Agora Energiewende identifiziert vier europäische Regionen als geeignete Ausgangspunkte für Wasserstoff-Infrastruktur

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Die europäischen Stahl-, Ammoniak- und Chemieunternehmen benötigen künftig riesige Mengen an Wasserstoff, um ihre CO2-Emissionen im Einklang mit den EU-Klimazielen zu reduzieren. Agora Energiewende zufolge wird die Wasserstoffnachfrage der Industrie in den EU-Mitgliedstaaten bis 2050 rund 270 Terawattstunden betragen. Etwa die Hälfte davon entfällt auf die Stahlproduktion. Ein Potenzial, das dem Think Tank zufolge für die Umrüstung des europäischen Gasnetzes auf Wasserstoff genutzt werden sollte – es sei sinnvoll, bei der Planung von den Standorten auszugehen, bei denen sich schon heute eine große Nachfrage abzeichnet. „Andernfalls bestehe die Gefahr ein überdimensioniertes Wasserstoffnetz zu schaffen, das die Kosten in die Höhe treibt“, sagt Frank Peter, Leiter Industrie bei Agora Energiewende.

In einer mit dem internationalen Beratungsunternehmen Afry Management Consulting erstellten Studie haben die Agora-Experten jetzt vier Korridore identifiziert, die als Ausgangspunkte für den Aufbau einer Wasserstoff-Infrastruktur besonders geeignet sind. Die Nachfrage nach Wasserstoff ist dabei aber nur ein Kriterium – günstige Zugang zu Ökostrom, etwa aus Photovoltaik- oder Offshore-Windenergie-Anlagen ist ein zweites zentrales Kriterium.

Einer dieser Korridore verläuft in einem breiten Streifen parallel zur Nordsee- und Ärmelkanalküste zwischen Niedersachsen und dem Nordosten Frankreichs, die Niederlande und Belgien inklusive. In dieser Region sind bereits einige große Wasserstoff-Projekte geplant. So wollen etwa BP, Evonik, Nowega, OGE und RWE Generation bis Ende 2022 zwischen Gelsenkirchen und Lingen Deutschland erstes öffentlich zugängliches Wasserstoffnetz aufbauen. Uniper und der Hafenbetrieb Rotterdam loten aktuell die Möglichkeiten zur Produktion von grünem Wasserstoff auf der Maasvlakte aus, ein großes Industrie- und Hafengebiet bei Rotterdam.

Ein zweiter Standort findet sich im Osten und Süden Spaniens. Auch hier gibt es bereits konkrete Pläne: Ein internationales Konsortium will in der Region Valencia einen 100-Megawatt-Elektrolyseur installieren, der Wasserstoff für die dortige Keramikindustrie produziert. Einen dritten Korridor sehen die Experten im Norden und Osten Polens. Als vierte Region nennt Agora Energiewende einen Korridor zwischen Rumänien, dem Osten Bulgariens und Nordgriechenland.

„Wasserstoff steht in Europa aktuell vor dem Henne-Ei-Problem: Bislang verhindern vergleichsweise hohe Technologiekosten den Einsatz von klimaneutralem Wasserstoff bei industriellen Prozessen. Ohne diese Nachfrage stockt wiederum der Ausbau des Wasserstoffnetzes“, sagt Peter. Mit einer gut ausgebauten Wasserstoffinfrastruktur und einem zunehmenden Einsatz von Wasserstoff sänken die Kosten nachhaltig. Gleichzeitig sei auch klar, dass der künftige Wasserstoffeinsatz insgesamt weitaus kleiner als der heutige Gasbedarf ausfalle. Im Jahr 2050 könnte der gesamte Wasserstoffverbrauch zwischen 1.000 und 2.000 Terawattstunden pro Jahr liegen, verglichen mit etwa 4.600 Terawattstunden Erdgasbedarf im Jahr 2017.

 

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