Solarspitzen-Gesetz – Wird Mieterstrom zum Sorgenkind oder zur Lösung?

Niklas Guttenberger, Kalipe

Teilen

Mieterstrom spielt eine zentrale Rolle in der Energiewende. Er ermöglicht die lokale Erzeugung und Nutzung von Solarstrom, reduziert Netzbelastungen und bietet Mietern vergünstigte Strompreise – während Vermieter davon finanziell profitieren können. Doch trotz dieser offensichtlichen Vorteile bleibt das Potenzial von Mieterstrom bisher weitgehend ungenutzt. Woran liegt das? Und welchen Einfluss hat nun das jüngst verabschiedete Solarspitzen-Gesetz?

Mieterstrom: Ein Schlüssel zur Energiewende

Mieterstrom bietet mehrere Vorteile: Neben der direkten Nutzung erneuerbarer Energien vor Ort kann durch intelligente Steuerung eine effizientere Netznutzung erreicht werden. Zudem wird es zunehmend essenziell, dass erneuerbare Energieprojekte auch ohne staatliche Förderung wirtschaftlich tragfähig sind. Genau hier setzt Mieterstrom an – wenn die regulatorischen Rahmenbedingungen stimmen.

Die EEG/EnWG-Novelle: Risiko oder Chance?

Die jüngste EEG/EnWG-Novelle bringt eine erhebliche Änderung mit sich: In Zeiten negativer Strompreise wird die Einspeisevergütung ausgesetzt. Während dies Großanlagenbetreiber vor neue Herausforderungen stellt, könnte sich für Mieterstrommodelle eine innovative Chance ergeben. Denn Mieterstrom ist von Hause aus auf Verbrauchsoptimierung getrimmt – und diese kann so gesteuert werden, dass möglichst wenig Strom zu ungünstigen Marktbedingungen ins Netz eingespeist wird.

Mieterstrom als flexible Antwort auf volatile Märkte

  1. Zwei-Tarifsysteme als Standard: Mieterstrom basiert in der Regel auf zwei Tarifen für den Mieter: einem vergünstigten, lokal erzeugten Stromtarif und einem ergänzenden Netzstromtarif. Dies erlaubt eine wirtschaftliche Lenkungswirkung auf den Mieter, da sowohl Mieter, Vermieter als auch Netzbetreiber das gleiche Ziel haben, nämlich dass möglichst viel Strom zu den sonnenstarken Stunden abgenommen wird – genau die Zeit, wo das neue Gesetz greift.
  2. Speicher als zentrale Steuerungseinheit: Moderne Mieterstrommodelle setzen zunehmend auf intelligente Speicherlösungen. Diese können nicht nur die Eigenverbrauchsquote erhöhen, sondern auch Netzstrom zu günstigen Zeiten gezielt Zwischenspeichern. So kann, je nach Speichergröße, das Netz sogar entlastet werden.
  3. Viele Nutzer – großer Hebel: Bisher erfreuen sich variable Stromtarife keiner großen Beliebtheit, obwohl sie für die Netzstabilität unentbehrlich sind. Über Mieterstromanlagen können nun etliche Haushalte mit nur einem Projekt angesteuert werden. Das hilft in Punkto Netzentlastung, aber auch beim Rollout von Smart Meter Gateways, die aktuell zur Norm werden.
  4. Virtuelle Kraftwerke und Energy Sharing: Neue Technologien ermöglichen die Vernetzung mehrerer Anlagen zu virtuellen Kraftwerken. So lassen sich Erzeugung und Verbrauch über mehrere Standorte hinweg optimieren – ein Ansatz, der durch Energy Sharing weiter an Attraktivität gewinnt. Die Regulierung muss hier jedoch nachziehen, um diese Innovationen auch wirtschaftlich nutzbar zu machen.
  5. Akzeptanz in der Bevölkerung: Neben dem Netzausbau, größeren Speicherkapazitäten und intelligenter Verbrauchseinrichtungen ist es vor allem wichtig, dass die Energiewende von allen getragen wird. Durch Mieterstrom werden Win-Win-Situationen geschaffen. Der Vermieter kann überzeugt werden, mehr zu tun, denn er erzielt dadurch eine zusätzliche Rendite. Das unterstützt dann auch die Wärmewende. Somit wird privates Kapital freigeschaltet. Gleichzeitig hat die Hälfte der Bevölkerung, die in Wohnungen lebt, die Möglichkeit mit einer sehr geringen Schwelle direkt zu profitieren. Diese Chance müssen wir nutzen!

Problemfall Messkosten: Teure Zähler bremsen den Fortschritt

Ein Hindernis für den Durchbruch des Mieterstroms bleiben die Bürokratie und die hohen Kosten für intelligente Messsysteme. Smarte Steuerung ist essenziell, doch aktuelle Messentgelte müssten eigentlich günstiger werden statt teurer, sodass mehr Projekte mit Smart-Meter-Gateways errichtet werden. Neben den Kosten für den Messstellenbetreiber, einer etwaigen Abrechnungsdienstleistung und einer möglichen Bankrate muss genug Überschuss bleiben. Besonders kleine Projekte würden davon profitieren. Hier bedarf es dringend einer Reform, um Mieterstrom wirtschaftlich attraktiver zu gestalten.

Fazit: Mieterstrom als Teil der Lösung

Trotz regulatorischer Herausforderungen bietet Mieterstrom enormes Potenzial. Durch intelligente Steuerung, Speicherintegration und innovative Vernetzungskonzepte wird er nicht nur wirtschaftlich tragfähig sein, sondern auch zur Entlastung der Netze beitragen. Die Politik ist gefragt, bürokratische Hürden im Anmeldeprozess abzubauen und Rahmenbedingungen zu schaffen, die Mieterstrom nicht behindern, sondern als das fördern, was er sein kann: ein essenzieller Baustein der dezentralen Energiewende.

Profitieren werden wir alle, egal ob Installateur, Vermieter, Mieter, Staat oder Steuerzahler!

— Niklas Guttenberger ist einer der beiden Gesellschafter der Kalipe GmbH. Das Familienunternehmen besteht seit 27 Jahren und hat seinen Ursprung eigentlich in der Immobilienbranche. In den letzten Jahren wurde nun die Transformation zu einem Anbieter für nachhaltige Immobilienlösungen umgesetzt. Der größte Schwerpunkt liegt hierbei auf dem Thema Mieterstrom, das sich sehr gut mit anderen energetischen Maßnahmen kombinieren lässt. —

Die Blogbeiträge und Kommentare auf www.pv-magazine.de geben nicht zwangsläufig die Meinung und Haltung der Redaktion und der pv magazine group wieder. Unsere Webseite ist eine offene Plattform für den Austausch der Industrie und Politik. Wenn Sie auch in eigenen Beiträgen Kommentare einreichen wollen, schreiben Sie bitte an redaktion@pv-magazine.com.

Dieser Inhalt ist urheberrechtlich geschützt und darf nicht kopiert werden. Wenn Sie mit uns kooperieren und Inhalte von uns teilweise nutzen wollen, nehmen Sie bitte Kontakt auf: redaktion@pv-magazine.com.

Popular content

Pixabay, Geld, Abrechnung
Wie der neue Kompensationsmechanismus zur Verlängerung der EEG-Förderung wegen negativer Strompreisstunden im Detail funktioniert
07 Februar 2025 Mit dem Solarspitzen-Gesetz hat die Bundesregierung beschlossen, dass die Vergütung für Strom aus neuen Photovoltaik-Anlagen mit mehr als zwei Kilowat...