Der Ausbau der erneuerbaren Energien mit dem EEG ist eine Erfolgsgeschichte für ganze Landstriche und Regionen. Eine bürgerlich-gemeinschaftlich organisierte und nachhaltige Energiewende hin zu 100 Prozent erneuerbaren Energien erzielt privatwirtschaftliche Gewinne, sichert und schafft Arbeitsplätze, erhöht die gesellschaftliche Mitgestaltung und dadurch politische Teilhabe auf lokaler Ebene und kann kommunale Haushalte sanieren. Mal ganz abgesehen davon, dass die Erneuerbaren der einzige Weg sind, um die Klimakrise einzudämmen.
Ein besonders gutes Beispiel für den Erfolg des EEG und der Energiewende als solche ist der Rhein-Hunsrück-Kreis in Rheinland-Pfalz. Noch im Jahr 1995 bezog der Kreis 100 Prozent seines Stroms aus fossilen und atomaren Energieträgern und ließ sich als „strukturschwach im ländlichen Raum“ beschreiben. Für den Energieeinkauf mussten damals im Landkreis etwa 300 Millionen Euro ausgegeben werden, weshalb der Landkreis mit Abwanderung und erheblicher ökonomischer Schwäche zu kämpfen hatte. Verschuldungen der öffentlichen Hand nahmen kontinuierlich zu, weshalb es kaum Investitionen in Infrastruktur und Bildung geben konnte.
Heutzutage liegt die öffentliche und private Verschuldung des Landkreises bei etwa 20 Prozent der durchschnittlichen kommunalen Verschuldung von Rheinland-Pfalz, dank der Gewinne aus dem Export der Überproduktion erneuerbarer Energien von jetzt jährlich 44 Millionen Euro und der Vermeidung des Bezugs von 300 Millionen Euro konventioneller Energiekosten. Viele Kommunen des Landkreises sind heute schuldenfrei und können daher erheblich in Infrastruktur, Bildung und Tourismus investieren, ermöglicht durch das EEG und das besondere Engagement der dort lebenden BürgerInnen für die erneuerbaren Energien seit 2000.
Die Arbeitslosenquote sank auf 3,5 Prozent, besonders für ländliche Räume ein erstaunlich niedriger Wert und der Tourismussektor wächst stetig. Mittlerweile hat die Region eine globale Strahlkraft entwickelt und zieht Experten aus der ganzen Welt an, um sich dort über erneuerbare Energien zu informieren.
Bürgerstrom, Energie von BürgerInnen für BürgerInnen, ist das nachhaltige Erfolgsrezept der Region. Denn der Ausbau der Erneuerbaren – vor allem mit Hilfe des EEG – führte schließlich zu einer Produktion von 300 Prozent des benötigten Stroms, Tendenz steigend. Statt jährlichen kommunalen und privaten Ausgaben von ca. 300 Millionen Euro in 1995 für fossile und atomare Energie, haben die Gemeinden nun Rücklagen von 84 Millionen Euro, mit denen Zukunftsprojekte vorangetrieben werden können.
E-Mobilität vor Ort, Speichertechnologie, Ausbau der Infrastruktur und nachhaltiger Tourismus können nun vorangetrieben werden. Projekte von denen alle profitieren, finanziert durch das EEG.
Empfehlenswert hierzu ist ein Kurzfilm, den der Filmemacher Karl Fechner im letzten Jahr produziert hat: „Der Rhein-Hunsrück-Kreis – Heimat der Energiewende-Vormacher!“ Der Film zeigt die Menschen hinter der Energiewende und führt eindrucksvoll vor Augen, was der Ausbau der Erneuerbaren alles bewirken kann.
Diese und viele andere Erfolgsgeschichten wurden durch bürgerliches, politisches und unternehmerisches Engagement ermöglicht, aber eben auch durch einen gesetzlichen Rahmen, der genau solch einen Ausbau der Erneuerbaren unterstützte. Das EEG war hierfür der entscheidende Rahmen.
Der Wechsel vom EEG-System der Einspeisevergütung zu Ausschreibungen, erst im Bereich der Solarenergie (2012) und dann in der Windenergie (2017), führt nicht nur zu einem Fiasko für die Bürgerenergie, sondern auch zu eklatant niedrigerem Zubau an Erneuerbaren insgesamt und damit vorerst zu einem Absterben der jeweiligen Industrie. Die Solarbranche in Deutschland ist hierfür ein hervorragend trauriges Beispiel.
Es gibt auch einige andere Erfolgsbeispiele ähnlich dem Rhein-Hunsrück-Kreis, doch gibt es keine ähnlichen Entwicklungen mehr in jüngster Zeit. Dies liegt vor allem am Niedergang des Ausbaus der erneuerbaren Energien hervorgerufen durch den Wechsel von fester Einspeisevergütung zu Ausschreibungen. Genau dieser hat den bürgerlichen Ausbau der Erneuerbare Energien so stark dezimiert, dass großflächige Erfolgsaktivitäten wie im Hunsrück nicht mehr möglich sind. Daher sind die Investitionen seit 2013 erheblich eingebrochen, insbesondere im privaten Bereich. Dabei wären genau solche Investitionen die entscheidende Grundlage, um in strukturschwachen beispielsweise vom Kohleausstieg betroffenen Regionen neue Jobs und auch kommunales Einkommen zu schaffen.
Eine Rückkehr zu einem modernen EEG mit festen Einspeisevergütungen ist also auch bedeutsam, um ländliche Entwicklungen voranzutreiben und damit der Landflucht und einer weiteren Urbanisierung Einhalt zu gebieten.
— Der Autor Hans-Josef Fell saß für die Grünen von 1998 bis 2013 im Deutschen Bundestag. Der Energieexperte war im Jahr 2000 Mitautor des EEG. Nun ist er Präsident der Energy Watch Group (EWG). Mehr zu seiner Arbeit finden Sie unter www.hans-josef-fell.de. —
Die Blogbeiträge und Kommentare auf www.pv-magazine.de geben nicht zwangsläufig die Meinung und Haltung der Redaktion und der pv magazine group wieder. Unsere Webseite ist eine offene Plattform für den Austausch der Industrie und Politik. Wenn Sie auch in eigenen Beiträgen Kommentare einreichen wollen, schreiben Sie bitte an redaktion(at)pv-magazine.com
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Die Lösung mit den festen Einspeisevergütungen war sinnvoll, solange die Infrastruktur für den Aufbau Erneuerbarer Leistungen erst noch geschaffen werden musste. Die Anfang der 2000er Jahre installierten Leistungen waren im Verhältnis zu den konventionellen Erzeugungsleistungen so gering, dass die Volatilität ihrer Stromproduktion niedrig war im Vergleich zur Volatilität auf der Verbraucherseite.
Die festen Rahmenbedingungen gaben den Akteuren die notwendige Planungssicherheit.
Die Starrheit des Systems führte allerdings auch zu einer zeitweilig starken Überförderung, als nach 2008 die Zinsen und damit die Finanzierungskosten, die bis dahin einen wesentlichen Kostenfaktor dargestellt hatten, unerwartet stark sanken. Die Folge war eine Explosion der Installationszahlen und ein starker Anstieg der EEG-Zulage, was zu entsprechenden, teilweise durchaus berechtigten, Polemiken führte. Ironischerweise war es ausgerechnet die CDU-FDP-Koalition, die die eigentlich erforderliche schnelle Anpassung der Einspeisetarife verschlafen hat.
Auch dem Markt hatte dieser plötzliche Anstieg der Installationszahlen mit darauffolgender ebenso plötzlicher Reduktion nicht gut getan. Zeitweise stiegen die Modulpreise wegen der hohen Nachfrage sogar wieder, mit anschließend umso heftigerem Absturz, dem u.a. Solarworld zum Opfer fiel.
Im Bereich der PV haben sich die Ausschreibungen bewährt: Sie führen zu marktgerechten Preisen mit schneller Anpassung an die aktuellen Marktverhältnisse, geben den Investoren ausreichende Planungssicherheit und erlauben eine Steuerung der Installationszahlen. Leider wird diese Steuerungsmöglichkeit derzeit dazu genutzt, weniger zu installieren, als technisch möglich wäre und was wir bräuchten, um die international eingegangen Verpflichtungen zur CO2-Reduktion zu erfüllen. Eine Änderung der Mehrheitsverhältnisse im Bundestag und der Prioritäten in der SPD könnte da vielleicht Besserung bringen. Um den Einfluß der Politik etwas zu begrenzen, wäre es außerdem wünschenswert, dass die Einspeisevergütungen für Anlagen unter 750kW an die Ergebnisse der Auktionen geknüpft werden. Nur noch die Kleinanlagen-Aufschläge müssten dann politisch festgelegt werden. Außerdem müssten weitere Installationen mit dem Aufbau von Batteriespeichern verknüpft werden, um den Abregelbedarf gering zu halten und das Ausland als Aufnehmer von temporärer Überproduktion zu entlasten. Gleichzeitig würde der zwischengespeicherte Batteriestrom die Kohlekraftwerke weitgehend zurückdrängen, weil sie nur noch in längeren Dunkelflauten als Reservekraftwerke angeworfen werden müssten.
Im Bereich der Windkraft funktionieren die Ausschreibungen nicht gut. Hier sind die Vorlaufkosten der Investoren zu hoch, bis sie in den Auktionen mitbieten können, mit dem Risiko, dass sie ohne Zuschlag diese Kosten abschreiben müssen. Hier wäre dringend eine Anpassung der Auktionsbedingungen erforderlich, um wieder die notwendige Planungssicherheit für Hersteller, Investoren und Strommarkt zu erreichen.
Während für Deutschland die EEG-Gesetzgebung in den Phasen der nachgelagerten Novellierungen kompliziert geworden ist, kann ein EEG-Ansatz in anderen Ländern des Planeten eine passende Stärkung der nachhaltigen Stromgewinnung aus Sonnenlicht darstellen, mit Förderung der dezentralen Strukturen, wenn die Bevölkerung dafür liberale und humanistische Grundlagen kennt und akzeptiert.
Tourismus in Deutschland steht dabei teils in Konkurrenz zu (den) sehr viel ärmeren Regionen dieser Welt.
Die kritische Auseinandersetzung mit den Zielen und den regionalen Möglichkeiten durch das EEG darf nicht als Ablehnung des Ansatzes der kostendeckenden Vergütung verstanden werden.
Bei der Übertragung des deutschen EEG aus dem Jahr 1999 auf andere Länder muss man aber berücksichtigen, dass sich die Marktverhältnisse seit dem substantiell verschoben haben. PV und Wind sind jetzt in Kostenbereichen, die mit den überkommenen Wärme- und Wasserkraftwerken konkurrieren können. Um in anderen Ländern den Übergang der Stromversorgungssysteme reibungslos zu gestalten, wird auch eine Kontingentierung notwendig sein, wie man dies beispielsweise durch die Ausschreibungen erreicht.
Eine weitere Lehre sollte sein, dass bei weiteren Kostensenkungen der begünstigten Verfahren die Kosten, die aus den Zeiten stammen, als sie noch höher lagen, nicht noch jahrelang von den Stromverbrauchern abgezahlt werden sollten, weil sie sonst ein Hindernis für eine erfolgreiche Einführung der Stromnutzung in den anderen Sektoren (vor allem Wärme) darstellen. Insbesondere auch die Power-to-Gas-Verfahren können nicht wirtschaftlich arbeiten, wenn ihr Bruttostromverbrauch mit diesen Kosten aus der Vergangenheit belastet wird.
Ansonsten war das deutsche EEG ein wertvolles Geschenk an die Welt, das durch die Anstöße, die es zu technischer und kommerzieller Entwicklung gegeben hat, die Photovoltaik und die Windkraft auch wirtschaftlich zu ernsthaften Konkurrenten der fossilen und nuklearen Kraftwerke hat werden lassen.
„Die Prinzipien des EEG wurden bis Anfang 2012 von mindestens 65 Länder weltweit übernommen.“
https://de.wikipedia.org/wiki/Erneuerbare-Energien-Gesetz#Beurteilung_und_Perspektiven
Welche Prioritäten die anderen Länder dabei gesetzt haben, wäre interessant dazu.
Es ist also ein Erfolg wenn man sich über Strompreise (EEG Förderung) den eigenen Wirtschaftlichen Erfolg einkaufen kann?
Bitte nicht falsch verstehen. Eine Förderung soll eine Technologie nach vorne bringen, sie verbreiten, sie akzeptabel machen. Wenn man dann aber damit aber öffentliche Infrastrukturen und Tourismus finanziert werden dann stimmt da doch was nicht. Ich dachte für diese Art von Finanzierung haben wir Steuern in Deutschland? Mit jedem kWh den ein Anlagenbesitzer produziert wird ja schließlich auch eine Steuer generiert.
Der Strompreis lag um 2000 bei ca. 14cent der kWh und liegt heute bei ca. 29cent/kWh. Das es viele Menschen gibt die sich diesen Erfolg nicht leisten können scheint wohl egal zu sein.
Ein Erfolg wäre es wenn sich alle an der EEG Umlage beteiligen würden und die Kosten fair auf alle Nutznießer verteilen werden. Es kann doch nicht sein das große Unternehmen von grünen Strom profitieren aber nichts dazu beitragen muss (EEG Umlagebefreit).
Hier wurden gewisse Stellschrauben und Möglichkeiten nicht richtig eingestellt.
Das diejenigen die den Nutzen haben von Erfolg reden das kann ich schon verstehen.
Sie haben natürlich Recht, dass Förderung des Tourismus nicht als Argument herhalten sollte, um die Einführung von Erneuerbaren Energien im Stromsektor zu begründen. Für die Tourismusförderung gibt es gezieltere Instrumente. Das Gleiche gilt übrigens für die sozialen Wirkungen der Strompreise. Niedrige Strompreise stellen kein geeignetes Instrument dar, um einen sozialen Ausgleich zu erzielen. Von niedrigen Strompreisen profitieren vor allem die, die viel Strom verbrauchen, und das sind zum wenigsten die, die zum Lebensunterhalt auf Sozialtransfers angewiesen sind. Wenn also etwas mehr Kostenwahrheit beim Strom erreicht wird (die 14ct enthielten ja nicht die Umweltkosten, weil die Verwendung der Atmosphäre als Müllkippe für CO2 nicht bezahlt werden musste), dann kann man die sozialen Auswirkungen als Schicksal hinnehmen, wie die CDU das gerne tut, oder man flankiert sie mit Maßnahmen zum sozialen Ausgleich wie Anhebung von Existenzminimum, Hartz IV, Mindestlohn, Grundfreibetrag und Kindergeld.
Sich über diejenigen zu beklagen, die die geschäftlichen Möglichkeiten erkennen und nutzen, finde ich etwas billig. Das steht schließlich jedem offen, der gebildet ist, und Unternehmergeist hat. Auch diese Menschen brauchen wir, und sie haben Anspruch auf angemessenen Lohn für ihren Einsatz.
Thore sagt:
Es ist also ein Erfolg wenn man sich über Strompreise (EEG Förderung) den eigenen Wirtschaftlichen Erfolg einkaufen kann?
Bitte nicht falsch verstehen. Eine Förderung soll eine Technologie nach vorne bringen, sie verbreiten, sie akzeptabel machen. Wenn man dann aber damit aber öffentliche Infrastrukturen und Tourismus finanziert werden dann stimmt da doch was nicht.
@ Thore.
In erster Linie haben die ja nun mal eine Förderung in Anspruch genommen, um eine Technologie nach vorne zu bringen, und akzeptabel zu machen.
Wenn man auf diesem Wege verschiedene öffentliche Infrastrukturen verbessern kann, ist das ein willkommener Synergieeffekt, der wesentlich zur Akzeptanz beiträgt.
Wertschöpfung vor Ort war mal in den Neunzigerjahren ein bevorzugter Slogan der Energiewende Urväter.