Die Bundesregierung behauptet, die EU-Erneuerbaren Richtlinie sei durch das EEG 2021 umgesetzt worden. Warum aber verrät sie nicht, wo dies geschehen ist? Das Bündnis Bürgerenergie (BBEn) hatte gemeinsam mit der Energy Watch Group, der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie, dem Solarförderverein, der Europäischen Energiewende Community und weiteren Organisationen das Bundesministerium für Wirtschaft um Auskunft gebeten, an welchen Stellen des EEG 2021 (oder auch anderer Gesetze) insbesondere die Artikel 21 und 22 der Richtlinie umgesetzt werden.
Die kürzlich eingegangene Rückmeldung des Ministeriums beantwortet die Frage nicht, spricht in anderer Hinsicht aber Bände:
- Sie stammt nicht vom Minister, auch nicht vom zuständigen Referat, sondern vom „Bürgerdialog“.
- Zu zwei Dritteln befasst sie sich mit dem Thema „Corona“ und endet: „Das Bundeswirtschaftsministerium sieht mit dem rechtlichen Rahmen für die Eigenversorgung im deutschen Recht Art. 21 und Art. 22 der o.g. Richtlinie als vollständig umgesetzt an. Bedarf für weitere Umsetzung besteht aus unserer Sicht nicht. Bitte bleiben Sie gesund und achten auf sich und andere.“
Die unerträgliche Frechheit dieses Bescheids demonstriert eine Arroganz der Macht, die gegenüber dem bisher in dieser Hinsicht Bekannten eine neue Qualität darstellt. Eben dadurch macht sie aber auch das Ausmaß der dahinter stehenden Hilflosigkeit deutlich: Die Bundesregierung kann auf die Fragen des BBEn nicht mit dem in Mitteleuropa üblichen Anstand eingehen, ohne zuzugeben, dass es bei der Umsetzung der Richtlinie Defizite gibt. Oder wo findet sich in einem deutschen Gesetz die Vorschrift, dass
- „Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften berechtigt sind, … die mit Produktionseinheiten im Eigentum der Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft produzierte erneuerbare Energie gemeinsam zu nutzen“?
- „die bestehenden Hindernisse und das Entwicklungspotenzial von Erneuerbare- Energie-Gemeinschaften“ im Hoheitsgebiet der BRD bewertet werden müssen?
- ein Regulierungsrahmen geschaffen wird, „der es ermöglicht, die Entwicklung von Erneuerbare- Energie-Gemeinschaften zu unterstützen und voranzubringen“?
- „ungerechtfertigte rechtliche und verwaltungstechnische Hindernisse für Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften beseitigt werden“?
- „die Beteiligung an Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften allen Verbrauchern offensteht, auch jenen, die in einkommensschwachen oder bedürftigen Haushalten leben“?
Die von der Klimawissenschaft seit vielen Jahren vorhergesagten Extremwetterereignisse – jetzt sie sind da, hier in unserem sicherheitsbedachten Deutschland. Das Klimaschutz-Urteil des Bundesverfassungsgerichtes ist frisch – und da wagt es die Bundesregierung, mit unstatthaftem Benehmen die Chance der Ausweitung der Energiewende in die Städte und auf einen neuen Personenkreis abzubügeln?
Es ist auch kein Zufall, dass das Bundeswirtschaftsministerium, statt auf die Energiewende einzugehen, etwas von Corona schwadroniert. Die Corona-Pandemie soll ablenken von der eigentlichen Herausforderung: Unsere Energieerzeugung und unsere gesamte Wirtschafts- und Lebensweise umzustellen von der Zerstörung der Natur zur Zusammenarbeit mit ihr. Den rein auf Profitmaximierung ausgerichteten Unternehmen passt das natürlich nicht. Und diesen zuliebe hat die Bundesregierung die zentralen Inhalte der EU-Richtlinie nicht umgesetzt. Denn Millionen von Prosumern und Energie-Gemeinschaften nehmen diesen Unternehmen Kunden ab. Eine neue demokratisch strukturierte Energiewirtschaft kann entstehen.
Das Bündnis Bürgerenergie strebt nun bei der EU ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland an und plant weitere Aktivitäten zur Umsetzung der Richtlinie. Eine logische Konsequenz auf die Weigerung des Bundeswirtschaftsministeriums, eine klare und einfache Frage zu beantworten, wäre ein Sturm der Entrüstung der kompletten Energiewende-Bewegung.
— Der Autor Christfried Lenz, politisiert durch die 68er Studentenbewegung, Promotion in Musikwissenschaft, ehemals Organist, Rundfunkautor, Kraftfahrer und Personalratsvorsitzender am Stadtreinigungsamt Mannheim, Buchautor. Erfolgreich gegen CCS mit der BI „Kein CO2-Endlager Altmark“, nach Zielerreichung in „Saubere Umwelt & Energie Altmark“ umbenannt und für Sanierung der Erdgas-Hinterlassenschaften, gegen neue Bohrungen und für die Energiewende aktiv (https://bi-altmark.sunject.com/). Mitglied des Gründungsvorstands der BürgerEnergieAltmark eG (http://www.buerger-energie-altmark.de/). Seit 2013 verfügt der stellvertretende Sprecher des „Rates für Bürgerenergie“ im Bündnis Bürgerenergie (BBEn) über eine 100-prozentige Strom-Selbstversorgung durch Photovoltaik-Inselanlage mit 3 Kilowattpeak. —
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So haben schon jahrelang Lobbyisten – die INSM lässt grüßen – die verantwortlichen Politiker im Griff, und geben an was für die Energiewende nötig ist. Hat seither ja auch immer funktioniert. Ich erinnere nur an das Paradoxon das seit 2010 gilt. Nämlich die Tatsache, dass bei sinkenden Börsenpreise, wo die Versorger sich billigen Strom beschaffen können, für die Verbraucher die EEG Umlage steigt. Niedrige Börsenpreise übrigens das Geschäftsmodell der Zukunft für die„Altgedienten“ Der Ruf nach PV Pflicht lässt grüßen, das ist nämlich nach dem gegenwärtigen System der Garant für niedrige Börsenpreise.
Es ist erfreulich, dass das Bündnis Bürgerenergie sich diese energiepolitische Volksverdummung nicht mehr länger gefallen lassen will.
man kann es kaum glauben, was da vor sich geht und dann die „Werte“ der Politbarometer !!!! Ich habe mir auch von meinen mühsam erarbeiteten Millionen ein paar abgezweigt und ein Meinungsforschungsinstitut und ein paar Zeitungen gekauft und spiele nun mit. „tolle Studien sind in Arbeit“ und meine Studenten schreiben herrliche Kommentare ….
Das Verhalten des BMWi ist m. E. nicht auf Hilflosigkeit der zuständigen Stellen zurückzuführen, sondern auf puren Egoismus. Ein jeder der höheren Beamten und vielleicht auch Herr Altmaier selbst dürfte einen Teil seiner Ersparnisse in Energieaktien angelegt haben, und deren Werte gilt es nun zu schützen durch Verhinderung der dezentralen BÜRGERENERGIE. Dazu braucht es gar keine Einflussnahme durch Lobbyarbeit, es genügt der Aktienbesitz und ‚gesunder‘ Egoismus. Aktienbesitz wirkt sich m.E. genauso auf politische Entscheidungen aus wie passive Bestechlichkeit
Nein, Aktienbesitz könnte ja jeder. Das ist was für Dummies. Schauen Sie sich doch die Kursentwicklung von Eon und RWE an: Erst massiv gefallen, seitdem Stagnation.
Diese Kreaturen sind entweder von den Unternehmen in die Parlamente und Ministerien entsendet worden, um dort im Unternehmenssinne deren Interessen durchzusetzen. Die Listenplätze werden mit Parteispenden erkauft. Wer nicht auf diesem Weg an die Schaltstellen der Macht geraten ist, hofft, vor Eintritt des Rentenalters noch den Absprung zu schaffen auf einen lukrativen Beraterposten in einem der von ihm protegierten Unternehmen. Aktien sind viel zu unsicher. Sicher sind aber Einnahmen aus Unternehmen, die obwohl sie nur marginale Gewinne machen ihr Führunspersonal trotzdem fürstlich bezahlen. Ich hätte trotzdem keine Lust, mich daran zu beteiligen. Mich selber permanent für dumm zu verkaufen ist einfach nicht mein Ding.