Modulausrichtung – ein unterschätzter Faktor bei der Photovoltaik-Stromernte

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Wer das Ziel hat, sich mit Hilfe von Photovoltaik auf den Weg zu einer möglichst hohen Energieautarkie zu begeben, braucht dazu nicht nur einen Batteriespeicher. Es lohnt sich auch, die physikalischen Grundlagen etwas genauer zu betrachten.

Damit die Photovoltaik-Anlage nicht nur im Sommer große Mengen an Strom erzeugt, welche mit Hilfe eines Speichers in die Nacht und bei größerer Dimensionierung eventuell auch in die nächsten (sonnenschwachen) Tage „transportiert“ werden können, sollte man beim Bau einen kritischen Blick auf die Ausrichtung der Module werfen.

Eine Untersuchung von 5073 Jahres-Datensätze von 480 Photovoltaik-Anlagen  in Baden-Württemberg, verifiziert und unterstützt durch eine Modellberechnung, ergab, dass
> Anlagen mit steilem Anstellwinkel der Module gegenüber Waagerecht und konsequenter Südausrichtung (Dachneigung/DN >45°; 180°Süd) am dunkelsten Tag des Jahres (21. Dezember) im Durchschnitt rund 1 Kilowattstunde pro Kilowattpeak und Tag ernten können.
> Ost- oder West-Anlagen mit flachem Anstellwinkel am dunkelsten Tag des Jahres (21. Dezember) im Durchschnitt nur rund 0,4 bis 0,5 Kilowattstunden je Kilowattpeak und Tag Strom erzeugen.
> der Gesamt-Jahresertrag beider genannten Ausrichtungen bei rund 85 bis 90 Prozent einer „ideal“ auf Jahresertrag ausgerichteten Anlage (DN: 40 bis 45°; 180° S; Süddeutschland) liegt.

Strom brauchen wir das ganze Jahr und jeden Tag. Häufig schwankt der tägliche Strombedarf im Jahresverlauf nur in einem schmalen Band. Will man also auch im Winter den Stromverbrauch durch möglichst viel eigenen Solarstrom decken, bestehen zwei Möglichkeiten. Entweder man richtet die Module ideal auf die Wintersonne aus (DN: 75 bis 80°; 180° S) oder man dimensioniert die Anlage einfach größer. Bei Anlagen mit Modulausrichtung nach Osten oder Westen muss die Anlage rund doppelt so groß, je nach Modulneigung sogar noch größer gebaut werden.

Möglicherweise kann auch die beste Modulausrichtung in einer ungünstigen Witterungsphase im Winter nicht den ganzen Tages-Strombedarf decken. Aber im Durchschnitt aller Wintertage erzeugt eine Anlage mit steiler Südausrichtung deutlich mehr Strom je Kilowattpeak als etwa nach Osten oder Westen ausgerichtete Anlagen. Wie gesagt im Durchschnitt, und letztlich aber auch in Summe könnte die richtige Ausrichtung von Photovoltaik-Modulen eine Menge Geld und knappe Ressourcen wie Fläche, Material, Energie und Arbeit sparen.

Leider findet diese Erkenntnis nach meiner Meinung bislang noch kaum Beachtung bei der Planung von Photovoltaik-Anlagen. Was machen wir eigentlich mit den Massen an Solarstrom im Sommer? Und wie wollen wir im Winter ausreichend Strom bereitstellen? Nach meiner Meinung wäre es an der Zeit, langsam anzufangen den physikalischen Grundlagen beim Ausbau der Photovoltaik mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Und auch die Politik sollte darüber nachdenken, ob uns das EEG 2023, zumindest was die Förderung der Photovoltaik anbelangt, wirklich erfolgreich in die Zukunft führen kann. Bislang ist jedenfalls der Umgang mit der Winterstrom-Problematik im EEG nach meiner Meinung noch nicht wirklich angekommen.

— Der Autor Werner Schmid beschäftigt sich seit rund 20 Jahren mit Themen wie der Energieeffizienzberatung in der Landwirtschaft, Erneuerbaren Energien und der Stromerzeugung durch Photovoltaik. Er stellt über die Homepage der Landesanstalt für Landwirtschaft, Ernährung und Ländlichen Raum (LEL) in Schwäbisch Gmünd bereits seit 2004 Kalkulationstools und Artikel zum Thema Photovoltaik zur Verfügung. https://lel.landwirtschaft-bw.de/pb/,Lde/Startseite/Unsere+Themen/Erneuerbare_Energien
> Photovoltaik_Rendite_Rechner_Vers_10_0_7 (Stand: August 2022)

> Vollständiger Artikel zu Thema: Photovoltaikstrom und Energiewende – Quo vadis? (Praxisuntersuchung zur Modulausrichtung und zum Thema Winterstrom) —

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