In einem Konzeptpapier von BDEW, VKU und Deloitte ist der Finanzierungsbedarf für die Energiewende in Deutschland bis 2030 auf 721 Milliarden Euro und bis 2035 auf 1,2 Billionen Euro taxiert worden. Das Papier stammt bereits aus dem Juni 2024 und sollte vor allem neue Finanzierungsinstrumente anregen, damit die Kosten für die Energiewende durch die Unternehmen gestemmt werden können.
Am Freitag nun legte der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) nach und veröffentlichte Handlungsvorschläge, die einen „Neustart der Energiewende“ in Deutschland ermöglichen sollen. „Um den Wirtschaftsstandort Deutschland zu stärken, die Akzeptanz für die Energiewende zu erhalten und die Klimaziele erreichen zu können, ist eine Nachjustierung mit Fokus auf Kosteneffizienz notwendig“, begründete VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing den Vorstoß. Der VKU sieht die Energiewende an einem kritischen Punkt, denn ohne „System- und Kosteneffizienz orientiertes politisches Handeln werden die Transformationskosten volkswirtschaftlich nicht aufzubringen sein“. Eine Revision sei wichtig, wobei eine stärkere System- und Marktintegration der Erneuerbaren in das Zentrum rücken müsse. Vom Ziel eines 80-prozentigen Anteils Erneuerbarer am Bruttostromverbrauch und der Energiewende selbst will der VKU dabei nicht abrücken.
In seinen Handlungsempfehlungen geht der Verband auf verschiedene Bereiche ein, unter anderem auf den Netzausbau und die Stromerzeugung, wobei dem EEG ein eigener Unterpunkt gewidmet ist. Darin fordert der VKU eine Beendigung der Förderung von neuen Photovoltaik-Dachanlagen, die sich nicht* in der Direktvermarktung befinden. „Durch Eigenverbrauchs- und Zwischenspeicherkonzepte ist die Wirtschaftlichkeit von Neuanlagen schon heute ohne Einspeisevergütung mehr als ausreichend“, so der Verband. Zudem sollten Sonderförderungen, wie etwa für Agri-Photovoltaik, beendet werden. Auch die Innovationsausschreibungen will der VKU ersatzlos streichen. Darüber hinaus mahnt der Verband eine Diskussion über die Flächenrestriktionen an, die allesamt aufgehoben werden sollten. Statement des Verbands: „Deutschland hat bei PV-FFA kein Flächenproblem!“
Der VKU will den künftigen Ausbau mit seinen Vorschlägen stärker auf den Ertrag und die systemintegrierten Kosten ausrichten. „Ein zukünftiges Fördermodell muss eine effiziente Erzeugungs- und Standortwahl ermöglichen und darf Marktpreissignale für den Anlageneinsatz nicht verzerren. Das bisherige EEG-Fördersystem ist hierfür weniger geeignet, weshalb mittelfristig ein neues, produktionsunabhängiges Modell genutzt werden sollte. Ein neuer Fördermechanismus für Erneuerbare Energien (EE) sollte gewährleisten, dass der Anlageneinsatz nach Strompreissignalen erfolgt und Förderzahlungen diese Preisanreize nicht verzerren“, heißt es im dem Diskussionspapier. In dieser Hinsicht hätten auch die aktuell diskutierten Vorschläge von „Financial CfD“, bei denen sich die Förderung an der Produktion einer Referenzanlage orientiert, oder eine Investitionskostenförderung Vorteile, müssten jedoch „genauer ausbuchstabiert werden“.
Bessere Auslastung der Netze
Für den Netzausbau sieht der VKU die Notwendigkeit, die Stromnetze auf allen Ebenen zunächst höher auszulasten und Stromspeicher volkswirtschaftlich sinnvoll zu integrieren, um den Bedarf an neuen Leistungen zu senken. Dabei sollte der Fokus auf die Überbauung der Netzverknüpfungspunkte gelegt werden, wobei Photovoltaik- und Windkraftanlagen kombiniert oder mit einem Co-located-Speicher ausgestattet werden sollten. Wenn dies nicht möglich sei, sollte die Einspeiseleistung der installierten Anlagen begrenzt werden. Für Photovoltaik-Dach- und Freiflächenanlagen schlägt der VKU die Begrenzung auf 50 Prozent vor, für Wind on- und offshore auf 80 Prozent der installierten Leistung. Dies würde einen starken Anreiz zur Überbauung der Netzverknüpfungspunkte setzen.
Aus Sicht des Verbands sollte man sich beim Speicherausbau auf Co-Location-Standorte konzentrieren. In den vergangenen Monaten hat geradezu ein Run auf Netzanschlusskapazitäten für große Batteriespeicher eingesetzt. Nach pv magazine-Recherchen beliefen sie sich auf mehr als 340 Gigawatt bei den Übertragungs- und Verteilnetzbetreibern zum Jahresende. Auch der VKU greift diese aktuelle Situation auf. „Mangels eines tatsächlichen Bedarfs, wird nur ein Bruchteil dieser Projekte am Ende auch realisiert werden. Netzanschlussanfragen dürfen daher nicht als Umsonst-Reservierungen missbraucht (‚Mallorca-Handtuch-Effekt‘) und bei den Netzbetreibern hohe Prüfaufwände auslösen, sondern müssen ökonomisch gesteuert werden“, heißt es in dem Papier. Die Standorte für lukrative Stand-alone-Speicher könnten so über Baukostenzuschüsse gesteuert werden. Ihr Zubau sollte dort erfolgen, wo er hilft, Netzausbaukosten zu vermeiden. Für Photovoltaik-Heimspeicher schlägt der VKU eine Netzentgeltreform vor, um einen systemdienlicheren Betrieb der Systeme anzureizen.
Der VKU spricht sich auch für die Zahlung von Baukostenzuschüssen für Erneuerbaren-Anlagen aus. Bislang werden sie ohne Beachtung der anfallenden Netzausbaukosten geplant und umgesetzt. Bei der Offshore-Windenergie plädiert der Verband für eine Anpassung der Ausbauziele nach unten – statt 70 Gigawatt sollten 45 bis 50 Gigawatt angestrebt werden. Dies würde etwa die Hälfte des Übertragungsnetzausbaus ersparen. Damit ließen sich weit über 100 Milliarden Euro einsparen, bei Beibehaltung des Erdkabelvorrangs für HGÜ-Leitungen sogar voraussichtlich deutlich mehr als 200 Milliarden Euro, so der VKU in seinem Papier. So wundert es auch nicht, dass der Verband den Vorrang für Erdkabel abschaffen will.
Neben den großen Themen plädiert der Verband dafür, den Kapazitätsmarkt so kostengünstig wie möglich umzusetzen. Ein marktlich organisierter, technologieoffener Kapazitätsmarkt müsse zwingend auf die Aktivierung von Flexibilitäten auf Angebots- und Nachfrageseite abstellen. „Wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht, brauchen wir auch in Zukunft Kraftwerke, die kurzfristig einspringen können“, so Liebing. Für die notwendigen Investitionen sei es wichtig, dass auch die Vorhaltung von Leistungen auskömmlich vergütet werde.
Zur Finanzierung der Energiewende will der VKU einen Energiewendefonds schaffen. „Um das Chancen- und Risikoprofil für mögliche Investoren zu verbessern, sind staatliche Garantien und Bürgschaften geboten. Der Fonds würde privates Kapital für die Energiewende mobilisieren“, sagte Liebing.
Reaktion
Nina Scheer, Klimaschutz- und energiepolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, erklärte zum geforderten Förderstopp für Photovoltaik-Dachanlagen. „Angesichts des beträchtlichen Anteils, den das PV-Dachsegment einnimmt, wäre es verfehlt, gerade hier durch Direktvermarktungspflichten und Förderstopps die Anreize zu streichen und einen erneuten Solarenergie-Einbruch zu riskieren.“ Es gelte, Speicher noch stärker anzureizen – auch für Bestandsanlagen. „Förderbremsen und Vermarktungspflichten, wie nun von Seiten des VKU vorgeschlagen, riskieren mehr den Ausbau als benötigte Flexibilitäten anzureizen“, so Scheer weiter.
Anmerkung der Redaktion: Wir habe die Reaktion von Nina Scheer noch nachträglich in den Artikel eingebaut. Im oberen Teil haben wir zudem einen orthografischen Fehler korrigiert. Danke für den Hinweis.
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Die Vorreiter wie 1Komma5°, Sonnen und Enpal werden sich freuen, weil ihre Geschäftsmodelle bestätigt werden Der Uwe Dyroff wahrscheinlich nicht so sehr. Allerdings dürften seine Lachfalten weniger werden, das ist ja auch schon was.
Mein Lachfaltenstudio läuft gerade wieder auf 100%. 🤣
„Die Vorreiter wie 1Komma5°, Sonnen und Enpal werden sich freuen, weil ihre Geschäftsmodelle bestätigt werden“
https://www.pv-magazine.de/2025/03/10/bsw-solar-vku-vorschlaege-fuehren-eher-zu-markteinbruch-als-zum-neustart/?utm_source=dlvr.it&utm_medium=facebook
Hans Diehl,haben sie eine Geschäftsbeziehung zu den von ihnen genannten Unternehmen?
In welchem Sinne sollen die denn Vorreiter sein ?
Handwerk ist Vorreiter. Danach kommt lange Zeit nichts….vor allem nicht…
@ Jochen Schulze Pröbsting
Ich versichere Ihnen, dass ich keinen von diesen Personen persönlich kenne. Mich interessiert nur die Energiewende, und da sind sie mit ihren Geschäftsmodellen Vorreiter. Die sind Vorreiter für die künftige Energieversorgung, ich würde sie Energiemanager nennen. Oder kennen Sie einen Handwerksbetrieb, der seine Kunden mit ihren PV Anlagen und Heimspeichern so managt, dass sie zu einem virtuellen Großkraftwerk werden, und am Strommarkt teilnehmen.
Handwerk ist für die Subunternehmen. So wie ich das beobachtet habe, haben die da unter ihrem Namen Solateure zu einer Organisation vereint. Was nun auch seine Schattenseite zutage bringt, wie man den Veröffentlichungen vom Mitgründer Ph Schröder entnehmen kann. Von einigen haben sie sich auch wieder getrennt, und neue wollen sie künftig sorgfältiger aussuchen. Wahrscheinlich deshalb, weil ihr Image unter den weniger Guten leidet.
@jochen Schulze Pröbsting,
„Der Wachturm“ ist jetzt zugänglich bei pv magazine, permanent publiziert vom 1K5 Influencer.
Die Geschäftspraktiken dieser Firmen kann man zu Recht kritisieren. Die Onlinewerbung die ich ständig sehe, ist dermaßen Clickbait, das grenzt schon an Verbrauchertäuschung. Auch die Preismodelle sind oft frech und für den Kunden nur auf den ersten Blick vorteilhaft. Trotzdem haben die es geschafft jede Menge Solaranlagen zu errichten und darauf konnt es an. Aus der Sicht des Handwerksbetriebes sind diese Firmen wohl eine Plage, aus der Sicht des Unbeteiligten Energiewendebeobachters freue ich mich einfach nur über CO2 armen Strom, völlig egal wer den erzeugt.
Und wenn die Leistungen der Handwerker in jeder Hinsicht besser sind, wie hier ja oft behauptet wird, dann stellt sich die Frage warum so viele Kunden lieber bei Enpal und Co unterschreiben.
Selbermacher schreibt
Die Onlinewerbung die ich ständig sehe, ist dermaßen Clickbait, das grenzt schon an Verbrauchertäuschung.
@ Selbermacher.
Clickbait sind deren Werbung nur für diejenigen, die sich weniger mit der Energiewende, und den Möglichkeiten beschäftigen. Das sehen Sie ja daran, dass eine Klage gegen diese Werbungen abgewiesen wurde.
Also mir wird ständig angezeigt: „Stadt beschließt Solarhammer, sofort zuschlagen, nur wenige Tage“ dahinter steht dann ein enpal Angebot, dass absolut nichts mit aktuellen politischen Entscheidungen zu tun hat. Wenn das kein clickbait ist, weiß ich auch nicht. Oder von 1,5: „Experte bricht das Schweigen, Solaranlagen lohnen sich nur, wenn….“
@ Selbermacher
Sie müssen sich intensiv mit den Möglichkeiten der Energiewende beschäftigen, um zu erkennen was „Clickbait“ ist. Nehmen wir Ihre beiden Beispiele. Experte bricht das Schweigen. Diese reißerische Formulierung kommt ja nun nicht vom Experten sondern vom Schreiber. Und dass sich Solaranlagen nur lohnen „Wenn“ ist absolut richtig. Ähnlich verhält es sich bei Ihrem anderen Beispiel. Woher wissen Sie, dass das Angebot absolut nichts mit dem Solarhammer zu tun hat.? Ich versichere ein weiteres mal, ich habe nichts mit diesen Unternehmen zu tun, sondern stelle lediglich fest, dass deren Geschäftsmodelle Energiewende Konform sind.
wow – insgesamt ein konstruktiv-spannendes Papier des VKU, das mir besonders hier gefällt:
„Darüber hinaus sollte mindestens eine Diskussion über die Aufhebung aller Flächen-
restriktionen für PV-Freiflächenanlagen begonnen werden. Deutschland hat bei PV-
FFA kein Flächenproblem!“
Bin gespannt, wann das umgesetzt wird. Bitte auch an das Stichwort: „Raumbedeutsamkeit“ denken. Bei 10 Hektar sollte diese bitte nicht beginnen, sondern bitte erst bei 100 und mehr.
Man muss nur lesen, dann weiß man woher der Wind weht – Zitat: „Neben den großen Themen … den Kapazitätsmarkt so kostengünstig … . Ein marktlich organisierter, technologieoffener Kapazitätsmarkt … brauchen wir auch in Zukunft Kraftwerke, die kurzfristig einspringen können“, so Liebing. … Vorhaltung von Leistungen auskömmlich vergütet werde.“
Na klar, es geht um die 10+ GW Gaskraftwerke, die die Buddy’s vom VKU bauen wollen. Es geht um mehr fossiles Gas, mehr CO2.
Dafür muß zunächst die dezentrale PV weg, Siggi Pop und „der Dicke“ lassen grüßen.
Und auch V2H geht gar nicht, Großtechnologie ist erforderlich, obwohl die regelmäßig versagt und am Ende die Haushalte nur mehr Geld kostet.
Ohne flexible Kraftwerksleistung, die jederzeit regelbar zur Verfügung steht, wird mittelfristig keine stabile Energieversorgung möglich sein und das geht nicht ohne große Unternehmen. Gerade bei den kleinen privaten Dachanlagen stehen aber auch andere Aspekte im Vordergrund. Ich sehe da vor allem, dass eine große Bevölkerungsgruppen direkt von der Energiewende profitieren kann. So nimmt man bei der Energiewende die Bevölkerung mit und sorgt für breite Zustimmung. Komplizierte Vermarktungen stehen dem komplett im Weg und schließen Privatpersonen mit wenigen kW quasi aus. Die bisherige Regelung mit festen Einspeisevergütungen hat die Energiewende demokratisiert nd das sollte uns ein paar Cent wert sein.
E. Wolf schreibt.
Na klar, es geht um die 10+ GW Gaskraftwerke, die die Buddy’s vom VKU bauen wollen. Es geht um mehr fossiles Gas, mehr CO2.
@ E. Wolf.
Um einen Kapazitätsmarkt zu bedienen, müssen das nicht unbedingt Gaskraftwerke sein. Da gibt es auch noch zunehmend Speicher, die nach dem Merit Order Prinzip den Gaskraftwerken das Leben auf diesem Markt schwer machen können. Es heißt doch Technologie offen.
Ohne flexible Kraftwerksleistung, die jederzeit regelbar zur Verfügung steht, wird mittelfristig keine stabile Energieversorgung möglich sein und das geht nicht ohne große Unternehmen. Gerade bei den kleinen privaten Dachanlagen stehen aber auch andere Aspekte im Vordergrund. Ich sehe da vor allem, dass eine große Bevölkerungsgruppen direkt von der Energiewende profitieren kann. So nimmt man bei der Energiewende die Bevölkerung mit und sorgt für breite Zustimmung. Komplizierte Vermarktungen stehen dem komplett im Weg und schließen Privatpersonen mit wenigen kW quasi aus. Die bisherige Regelung mit festen Einspeisevergütungen hat die Energiewende demokratisiert nd das sollte uns ein paar Cent wert sein.
Zitat aus dem Artikel
Die Forderung nach einer disruptiven Abkehr vom EEG-Fördersystem habe man bisher nur als AfD-Forderung vernommen, zeigte sich der Verband irritiert. Zitat Ende
Auweia , soweit sind wir schon. Ich habe lange überlegt, ob ich mich trauen soll hier kundzutun, dass ich die Vorschläge vom VKU realistisch finde, ohne sofort als AfD Anhänger abgestempelt zu werden. Ich hoffe, dass die von der AfD nicht irgendwann einmal in ihrem Programm festschreiben 2+2 wäre 4.
Aber nun zur Sache, glaubt beim BSW Solar tatsächlich jemand neue PV Anlagen würden gebaut wegen EEG geförderten 8 oder 9 Cent Einspeisevergütungen ?