Mein Abschied von Josef Göppel

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Josef Göppel ist tot. Ich las die Nachricht eher zufällig im Zug ins Osterwochenende nach Franken, ganz in die Nähe des Städtchens Herrieden, in dem Josef Göppel Zeit seines Lebens verwurzelt war. Als gelerntem Förster musste man ihm über Nachhaltigkeit nichts erzählen. Josef Göppel war ein aufmerksamer Zuhörer, wenn man sein Interesse wecken konnte und er war ein brillanter wie bodenständiger Rhetoriker, wenn er seine Überzeugungen vermittelte.

Zum ersten Mal traf ich ihn bei der Mitgliederversammlung der von ihm gegründeten „Mittelfränkischen Gesellschaft zur Förderung der solaren Wasserstoffwirtschaft“, die im Nachbarlandkreis in meiner Heimat tagte. Als politisch noch weitgehend naiver Solaraktivist erlebte ich schon damals, dass er seinen Gesprächspartnern immer auf Augenhöhe begegnete. Göppel hatte sich damals in den Kopf gesetzt, inspiriert von den Ideen Ludwig Bölkows, modellhaft das vorweg zu nehmen, was die Bundesregierung nun dreißig Jahre später als eine Säule der künftigen Energieversorgung des viertgrößten Industrielandes der Welt umzusetzen plant: regenerativer Wasserstoff als nachhaltiger Energieträger.

Damals war Göppel Bezirkstagsabgeordneter und Kurator der Landwirtschaftlichen Lehranstalten in Triesdorf bei Ansbach. Die Verbindung von Landwirtschaft und Energiewirtschaft nahm er bereits vorweg zu einer Zeit als Menschen wie ich noch als Solarspinner bezeichnet wurden. So entstanden unter Göppels Antrieb in Kooperation mit dem regionalen Energieversorger (Fränkisches Überlandwerk, heute N-Ergie), erste pionierhafte Projekte, Photovoltaik-, Wasserstoff- und Biogasanlagen in der Landwirtschaft einzusetzen. Pionierarbeit war das nicht nur, was die Anwendung dieser damals für die meisten Bürger noch im Utopischen angesiedelten Techniken anbetrifft, sondern auch im politischen Raum für die Themen Nachhaltigkeit und erneuerbare Energien – später dann im Bayerischen Landtag und danach als Bundestagsabgeordneter.

Dass man als Politiker mit innovativen Ideen trotzdem bürgernah und konservativ verwurzelt sein konnte, bewies er, indem er sein Bundestagsmandat jedes Mal direkt gewann und sich damit in seiner Bundestagsfraktion auch eine parteipolitische Eigenständigkeit bewahrte, die ihn bisweilen anecken ließ. So stimmte er bei einer Abstimmung auch mal gegen die Fraktionsdisziplin für die Erneuerbaren.

Dass ihm solche Überzeugungstäterschaft in der eigenen Partei nicht nur Freunde machte, ließ er sich nie anmerken. Vermutlich verhinderte dies aber das ein oder andere Amt als Minister oder Staatssekretär, für das er zweifellos das Format gehabt hätte. Doch ihm ging es nie um Ämter um des eigenen Vorteils willen, sondern es ging ihm um Fortschritte in der Sache.

Meine letzte persönliche Begegnung mit Josef Göppel war zugleich die für mich persönlich bewegendste. Mit vielen Mitstreitern aus früheren Tagen organisierten wir 2015 in meiner Heimatgemeinde eine große Jubiläumsfeier zu „20 Jahren Photovoltaik in Pleinfeld“. Schon 1994 hatten ich mit zwei Freunden eine kleine und damals noch sehr teure Photovoltaik-Anlage gekauft und auf das Garagendach meiner Großeltern installiert.

Als Ehrengäste luden wir den damals aktiven Bundestagsabgeordneten Josef Göppel und den ehemaligen Bundestagsabgeordneten Hans-Josef Fell ein, der mit seinen Mitarbeitern das im Jahr 2000 beschlossene erste EEG initiiert und entworfen hatte. Göppel, das „grüne Gewissen der CSU“ (Süddeutsche Zeitung), und Hans-Josef Fell (Grüne) verband eine enge politische und persönliche Freundschaft. Die herzlichen Worte, mit denen Josef Göppel damals das frühe Engagement von uns einstigen Solarspinnern würdigte, berührten uns sehr.

Am Tag der Bundestagswahl 2017, zu der Josef Göppel nicht mehr antrat, schrieb ich ihm: „Wahltag ist – oder vielmehr sollte – ja der Festtag der Demokratie sein. Schade, dass die Bürger, die Parteien und die Institutionen das nicht so vertreten und inszenieren. Eine weitere Tatsache trübt gerade diesen Wahlsonntag: Sie treten nicht mehr an, Abgeordneter des Bundestages zu werden. Für alle umwelt- und energie-bewegten Menschen ist dies ein Verlust.

Mich persönlich macht es auch deshalb traurig, weil Sie für mich immer einer derjenigen Politiker sind und bleiben, die man als beredtes Zeugnis gegen die von den Medien „boulevardisierte Politik“ anführen kann. Ich glaube, dass viele Menschen so wie ich durch Ihre gute Arbeit das Vertrauen in unsere Demokratie nicht nur nicht verloren, sondern darin bestärkt wurden.“

Obwohl sich unsere Lebensläufe nur punktuell kreuzten, empfinde ich tiefe Trauer und werde ihn vermissen. Doch so kurz vor Ostern, dem christlichen Fest der Auferstehung, bleibt uns nicht nur die Erinnerung an einen beeindruckenden Menschen und ein nachhaltiges Vorbild. Sondern auch die Gewissheit, dass sein Wirken Früchte trägt – jeden Tag, an dem wir für die erneuerbaren Energien arbeiten.

 

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