Das heutige Urteil zu Baukostenzuschüssen vom Bundesgerichtshof (BGH) kam nicht wirklich überraschend. Der Kartellsenat billigte Baukostenzuschüsse für stationäre Batteriespeicher, die Netzbetreiber unterschiedslos zu anderen Letztverbrauchern verlangen dürfen. Er wies damit die Beschwerde, die Kyon Energy ursprünglich eingereicht hatte, zurück und hob das Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf auf.
Der betroffene Entwickler von Batteriespeichern nahm im Laufe des Tages zu dem Urteil Stellung, wobei er darauf verwies, dass sich die vollständige Tragweite erst anhand der Entscheidungsgründe des BGH einordnen lasse. Diese lagen jedoch am Dienstag noch nicht vor. Obwohl es sich formal in dem Fall um eine einzelne Batteriespeicheranlage von Kyon Energy handelte, geht das Unternehmen davon aus, dass der BGH-Beschluss grundsätzlich auf Batteriespeicher anwendbar sein wird.
„Aus rechtlicher Sicht ist überraschend und bedauerlich, dass die Sache nicht dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt wurde, zumal das OLG Düsseldorf seine abweichende Entscheidung zentral auf europarechtliche Erwägungen gestützt hatte“, heißt es von Kyon Energy. Dabei geht es auch um die Auffassung, dass Großbatteriespeicher nicht wie klassische Letztverbraucher im Netz agieren, sondern auch zur Netzstabilität beitragen, indem sie bei Stromüberschuss einspeichern und bei Mangellagen wieder ausspeichern.
Die Folgen der Entscheidung seien weitreichend. Dies gelte für die Investitionssicherheit bei Großbatteriespeichern, die Planungspraxis von Projektentwicklern und die Rahmenbedingungen der Energiewende. Das Urteil werfe zudem grundsätzliche Fragen hinsichtlich des Gestaltungsspielraums der Bundesnetzagentur auf. „Vor dem Hintergrund, dass die Bundesnetzagentur als unabhängige Regulierungsbehörde bereits der Kontrolle des nationalen Gesetzgebers entzogen ist, wirft die heutige Entscheidung europarechtliche Fragen unabsehbarer Tragweite auf. Bei künftigen Entscheidungen wird mehr als der Baukostenzuschuss auf dem Spiel stehen und es bleibt zu hoffen, dass dann die Kontrollinstanzen für die Bundesnetzagentur ihre Funktion erfüllen“, sagte Benedikt Deuchert, Head of Business Development & Regulatory Affairs bei Kyon Energy.
Auch der Bundesverband Energiespeicher Systeme wertet das Urteil aus Karlsruhe als „Rückschlag für ein zukunftssicheres Energiesystem und natürlich besonders für die Speicherbranche – wenn auch kein überraschender“, wie Geschäftsführer Urban Windelen auf Anfrage von pv magazine erklärte. Er bedauerte, dass Speicher bei der Erhebung der Baukostenzuschüsse weiterhin ausschließlich als Letztverbraucher behandelt werden. Dies werde ihrer systemischen Rolle im Energiesystem nicht gerecht. „Ihre eigentliche Funktion, Flexibilität durch Einspeicherung und spätere Ausspeisung bereitzustellen, bleibt erneut außen vor“, so Windelen weiter.
Der Verband begrüßte jedoch, dass mit dem Urteil nach einer jahrelangen Hängepartie – der Fall beschäftigt seit 2022 die Gerichte – nun Rechtssicherheit bestehe. „Doch die Grundsatzfrage bleibt ungelöst: Wie kann ein modernes Energiesystem funktionieren, wenn die Regulatorik aus der Vergangenheit stammt? Die Politik muss jetzt handeln und die rechtlichen Rahmenbedingungen an die Realität eines flexiblen, erneuerbaren Energiesystems anpassen“, sagte Windelen. Nur dann werde es auch gelingen, Batteriespeicher effizient, systemdienlich und kostenreduzierend einzusetzen. Dass Speicher im aktuellen Energiesystem als Flexibilität dringend gebraucht werden, sollte unstreitig sein.
Zu einer ähnlichen Einschätzung gelangt auch Simon Groneberg, Counsel bei der Kanzlei McDermott Will & Emery. „Das heutige BGH-Urteil zu Baukostenzuschüssen für rein netzgekoppelte Batteriespeicher stellt einerseits Rechtssicherheit für die Speicherbranche her. Es dürfte andererseits aber auch zu einer gewissen Ernüchterung für die Speicherbranche führen.“ Zwar sei die Investitionssicherheit für Speicherprojekte mit dem Urteil wieder hergestellt, allerdings nicht im Sinne der Entwickler der Batteriespeicher. „Denn für diese steht nun fest, dass sie mit den Baukostenzuschüssen deutlich höhere Projektkosten haben werden“, so Groneberg.
Angesichts der mehr als 850 Verteilnetzbetreiber in Deutschland dürfte schon jetzt klar sein, dass die Handhabung in der Praxis große Unterschiede aufweisen werde. Eigentliches Ziel müsse jedoch die größere Vereinheitlichung der Fragen rund um den Netzanschluss sein. Inwiefern das BGH-Urteil, das sich auf rein netzgekoppelte Speicher bezog, nun für andere Arten wie Mischstromspeicher Bedeutung habe und ob es auf diese übertragbar sei, bleibe zunächst noch offen.
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…das ist ein vernünftiges Urteil , ermöglicht es doch jetzt auch die Teilnahme der Hausspeicher ohne Wettbewerbsnachteil gegenüber den Großspeicherbetreibern an der Graustromvermarktung . Erhöhte Gewinne auf Kosten der Verbraucher ist ein Riegel vorgeschoben.
An die Reaktion:
Hilfreich wäre im Text zu erläutern, wer wem Baukostenzuschüsse gewähren (kann) und was das für Auswirkungen auf den Investor und Stromverbraucher hat.
So muss man als Nichtinsider rätseln. Mir ist es nicht klar geworden.
Der „Baukostenzuschuss“ ist eine einmalige Gebühr, die der Netzbetreiber für den Anschluss erhebt, ursprünglich mal als Zuschuss zu den Netzausbaukosten konzipiert wird die Gebühr heute von den konkreten Ausbaukosten unabhängig sogar dann erhoben, wenn die Anschlusskapazität zB wegen einer bereits angeschlossenen PV-Anlage schon vorhanden ist.
Danke, Herr Nümann!
Aus meiner Sicht ein gerechtes und vernünftiges Urteil.
Der BKZ wird in den Projekten ohnehin bereits kalkuliert. Von einer Änderung konnte kein Investor bei seiner Planung ausgehen. Speicherprojekte sind – derzeit – auch mit BKZ wirtschaftlich attraktiv. Es ist nachvollziehbar, dass Speicher Netzinfrastruktur, die vom Netzbetreiber oder aus anderen Töpfen bezahlt wurde, benötigen oder sogar blockieren. Eine gewisse Kontrolle bei regional unterschiedlichen BKZs ist natürlich wünschenswert aber dafür gibt es bereits andere Mechanismen und das ist vermutlich Aufgabe der BNetzA.
Der Speicherausbau wird durch dieses Urteil sicher nicht ausgebremst. Hürden für den Speicherausbau sind derzeit überlastete Netze, unklare Regelungen zur Kapazitätsüberbauung und zunehmender Regelungswahnsinn der Länder im Bereich des Baurechts.