, die zu 100 Prozent auf erneuerbaren Energien basiert, Platz machen!
In der Produktionssphäre darf man sich nicht damit zufriedengeben und entschuldigen, dass in einigen Branchen CO2-Emissionen unvermeidbar seien. Das stimmt nicht! Wenn man etwas wirklich will, gibt es immer einen Weg. Wenn wir auf den Mond fliegen können, können wir erst recht die Industrie dekarbonisieren – wenn wir es denn wollen. Am Willen mangelt es bei denen, die in der alten destruktiven Weise weiter werkeln wollen. Dass solcher rückwärtsgewandte Wille nicht die Oberhand behält und dass diejenigen Arbeiten angepackt werden, die lebenswichtig sind, ist doch die vornehmste Aufgabe von Organisationen, die sich der Energiewende verschrieben haben! Die BEE-Führungsebene sollte das CCS-Positionspapier nicht im Raum stehen lassen, Sie sollte die Mitglieder fragen, ob sie tatsächlich wünschen, dass dieses Papier aufrechterhalten wird.
— Der Autor Christfried Lenz, politisiert durch die 68er Studentenbewegung, Promotion in Musikwissenschaft, ehemals Organist, Rundfunkautor, Kraftfahrer und Personalratsvorsitzender am Stadtreinigungsamt Mannheim, Buchautor. Erfolgreich gegen CCS mit der BI „Kein CO2-Endlager Altmark“, nach Zielerreichung in „Saubere Umwelt & Energie Altmark“ umbenannt und für Sanierung der Erdgas-Hinterlassenschaften, gegen neue Bohrungen und für die Energiewende aktiv (https://bi-altmark.sunject.com/). Mitglied des Gründungsvorstands der BürgerEnergieAltmark eG (http://www.buerger-energie-altmark.de/). Bis September 2022 stellvertretender Sprecher des „Rates für Bürgerenergie“ und Mitglied des Aufsichtsrates im Bündnis Bürgerenergie (BBEn). Seit 2013 100-prozentige Strom-Selbstversorgung durch Photovoltaik-Inselanlage mit 3 Kilowattpeak und Kleinwindrad. —
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Es ist wirklich erstaunlich (und erschreckend) zu sehen, dass ein Bundesverband, der für Energiewende steht, eine definitiv nicht nachhaltige Technologie wie CCS unterstützt und bewirbt. Herr Lenz hat oben einige Argumente dazu zusammengefasst. Ich habe schon vor einiger nachgewiesen, dass CCS das Gegenteil von nachhaltig ist, siehe https://www.bernhard-wessling.com/nachhaltigkeit_und_entropie. (Ich habe dies auch dem BEE direkt noch einmal mitgeteilt, es ist bezeichnend, dass ich keine Antwort bekommen habe.)
Es kommt hinzu: CCS ist auch gar nicht erforderlich, denn wenn natürliche und renaturierte Ökosysteme wie Moore, Mischwälder, Seegraswiesen u.a. das tun dürften, was sie können, dann speichern sie ein Vielfaches dessen, was CCS zu speichern verspricht (aber gar nicht leisten kann). Und das kostenlos.
In einer neuen Veröffentlichung habe ich nachgewiesen, dass Biolandwirtschaft unter bestimmten Bedingungen ebenfalls sehr effiziente „DACCS-Dienstleistungen erbringt. Hier ist sie zu finden: https://www.bernhard-wessling.com/cdr_bioagriculture_sustainability (original englisch sowie die deutsche Übersetzung, außerdem eine Kurzfassung und Konsequenzen, die sich aus den Ergebnissen ableiten lassen).
– Der von mir untersuchte Biohof (450 ha Pachtland) speichert netto (nach Abzug eigener Emissionen) mindestens etwa 1.000 Tonnen CO2/Jahr, je nach verwendeten Daten mglw. über 3.000 Tonnen CO2/Jahr. Hinzu kommt eine extrem positive Biodiversitäts-Bilanz!
==> Ein Teil der positiven Klimabilanz liegt an der Einsparung von ca. 40% des Strombezugs aufgrund einer 100-kW-Solaranlage, und am Wegfall von bis zu 70% des Erdgasbezugs durch einen Holzvergaser, der mit Schnittholz aus der Pflege der 12,5 km (!) Knicks / Wallhecken gefüttert wird – eine der Maßnahmen, die die Artenvielfalt auf den Äckern und Weiden erhält und verstärkt.
– Rein theoretisch könnte die deutsche Biolandwirtschaft, wenn der Beispielshof einigermaßen repräsentativ ist, ca. 8 Mio. Tonnen CO2 pro Jahr speichern,
– wenn die gesamte deutsche Landwirtschaft sich auf organische Bewirtschaftung umstellen würde, könnten es 80 Mio Tonnen CO2pro Jahr sein:
Keine CCS-Anlage kann das leisten! (Northern Lights / Norwegen verspricht 1,5 Mio Tonnen, bisher hat keine CCS-Anlage ihre Versprechen einlösen können – nur die Umweltschäden wg Energie- und Rohstoffverschwendung sind eingetreten.)
Diejenigen Biolandwirtschaftsbetriebe, die nachweislich mehr CO2 speichern als emittieren, sollten dafür aus dem EU-CO2-Emissionshandel entsprechende Gelder erhalten. Das wäre zudem weit billiger, als CCS-Anlagenbetreiber zu bezahlen. Und es entspricht einer gewaltigen Energieeinsparung,
==> eine Zielsetzung, die der BEE eigentlich verfolgen sollte!
Irren und Wirren ist nicht nur eine Eigenschaft des BEE, sondern auch von anderen Verbänden, die ausschließlich die Interessen ihrer Beitragszahler vertreten und mitnichten die gemeinwohlorientierten Interessen der Sache, für die sie eigentlich eintreten sollten. Vermutlich wird man in der Mitgliederliste des BEE sehr schnell fündig, wenn man den Grund für das Gutfinden von CCS sucht. Es gilt auch bei Verbänden: „Follow the money“ – oder „it´s the economy, stupid“