Vereinbarte EU-Ziele sind direkter Weg in unbeherrschbare Heißzeit der Erde

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EU-Staaten und Europaparlament haben sich heute auf ein verbindliches Gesetz für Klimaneutralität bis zum Jahr 2050 verständigt, darin das Zwischenziel einer CO2-Reduktion um netto mindestens 55 Prozent bis 2030. Anders als vielfach kommentiert, können diese EU-Ziele keineswegs den bereits herrschenden Klimanotstand auf der Erde beenden, geschweige denn den Eintritt der Erde in eine unbeherrschbare irdische Heißzeit verhindern. Die Konsequenzen werden sein, dass es die menschliche Zivilisation wie wir sie heute kennen spätestens ab 2050 nicht mehr geben wird.

Heute bereits herrschen in weiten Teilen der Erde Hungersnöte, Stürme, großflächig abbrennende Wälder, Dürren, Überschwemmungen und viele weitere untragbare Katastrophen. Massenhafte Fluchtbewegungen und Kriege gehören zu den Folgen. Ursache ist eine schon heute mit Treibhausgasen überlastete Atmosphäre, doch die EU beschließt die hohen Treibhausgaskonzentrationen weiter nach oben zu treiben. Denn Klimaneutralität bis 2050 heißt nichts anderes, als dass es weiter hohe Treibhausgasemissionen geben wird.

Die Energy Watch Group hat im letzten Jahr bereits exakt belegt, dass eine angestrebte Klimaneutralität bis 2050 die Klimaziele von Paris verfehlt. „Politische Ziele, wie auch wissenschaftliche Szenarien, die nach 2030, also nach Überschreiten von 1,5 Grad Celsius noch die Nutzung fossiler Rohstoffe mit den zwangsläufig damit verbundenen Treibhausgasemissionen beinhalten, führen unausweichlich in eine Heißzeit.“

Eine einfach nachvollziehbare Berechnung zeigt dies eindrucksvoll auf: Die Erdtemperatur hat sich im Jahre 2020 bereits auf 1,2 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau aufgeheizt. Im letzten Jahrzehnt gab es einen Temperatursprung um knapp 0,2 Grad Celsius. In diesem Jahrzehnt bis 2030 wird der Temperatursprung nochmal deutlich höher liegen, da die mittlere Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre wegen weiteren Treibhausemissionen deutlich höher liegt, als im Jahrzehnt zuvor. Jede weitere Emission wird also den Temperaturanstieg pro Jahrzehnt nur weiter dramatisch erhöhen. Erst eine Senkung der Treibhausgaskonzentration von aktuell 420 ppm könnte in der Lage sein, den Temperaturanstieg zu stoppen oder gar umzukehren. Dies würde aber ein sofortiges Ende aller Treibhausgasemissionen plus die Schaffung großer Kohlenstoffsenken bedeuten.

Die heute beschlossenen EU Klimaziele sind also nicht einmal in der Lage, die in Paris verabschiedeten Klimaziele von 2 oder besser 1,5 Grad Celsius einzuhalten. Die EU befindet sich damit nicht mehr auf dem Boden des völkerrechtlich verbindlichen Pariser Klimaschutzabkommens von 2015.

Der aktuelle Klimanotstand auf der Erde kann höchstens noch durch eine Null-Emissionen-Wirtschaft verbunden mit Kohlenstoffsenken, wie Aufforstung und Bio-Landwirtschaft, bis 2030 verhindert werden. Voraussetzung hierfür ist eine weit vorangetriebene industrielle Fertigung von Null-Emissionen-Technologien, insbesondere Erneuerbare Energien. „Eine Transformation zu 100 Prozent RE kann schneller erfolgen als derzeit erwartet: Der Stromsektor kann bis 2030 transformiert werden, die anderen Sektoren bald danach. Mit politischem Willen scheint eine Transformation des globalen Energiesektors bis 2030-35 möglich “ so die Wissenschaftler der Global 100 Prozent RE Strategy Group in einer Joint Declaration.

Die hier für möglich gehaltene Vollversorgung Europas mit 100 Prozent erneuerbaren Energien, die den Kern eines wirksamen Klimaschutzes ausmacht und die zusätzlich wesentlich kostengünstiger ist das heutige klimaschädliche Energiesystem, spielt in der heutigen europäischen Einigung jedoch keine Rolle.

Fazit: Nur eine Politik, die an Nullemissionen und Kohlenstoffsenken bis 2030 orientiert ist, kann einen Beitrag liefern, der als wirksamer Klimaschutz bezeichnet werden kann. Die EU-Einigung missachtet nicht nur die Möglichkeit, sondern auch die Notwendigkeit, wirksamen Klimaschutz schnell zu verwirklichen.

— Der Autor Hans-Josef Fell saß für die Grünen von 1998 bis 2013 im Deutschen Bundestag. Der Energieexperte war im Jahr 2000 Mitautor des EEG. Nun ist er Präsident der Energy Watch Group (EWG). Mehr zu seiner Arbeit finden Sie unter www.hans-josef-fell.de. —

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