Reaktionen auf EEG-Entwurf: „Albtraum für Photovoltaik-Eigenversorger“

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„Die geplante EEG-Novelle wird für Unternehmen, die selbst erzeugten Photovoltaik-Strom auch selbst nutzen möchten, zu einem Albtraum“, mit diesen Worten kommentiert Fenecon-Geschäftsführer Franz-Josef Feilmeier den am Mittwoch vom Bundeskabinett verabschiedeten Entwurf für die EEG-Novelle 2021. Mit den geplanten Änderungen werde das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 mehr als gefährdet. Feilmeier spricht weiter von einer „Energie-Planwirtschaft“. „Photovoltaik-Sozialismus statt Marktwirtschaft wird jedoch zu einer Vielzahl von Problemen führen“, so seine Prognose.

Auch die Grünen sind enttäuscht von den vorgelegten Plänen, die nach ihren Einschätzung „keine Ausbau-Dynamik“ bei Photovoltaik und Windkraft auslösen werden. „Damit die niedrigen Ausbauziele von Minister Altmaier die klimapolitischen Vorgaben aus Brüssel erfüllen, bedient er sich eines Tricks: Er nimmt an, dass der Stromverbrauch in Deutschland bis zum Jahr 2030 leicht sinkt. Dadurch braucht es deutlich weniger PV- und Wind-Anlagen“, so die Einschätzung von Julia Verlinden, energiepolitische Sprecherin der Grünen, und Fraktionsvize Oliver Krischer. Die Partei hätte sich eine weitergehende Entbürokratisierung gewünscht sowie mehr Engagement beim Mieterstrom und Bürgerenergie.

Der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) mahnt besonders zwei kritische Punkte an. So werde die geplante Novelle zu einem deutlichen Rückgang des Zubaus bei Photovoltaik-Dachanlagen führen und der Weiterbetrieb von ausgeförderten Anlagen sei nicht gesichert. Zudem werde „, solare Eigenerzeuger systematisch diskriminiert und eine riesige Chance für den dringend notwendigen Ausbau von Speichern bleibe ungenutzt“, hieß es weiter. Während der Ressortabstimmung habe das Bundeswirtschaftsministerium nur geringe Zugeständnisse gemacht. „Jetzt sind die Abgeordneten des Bundestages gefordert, einen Solar-Rollback zu verhindern und aus dem vorliegenden Kabinettsentwurf ein Solarbeschleunigungsgesetz zu machen,“ erklärte Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig.

Nach den im BSW-Solar vertretenen Photovoltaik- und Speicherunternehmen sind vorrangig an drei Punkten Nachbesserungen dringend erforderlich. Der Verzicht auf Eigenverbrauch bei großen Dachanlagen sollte keine Voraussetzung für die Teilnahme an Ausschreibungen sein. Das Bundesumweltministerium habe während der Konsultationen bereits versucht, die Kollegen zu einem Verzicht auf den Systemwechsel zu überzeugen. Herausgekommen sei jedoch lediglich eine Abmilderung. So Wird die Leistungsgrenze erst einmal nicht auf 100 Kilowatt, sondern 500 Kilowatt gesenkt, ab denen die Teilnahme an Auktionen bei Dachanlagen verbindlich sein soll. Die leichte Aufstockung des Ausschreibungsvolumens auf 250 Megawatt 2021 und 2022 sei ein Nullsummenspiel, da diese Menge von der förderbaren Solarstromleistung kleinerer Dächer abgezogen werde und das aktuelle Marktvolumen des Segments nicht im Ansatz widerspiegele.

Auch bei den Post-EEG-Anlagen müsse erheblich nachjustiert werden. Die Belastung des Eigenverbrauchs aus den ausgeförderten Anlagen mit 40 Prozent EEG-Umlage mache eine Nachrüstung mit Speichersystemen unrentabel. Zudem wird die Einführung weiterer Auflagen zum Messen und Steuern vom BSW-Solar kritisch gesehen, da dies unverändert auch für die kleinsten Photovoltaik-Anlagen vorgesehen ist. Der geplante Smart-Meter-Zwang für alle neuen Anlagen ab einem Kilowatt Leistung werde auch negative Auswirkungen auf dieses Segment haben. „Es ist nicht nachvollziehbar, warum selbst eine Handvoll Solarmodule auf Eigenheimen künftig mit teuren fernsteuerbaren Messsystemen ausgestattet werden sollen. Das erhöht weder die Netzstabilität noch die Systemeffizienz und ist gänzlich unverhältnismäßig“, so Körnig.

Weitgehend unverändert auch die Einschätzung beim Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne): „wenig Inspiration und Innovation“. Immerhin will sich der Verband bei den geplanten Ausschreibungen für Photovoltaik-Dachanlagen ab 500 Kilowatt „konstruktiv einbringen“. Diese müssten möglichst unbürokratisch umgesetzt werden. Ein Bedarf an Vereinfachungen gebe es jedoch auch noch an vielen anderen Stellen. Der bne verwies zudem auf seine eigene Anregung, die Standortkommunen von Solarpark stärker finanziell an den Projekten beteiligen zu wollen. Ausdrücklich begrüßt wird von bne die von Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) in einer Protokollerklärung geforderte Einführung einer Photovoltaik-Pflicht im Gebäudebereich.

Enttäuscht, wenngleich auch nicht überrascht, zeigt sich der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE). Die Argumente aus der zeitlich sehr knapp bemessenen Verbändeanhörung fanden fast schon erwartungsgemäß kaum Berücksichtigung. Lediglich durch den Entwurf neu geschaffene Hürden wurden teilweise wieder abgeschwächt“, kritisierte BEE-Präsidentin Simone Peter. Der Verband fordert daher weiter umfassende Nachbesserungen im parlamentarischen Prozess, die er sich bereits vor der Beschlussfassung des Kabinetts gewünscht hätte. „Das parlamentarische Verfahren ist jetzt essentiell, um im Gesetz die notwendige Rolle der erneuerbaren Energien für die Energiewende herauszuheben. Es braucht Zubau aller erneuerbarer Technologien im ganzen Land, einen Schub für Innovation und eine zusätzliche Dynamik“, so Peter weiter.

„Kein großer Wurf“ heißt es von der Plattform Erneuerbare Energien Baden-Württemberg. Sie fordert deutlich ambitioniertere Ausbauziele, um Energiewende, Klimaziele und Sektorkopplung zu bewältigen. Dabei sei besonders kritisch, dass die Einspeisevergütungen bei Photovoltaik-Anlagen zu schnell sinken würden. Wir erleben mit der aktuellen EEG-Novelle jedoch in einigen Segmenten, dass die Absenkung der EEG-Vergütung deutlich stärker ausfällt als die Kostensenkung. Zu berücksichtigen ist, dass die Anlagenkosten nur einen Bruchteil der Gesamtkosten darstellen. Viele Anlagen sind damit an der Grenze zur Wirtschaftlichkeit“, so Geschäftsführer Franz Pöter. Die Vereinigung plädiert dafür, die Vergütung an Ausbaustufen statt an zeitliche Komponenten zu koppeln. Pöter warnt auch davor, dass die geplanten Ausschreibungen für große Dachanlagen zu einem „Wirrwarr“ wegen der neuen Photovoltaik-Pflicht in Baden-Württemberg führen könnten. „Es ist völlig unklar, was passieren würde, wenn die Anlage keinen Zuschlag erhält“ so Pöter. „Ist die Solardachpflicht dann für sie erloschen?“

Das Karlsruher Institut für Technik (KIT) weist daraufhin, dass Annahmen für den Bruttostromverbrauch weiter viel zu niedrig seien. Die Ausbau-Anstrengungen müssten in der Realität deutlich intensiviert werden. Zudem brauche es neue Marktmechanismen. „Wenn im Gesetzesentwurf vom Markt die Rede ist, geht es eigentlich immer nur darum, dass erneuerbare Energien in der Lage sein sollen, sich ohne Subventionen zu refinanzieren“, kommentiert Philipp Staudt, der am Institut für Wirtschaftsinformatik und Marketing des KIT. „Das ist aber in Verbindung mit einem Ausbauziel 65 und langfristig sogar 100 Prozent gar nicht so einfach. An windigen und sonnigen Tagen kann der Preis schon heute auf null oder unter null sinken. Wer stellt ein teures Windrad auf, wenn sich damit kein Geld verdienen lässt?“ Es brauche also neue Geschäftsmodelle, wobei vor allem die Elektromobilität viele Chancen biete. Diese werde aber in dem Gesetzesentwurf, abgesehen von einem Passus zur Weitergabe der EEG-Umlage, gar nicht erwähnt, so Staudt.

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) sieht viel Positives für die Photovoltaik im angepassten EEG-Entwurf. „Die jetzt geplante dauerhafte Grenze der Teilnahme ab 500 Kilowatt ist ein wichtiger Beitrag zum forcierten Ausbau der Photovoltaik auf den Dächern“, heißt es vom Verband. Zudem sei das Ausschreibungsvolumen „moderat angehoben“. „Wichtig ist dabei jedoch, dass es auch weiterhin eine Wahlmöglichkeit zwischen der Teilnahme an der Ausschreibung und der Nutzung eines Daches für den Eigenverbrauch gibt“, so der BDEW weiter. Auch sei der Mieterstrom-Zuschlag, wie vom Verband vorgeschlagen, nochmals angehoben worden. „Auch für ausgeförderte Anlagen über 100 Kilowatt sieht der Regierungsentwurf nun eine Anschlusslösung bis Ende 2021 vor, die in diesen Fällen für eine sehr kurze Zeit grundsätzlich sinnvoll erscheint“, kommentiert der Verband den verabschiedeten Entwurf weiter. Diese Förderung sollte jedoch erheblich gesenkt werden, um für Anlagenbetreiber noch einen deutlicheren Anreiz zu bieten, in die Direktvermarktung zu wechseln. Eher problematisch findet der BDEW,  dass die Eigenverbrauchsprivilegierungen nicht weitreichend genug angepasst wurden.

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