EEG-Osterpaket bringt keine Verbesserung für normale Photovoltaik-Dachanlagen

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Darauf haben wir alle gespannt gewartet: Das erstmals grüne Bundeswirtschaftsministerium legt den Gesetzesentwurf für das EEG vor. Und was wird für die allermeisten Photovoltaik-Anlagen verbessert? Nichts! Gar nichts! Ich habe die 267 Seiten Referentenentwurf hinsichtlich Photovoltaik-Dachanlagen durchgearbeitet, und für normale Dachanlagen mit Eigenverbrauch wird null Komma null verbessert. Gerade mal eine weitere Verschlechterung durch das Sinken der Vergütung wird gebremst.

Dabei sind die Ausbauziele der EEG-Reform für Photovoltaik eigentlich gut: Eine Vervierfachung des jährlichen Zubaus, davon eine Verdreifachung innerhalb dieser Legislaturperiode. Doch die konkreten Maßnahmen, um diese starke Steigerung des Zubaus zu erreichen, sind unzureichend.

Besonders unverständlich ist die starke Benachteiligung von normalen Dachanlagen: Für die Freiflächenanlagen ohne Ausschreibungen wird die Vergütung um 40 Prozent erhöht. Für normale Dachanlagen wird aber die Vergütung gar nicht erhöht!

Bei Dachanlagen gibt es nur eine Verbesserung für Großanlagen von 300 bis 1000 Kilowatt Leistung, meist auf Gewerbedächern. Und es gibt eine neue Förderung für Anlagen ohne Eigenverbrauch, was für große Lagerhallen mit wenig Stromverbrauch gedacht ist, allerdings ist auch dafür die Vergütung zu niedrig. Es ist richtig, diese Potenziale von Großanlagen auch zu fördern. Aber wenn man den Zubau vervierfachen will, ist auch eine Förderungserhöhung bei den normalen Dachanlagen nötig, bei denen der Strom dezentral verbraucht wird.

Jahrzehntelang waren sich alle einig: Photovoltaik-Anlagen sollen bevorzugt auf viele Dächer statt in die Landschaft. Dadurch wurde auch die dezentrale Bürgerenergiewende in unserem Land ermöglicht: Über zwei Millionen Menschen betreiben heute ihr eigenes Kraftwerk.

Der Referentenentwurf des Bundeswirtschaftsministeriums für die Reform des EEG verlässt diesen Konsens und bringt starke Verbesserungen nur bei Großanlagen und Freiflächenanlagen, aber für normale Dachanlagen überhaupt nichts.

Die Politik wiegt sich in falscher Sicherheit, weil wir in den letzten Jahren einen starken Photovoltaik-Boom hatten. Doch der Boom hat sich 2021 schon stark abgeschwächt und steht vor dem Ende. Das Marktwachstum bei der Photovoltaik ist 2021 von 24 auf 8 Prozent gesunken. Die Rentabilität hat sich durch die sinkende Einspeisevergütung stark verschlechtert. Das zeigen Untersuchungen der Verbraucherzentrale NRW sowie des Öko-Instituts.

Da hilft es auch nicht, dass wegen Ukraine und Energiekrise sich momentan viele Leute sich für eine Photovoltaik-Anlage interessieren. Erstens hoffen wir schließlich alle, dass der Krieg bald vorbei ist. Die kurzfristige Motivation taugt nicht als Grundlage für die geplante Vervierfachung des Zubaus. Zweitens nützt es nichts, wenn bei Firmen wie bei uns das Telefon heiß läuft, aber die Leute am Ende doch keine Photovoltaik-Anlage bauen, weil es sich nicht genügend rentiert. Es gibt zwar auch Idealisten, die trotz fehlender Rendite eine Anlage bauen, doch die meisten Idealisten haben schon eine Anlage. Wenn wir den Zubau vervierfachen wollen, müssen wir die breite Masse motivieren und für die meisten hört bei einer Investition von Tausenden Euro der Idealismus schnell auf.

Nach einer umfassenden Analyse der Verbraucherzentrale NRW ist die Rendite einer typischen 10 Kilowatt-Anlage von Januar 2019 auf Juni 2020 stark gesunken: von 3,4 auf 2 Prozent.

In diesem Zeitraum sank die Einspeisevergütung um rund 20 Prozent. Seitdem sinkt die Einspeisevergütung noch stärker, bis April 2022 zusätzlich um knapp 30 Prozent. Hinzu kommen in jüngster Zeit die Kostensteigerungen sowie Zinserhöhungen. Die Rentabilität ist also mittlerweile noch viel weiter gesunken. Dass der Markt noch nicht geschrumpft ist, liegt nur daran, dass diese Fakten noch nicht in der breiten Masse angekommen sind. Nach dem Einbruch der Photovoltaik Mitte der 2010er Jahre war zuerst die Rendite deutlich gestiegen und erst mit zwei Jahren Verzögerung zog der Markt an. Es mussten sich erst die Fakten als allgemeine Stimmung verbreiten: „Photovoltaik rentiert sich wieder besser“. Aktuell stehen wir kurz davor, dass sich die Fakten als allgemeine Stimmung verbreiten – „Photovoltaik rentiert sich nicht mehr gut“.

Auch das Öko-Institut hat in seiner Stellungnahme zum Referentenentwurf die Wirtschaftlichkeit von Dachanlagen nachgerechnet, dass für alle Anlagentypen der geplante Vergütungssatz niedriger ist als die mittleren Stromgestehungskosten.

Der Boom bei Dachanlagen steht aufgrund der stark gesunkenen Rentabilität vor dem Ende, auch wenn es noch nicht bekannt ist, denn die Branche posaunt diese Fakten natürlich nicht hinaus. Wenn man diese Entwicklung umdrehen will und das Ziel ausgibt, dass sich bei Dachanlagen ebenso wie bei Freiflächenanlagen der Zubau innerhalb von vier Jahren verdreifacht, muss man den Anreiz stark erhöhen. Der entscheidende Hebel ist, die Vergütung zu erhöhen wie bei den Freiflächenanlagen.

Die weiteren kleineren Verbesserungen bei Dachanlagen helfen nicht viel, da diese nur kleine Marktsegmente betreffen.

Die Ausschreibungsgrenze für Dachanlagen wird von 750 Kilowatt auf 1 Megawatt angehoben und die unsinnige Auflage aus dem EEG 2021 für den Mindest-Eigenverbrauch, die das Segment Dachanlagen von 300 bis 750 Kilowatt hemmte, wird schrittweise aufgehoben. Das kann die Zubaumenge dieses Segments wieder auf den Stand vor der letzten EEG-Novelle bringen. Die fraglichen Mengen sind aber viel zu klein, um für die geplante Vervielfachung des Zubaus zu sorgen.

Für Dachanlagen wird alternativ zum bisherigen Standard der Eigenverbrauchsnutzung ein neuer Einspeisetarif für Anlagen mit Volleinspeisung geschaffen. Dieser ist um 36 bis 92 Prozent höher. Das ist eine prinzipiell interessante Alternative vor allem für Lagerhallen, in denen sehr wenig Strom verbraucht wird. Nach der Berechnung des Öko-Instituts in seiner Stellungnahme zum Referentenentwurf ist auch für diese Anlagentypen der geplante Vergütungssatz niedriger als die mittleren Stromgestehungskosten. Das ist also nur in besonders günstigen Fällen wirtschaftlich, wird also das Potenzial nur sehr teilweise erschließen. Zudem werden solche Anlagen auf Lagerhallen in der Regel von gewerblichen Investoren betrieben, die tendenziell höhere Renditeerwartungen haben. Außerdem ist aus meiner Sicht der Praxis dieses Geschäftsmodell schwierig zu verkaufen, denn die mit ganz großem Abstand wichtigste Motivation für den Kauf von Photovoltaik-Anlagen ist der psychologische Wunsch nach Unabhängigkeit von steigenden Strompreisen. Die realistischen Mengen dieses Segments sind viel zu klein, um für die geplante massive Steigerung des Zubaus zu sorgen.

Auch die Solarpflicht, beschränkt auf gewerbliche Neubauten, die später außerhalb des „Osterpakets“ eingeführt werden soll, wird ebenfalls nicht die nötigen Mengen bringen. Nach der Berechnung des Öko-Instituts in seiner Stellungnahme zum Referentenentwurf liegt das hierfür berechnete Potenzial (selbst bei der meines Erachtens zu optimistischen Annahme einer durchschnittlichen Anlagegröße von 90 Kilowatt) bei maximal 1,8 Gigawatt und damit nur bei 18 Prozent des Zielzubaus ab 2028.

Insgesamt bleiben die sonstigen Verbesserungen für Dachanlagen gering. Ohne Vergütungserhöhung wie bei Freiflächenanlagen bleibt der Schwung aus, der wie bei Freiflächenanlagen für eine Verdreifachung innerhalb von vier Jahren sorgen soll.

Die angeführte Begründung für diese Ungleichbehandlung ist falsch, wie jeder aus der Branche sofort sieht. Zur massiven Erhöhung der Vergütung bei Freiflächenanlage steht in der Gesetzesbegründung aus dem Referentenentwurf: „Die derzeitigen anzulegenden Werte stellen die Wirtschaftlichkeit von Freiflächenanlagen mit Leistungen unterhalb der Ausschreibungsschwelle in Frage. Dies ist auch darin begründet, dass die Kostenpositionen derzeit aufgrund der Kostensteigerungen und Lieferkettenschwierigkeiten steigen.“

Aber dies gilt ganz genauso für Dachanlagen! Die größten Kostenpositionen sind die Module und Wechselrichter, die selbstverständlich für Dachanlagen genauso wie für Freiflächenanlagen steigen. Wenn man kleine Unterschiede betrachten will, dann benötigen Freiflächenanlagen einen höheren Anteil an Unterkonstruktion, die wegen der Metallpreise teurer wurde. Andererseits benötigen Dachanlagen einen höheren Anteil an Elektroinstallationsmaterialien, die wegen der Kunststoffpreise ebenso teurer wurden. Unterm Strich gibt es höchstens winzige Unterschiede in den Kostensteigerungen bei Freiflächenanlagen und Dachanlagen. Damit ist nicht einmal ansatzweise die Ungleichbehandlung mit 40 Prozent Vergütungserhöhung bei Freiflächenanlagen und 0 Prozent bei Dachanlagen mit Eigenverbrauch zu rechtfertigen.

Soweit zum wichtigsten Änderungsvorschlag. Ich habe noch drei weitere gefunden, die durchaus wichtig sind, aber nicht so strittig. Da hat wohl keiner was dagegen, es hat wohl nur noch niemand entdeckt. Meine vollständige Analyse mit diesen Punkten 2 bis 4 finden Sie unter https://schrag-sonnenstrom.de/wp-content/uploads/EEG2023Analyse.pdf

Übrigens, um unnötige Diskussionen zu vermeiden: Natürlich gäbe es noch viele andere berechtigte Forderungen an eine EEG-Reform. Ich beschränke mich auf mein Gebiet der Photovoltaik-Dachanlagen und auf das, was im Schema des Referentenentwurfs kurzfristig realistisch zu ändern wäre.

Finden Sie es auch wichtig, die Förderung auch für die vielen normalen Photovoltaik-Dachanlagen zu verbessern, damit die landschaftsschonende dezentrale demokratische Bürger-Energiewende weitergeht? Kennen Sie Ansprechpartner in der Politik? Dann könnten Sie diesen Beitrag weiterleiten mit Bitte um Unterstützung.

— Der Autor Hermann Schrag ist Physiker und seit 30 Jahren Solarexperte. Er führt seit 20 Jahren das Unternehmen Schrag Sonnenstrom. —

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