Mieterstrom spielt eine zentrale Rolle in der Energiewende. Er ermöglicht die lokale Erzeugung und Nutzung von Solarstrom, reduziert Netzbelastungen und bietet Mietern vergünstigte Strompreise – während Vermieter davon finanziell profitieren können. Doch trotz dieser offensichtlichen Vorteile bleibt das Potenzial von Mieterstrom bisher weitgehend ungenutzt. Woran liegt das? Und welchen Einfluss hat nun das jüngst verabschiedete Solarspitzen-Gesetz?
Mieterstrom: Ein Schlüssel zur Energiewende
Mieterstrom bietet mehrere Vorteile: Neben der direkten Nutzung erneuerbarer Energien vor Ort kann durch intelligente Steuerung eine effizientere Netznutzung erreicht werden. Zudem wird es zunehmend essenziell, dass erneuerbare Energieprojekte auch ohne staatliche Förderung wirtschaftlich tragfähig sind. Genau hier setzt Mieterstrom an – wenn die regulatorischen Rahmenbedingungen stimmen.
Die EEG/EnWG-Novelle: Risiko oder Chance?
Die jüngste EEG/EnWG-Novelle bringt eine erhebliche Änderung mit sich: In Zeiten negativer Strompreise wird die Einspeisevergütung ausgesetzt. Während dies Großanlagenbetreiber vor neue Herausforderungen stellt, könnte sich für Mieterstrommodelle eine innovative Chance ergeben. Denn Mieterstrom ist von Hause aus auf Verbrauchsoptimierung getrimmt – und diese kann so gesteuert werden, dass möglichst wenig Strom zu ungünstigen Marktbedingungen ins Netz eingespeist wird.
Mieterstrom als flexible Antwort auf volatile Märkte
- Zwei-Tarifsysteme als Standard: Mieterstrom basiert in der Regel auf zwei Tarifen für den Mieter: einem vergünstigten, lokal erzeugten Stromtarif und einem ergänzenden Netzstromtarif. Dies erlaubt eine wirtschaftliche Lenkungswirkung auf den Mieter, da sowohl Mieter, Vermieter als auch Netzbetreiber das gleiche Ziel haben, nämlich dass möglichst viel Strom zu den sonnenstarken Stunden abgenommen wird – genau die Zeit, wo das neue Gesetz greift.
- Speicher als zentrale Steuerungseinheit: Moderne Mieterstrommodelle setzen zunehmend auf intelligente Speicherlösungen. Diese können nicht nur die Eigenverbrauchsquote erhöhen, sondern auch Netzstrom zu günstigen Zeiten gezielt Zwischenspeichern. So kann, je nach Speichergröße, das Netz sogar entlastet werden.
- Viele Nutzer – großer Hebel: Bisher erfreuen sich variable Stromtarife keiner großen Beliebtheit, obwohl sie für die Netzstabilität unentbehrlich sind. Über Mieterstromanlagen können nun etliche Haushalte mit nur einem Projekt angesteuert werden. Das hilft in Punkto Netzentlastung, aber auch beim Rollout von Smart Meter Gateways, die aktuell zur Norm werden.
- Virtuelle Kraftwerke und Energy Sharing: Neue Technologien ermöglichen die Vernetzung mehrerer Anlagen zu virtuellen Kraftwerken. So lassen sich Erzeugung und Verbrauch über mehrere Standorte hinweg optimieren – ein Ansatz, der durch Energy Sharing weiter an Attraktivität gewinnt. Die Regulierung muss hier jedoch nachziehen, um diese Innovationen auch wirtschaftlich nutzbar zu machen.
- Akzeptanz in der Bevölkerung: Neben dem Netzausbau, größeren Speicherkapazitäten und intelligenter Verbrauchseinrichtungen ist es vor allem wichtig, dass die Energiewende von allen getragen wird. Durch Mieterstrom werden Win-Win-Situationen geschaffen. Der Vermieter kann überzeugt werden, mehr zu tun, denn er erzielt dadurch eine zusätzliche Rendite. Das unterstützt dann auch die Wärmewende. Somit wird privates Kapital freigeschaltet. Gleichzeitig hat die Hälfte der Bevölkerung, die in Wohnungen lebt, die Möglichkeit mit einer sehr geringen Schwelle direkt zu profitieren. Diese Chance müssen wir nutzen!
Problemfall Messkosten: Teure Zähler bremsen den Fortschritt
Ein Hindernis für den Durchbruch des Mieterstroms bleiben die Bürokratie und die hohen Kosten für intelligente Messsysteme. Smarte Steuerung ist essenziell, doch aktuelle Messentgelte müssten eigentlich günstiger werden statt teurer, sodass mehr Projekte mit Smart-Meter-Gateways errichtet werden. Neben den Kosten für den Messstellenbetreiber, einer etwaigen Abrechnungsdienstleistung und einer möglichen Bankrate muss genug Überschuss bleiben. Besonders kleine Projekte würden davon profitieren. Hier bedarf es dringend einer Reform, um Mieterstrom wirtschaftlich attraktiver zu gestalten.
Fazit: Mieterstrom als Teil der Lösung
Trotz regulatorischer Herausforderungen bietet Mieterstrom enormes Potenzial. Durch intelligente Steuerung, Speicherintegration und innovative Vernetzungskonzepte wird er nicht nur wirtschaftlich tragfähig sein, sondern auch zur Entlastung der Netze beitragen. Die Politik ist gefragt, bürokratische Hürden im Anmeldeprozess abzubauen und Rahmenbedingungen zu schaffen, die Mieterstrom nicht behindern, sondern als das fördern, was er sein kann: ein essenzieller Baustein der dezentralen Energiewende.
Profitieren werden wir alle, egal ob Installateur, Vermieter, Mieter, Staat oder Steuerzahler!
— Niklas Guttenberger ist einer der beiden Gesellschafter der Kalipe GmbH. Das Familienunternehmen besteht seit 27 Jahren und hat seinen Ursprung eigentlich in der Immobilienbranche. In den letzten Jahren wurde nun die Transformation zu einem Anbieter für nachhaltige Immobilienlösungen umgesetzt. Der größte Schwerpunkt liegt hierbei auf dem Thema Mieterstrom, das sich sehr gut mit anderen energetischen Maßnahmen kombinieren lässt. —
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Zitat: „Profitieren werden wir alle, egal ob Installateur, Vermieter, Mieter, Staat oder Steuerzahler!“
Sehr schön … nur für die örtlichen Energieversorger nicht. Dieser für eine zuverlässige Energieversorgung (und für die kommunale „Kasse“) immer noch wichtigste Akteur fühlt sich mehr und mehr abgedrängt. Resultat: Es wird blockiert, wie und wo es nur geht. Eine bessere Einbeziehung wäre dringend geboten.
Das Urteil zu Kundenanlagen kann allen Mieterstrom Modellen noch den Todesstoß versetzen. Denn nach der Lesart sind es Netzbetreiber mit allen Pflichten und Regeln.
Das Thema redet man sich seit Jahren schön weil es sich so toll anhört aber in der Realität bleiben die Anreize zu gering:
1. Stromverbrauch in einer Wohnung ist zu gering als das eine nennenswerte Ersparnis herauskommt
2. Der Vermieter hat den ganzen Aufwand inkl. Investitionskosten und keinerlei Vorteil
Bleibt mMn leider ein Nischenprodukt
Glücklicherweise ist das nur Ihre Meinung.
Eine Familie braucht zwischen 3000 und 4000 kWh pro Jahr.
Wenn man durch ein Balkonkraftwerk 10 Prozent des Verbrauchs durch eigenen Solarstrom ersetzen kann, spart man bereits einen dreistelligen Eurobetrag.
Es wird zu kompliziert gedacht, viele halten die Hand auf und der Mieter soll zahlen.
Sog. SmartMeter verteuern den „Spaß“ erheblich, Abrechnungsdienstleister wollen verdienen und der Hauseigentümer möchte eine Refinanzierung innerhalb von 5 Jahren – so wird das nichts.
Wenn der Hauseigentümer eine Volleinspeiseanlage aufbaut, haben die Mieter automatisch „Sonnenstrom“.
Für die Mieter sind PV Balkonanlagen idR simpler und viel einfacher, ohne Speicher!