Monatliches Energiemarkt-Update: Hitzewellen und geopolitische Entwicklungen prägen europäische Energielandschaft 

Axpo, Staumauer Muttsee, Alpines Photovoltaik-Kraftwerk

Teilen

Ungewöhnlich hohe Temperaturen zu Beginn des Sommers in Europa wirkten sich auf die Energiemärkte aus und bereiteten den Boden für eine schwierige Saison. Angetrieben durch den erhöhten Bedarf an Kühlung stieg der Stromverbrauch in weiten Teilen des Kontinents, insbesondere in Ländern wie Italien und Spanien. Auf der Angebotsseite zwangen steigende Flusstemperaturen in Frankreich den Energieversorger EDF dazu, die Produktion zu drosseln oder Warnungen vor möglichen Einschränkungen bei Kernkraftwerken auszusprechen, die für ihre Kühlung auf die Flüsse Garonne und Rhône angewiesen sind. Dies trug zu einem Aufwärtsdruck auf die Strompreise bei.

Neben diesen Herausforderungen kam es zu eskalierenden geopolitischen Spannungen im Nahen Osten, insbesondere zwischen Israel und dem Iran, gefolgt von einer Intervention der USA. Sie löste einen starken Anstieg der geopolitischen Risikoprämien für mehrere Energierohstoffe aus. Dies verlieh den bereits hohen Strompreisen in Europa weiteren Auftrieb, doch die Entspannung Ende des Monats führte dazu, dass sich einige der früheren Gewinne wieder abschwächten.

Beim Gas blieben die Preise hoch und stiegen in der ersten Monatshälfte stetig an, wodurch die europäischen LNG-Importe im Juni auf den höchsten jemals verzeichneten Stand kletterten. Vorübergehend trieb die Eskalation im Nahen Osten die Gaspreise noch weiter in die Höhe. Die Sorge um eine mögliche Unterbrechung der LNG-Exporte aus Katar ließ eine Verknappung des weltweiten Angebots und einen verschärften Wettbewerb um US-LNG-Lieferungen befürchten. Gegen Ende des Monats unterstützten die Entspannung in der Region und das Ausbleiben von Unterbrechungen der LNG-Lieferungen den robusten Lageraufbau, sodass die europäischen Gasspeicher von 49 Prozent Anfang Juni auf 59 Prozent Anfang in der vergangenen Woche anstiegen.

Unterdessen erzielten der EU-Rat und das EU-Parlament eine vorläufige Einigung, die darauf abzielt, die Kosten für die Wiederauffüllung der Gasspeicher im Sommer durch eine größere Flexibilität bei den Speicherzielen zu senken. Nach den überarbeiteten Bedingungen müssen die Speicheranlagen zwischen dem 1. Oktober und dem 1. Dezember zu 90 Prozent ihrer Kapazität gefüllt sein, wodurch die ursprüngliche Frist vom 1. November verlängert wird. Die EU-Mitgliedstaaten können bei schwierigen Marktbedingungen um bis zu 10 Prozentpunkte von diesem Ziel abweichen.

Unterdessen stiegen die Kohlepreise stärker als die Gaspreise, wodurch ein Brennstoffwechsel weniger wirtschaftlich wurde und die kurzlebige Aufwärtsdynamik der europäischen Kohlenstoffpreise gebremst wurde. Dieser Aufwärtstrend wurde durch die düsteren makroökonomischen Aussichten für Europa weiter begrenzt, wobei die jüngsten Daten einen Rückgang der Industrieproduktion um 1,8 Prozent gegenüber dem Vormonat und nur eine moderate Erholung des Stromverbrauchs in der ersten Jahreshälfte zeigen.

Energieintensive Sektoren sind besonders betroffen, da die anhaltenden Zölle und die allgemeine makroökonomische Unsicherheit die industrielle Nachfrage weiterhin dämpfen. Vor diesem Hintergrund hat die Europäische Kommission einen befristeten Rahmen für staatliche Beihilfen verabschiedet, der es den Mitgliedstaaten ermöglicht, bis zu 50 Prozent der Stromkosten für energieintensive Industrien zu subventionieren. Die Beihilfen sind auf drei Jahre begrenzt und laufen 2030 aus, um Standortverlagerungen zu verhindern. Darüber hinaus empfahl die Kommission eine Reduzierung der Netto-Treibhausgasemissionen der EU um 90 Prozent bis 2040 gegenüber dem Niveau von 1990, was nur begrenzte Auswirkungen auf die kurzfristigen Fundamentaldaten des europäischen CO2-Marktes haben dürfte.

Mit Blick auf die Zukunft dürften die bevorstehenden Entwicklungen in den globalen Handelsverhandlungen große Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Das Weisse Haus hat die Deadline für Verhandlungen über Zölle mit rund 180 Handelspartnern von Anfang Juli auf den 1. August verschoben. Für Japan und Südkorea, zwei der größten US-Handelspartner, sind allerdings bereits Zölle von 25 Prozent ab Anfang August in Aussicht gestellt worden.

Andy Sommer, Axpo— Der Autor Andy Sommer ist seit 1992 als Analyst in der Energiebranche aktiv und bewertet seit 2008 für Axpo die globalen Märkte. Seit einigen Jahren führt er das Team „Fundamental Analysis & Modeling“, mit dem er für interne und externe Kunden Einschätzungen zu den Energiemärkten in Europa und weltweit erstellt. Das Team konnte mit seinen Services im Jahr 2021 den Energy Risk Award für „Research in European Power“ gewinnen. www.axpo.com —

Die Blogbeiträge und Kommentare auf www.pv-magazine.de geben nicht zwangsläufig die Meinung und Haltung der Redaktion und der pv magazine group wieder. Unsere Webseite ist eine offene Plattform für den Austausch der Industrie und Politik. Wenn Sie auch in eigenen Beiträgen Kommentare einreichen wollen, schreiben Sie bitte an redaktion@pv-magazine.com.

Dieser Inhalt ist urheberrechtlich geschützt und darf nicht kopiert werden. Wenn Sie mit uns kooperieren und Inhalte von uns teilweise nutzen wollen, nehmen Sie bitte Kontakt auf: redaktion@pv-magazine.com.

Popular content

Börsenstrompreis, Energy-Charts, Fraunhofer ISE
Erstmals negative Netto-Strompreise für Endkunden
24 Dezember 2025 Retrospektive 2025: Da Photovoltaik- und Windkraftanlagen am Sonntag für ein deutliches Überangebot sorgten, fiel der Strompreis auf bis zu -250 Euro...