pv magazine: Das österreichische Wirtschaftsministerium hat die Förderung für Photovoltaik und Speicher im letzten Call vervierfacht, um alle Anträge genehmigen zu können. Das klingt doch erstmal gut, wie schätzen Sie diese Situation ein?

Foto: Thomas Unterberger/PV Austria
Vera Immitzer: Hierzu muss man wissen, dass im Vorfeld lediglich 12 Millionen Euro für diesen Fördercall budgetiert wurden – von Beginn an war bereits klar, dass diese Summe nicht ausreichen würde. Nach dem abrupten Ende der beliebten Mehrwertsteuerbefreiung für private Photovoltaik-Anlagen sind sämtliche geplanten Projekte wieder in das alte „Stop-and-Go“-Förderregime gerutscht. Zusätzlich wurde bei diesem Call erstmals der „Made in Europe“-Bonus vergeben, dank dem Anlagen mit europäischen Komponenten eine höhere Förderung erhalten. All das steigert den Förderbedarf und führte schlussendlich dazu, dass mehr Fördermittel notwendig wurden. Unterm Strich stehen aber auch trotz nachträglicher Aufstockung deutlich weniger Fördermittel als im Vorjahr und auch im Jahr 2023 zur Verfügung – insgesamt nur etwa ein Sechstel. Weitere Anpassungen der Förderungen sind geplant, die ihre Wirkung mit 2026 entfalten.
Sie sagen, bis kurz nach Amtsantritt der neuen Regierung gab es die Mehrwertsteuerbefreiung für kleine Photovoltaik-Anlagen, die besser funktioniert hat. Haben Sie dafür Zahlen, die die aktuelle Entwicklung zeigen?
Der österreichische Regulator erhebt seit Kurzem den jährlichen Photovoltaik-Zubau. Wir sehen hier seit letztem Jahr einen kontinuierlichen Zubau-Rückgang – mit nur einem Ausreißer nach oben im 4. Quartal 2024, der sich aus der Inbetriebnahme eines der größten Solarparks Österreichs ergibt. Das Ziel von 500 Megawatt Photovoltaik-Zubau pro Quartal wurde heuer bislang nicht erreicht. Zusätzliche Unsicherheit merken wir aufgrund der jüngsten Ankündigungen zum Elektritzitätswirtschaftsgesetz (ElWG), das bis vor kurzem in Begutachtung war. Es ermöglicht neue Geschäftsmodelle und mehr Klarheit, aber vor allem die Diskussion um mögliche Netzgebühren für Einspeiser verunsichert potenzielle Anlagenbetreiber und Anlagenbetreiberinnen erheblich.
Folgerichtig wäre es für den weiteren Photovoltaik-Ausbau im Land also besser, einfach die Mehrwertsteuerbefreiung wieder einzuführen?
Die Mehrwertsteuerbefreiung wurde zwar erst im vergangenen Jahr eingeführt, erwies sich aber sofort als voller Erfolg: Sie war leicht verständlich, unbürokratisch und transparent – jeder wusste, was zu tun und welche Unterstützung zu erwarten war. Das eigentlich zuständige Finanzministerium geht davon aus, durch die Abschaffung der Maßnahme mindestens 175 Millionen Euro einzusparen. Wie diese Zahl zustande kommt, ist uns bis heute jedoch vollkommen schleierhaft. Ja, die Wiedereinführung der Mehrwertsteuerbefreiung wäre dringend wünschenswert, der Zug dafür ist aber aktuell abgefahren. Stattdessen werden nun erneut Fördermittel für ein kompliziertes Förderprogramm bereitgestellt, das am Ende lediglich wieder mehr Bürokratie für Fachbetriebe bedeutet und Ungewissheit darüber, ob das eingereichte Projekt auch einen Förderzuschlag erhält.
Die vorzeitige Abschaffung der Mehrwertsteuerbefreiung ist ja nicht der einzige Vertrauensbruch für Investoren. Wie angesprochen, plant die Regierung nun Netzgebühren für Betreiber von Photovoltaik-Anlagen zu erheben und dies auch für bereits bestehende Anlagen. Was schätzen Sie dies ein und welche Auswirkung auf den Zubau wird dies vermutlich haben?
Wir sehen aktuell eine große Verunsicherung am Markt, obwohl das Gesetz auch sehr viel positives enthält, wie die Ausweitung des Rechts auf Netzanschluss, Transparenz zu Einspeisekapazitäten, Flexibilitätsplattform, Direktleitungen und vieles mehr. Die Regierung plant aber auch, dem Regulator den Auftrag zu geben, künftig Netzgebühren für Stromerzeuger festzulegen. Erst wenn das Gesetz tatsächlich beschlossen ist, könnte der Regulator entsprechende Gebühren festlegen. Das wäre ein absolutes Novum und ein Schritt, der bislang undenkbar war und eine ernstzunehmende Hürde für zahlreiche Projekte darstellt. Dabei leisten Erzeuger bereits heute ihren Beitrag zum Stromnetz. Der Widerstand gegen zusätzliche, „neuartige“ Netzgebühren ist gerade enorm. Die unterschiedlichsten Institutionen, Verbände und Unternehmen haben sich bereits klar gegen Netzgebühren für Erzeuger ausgesprochen. Letztlich würde eine solch kurzsichtige Maßnahme die Stromproduktion in Österreich erst recht weiter verteuern –planbare, verlässliche Rahmenbedingungen rücken damit ebenso in weite Ferne.
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