Die Photovoltaik sichert sich global immer mehr Marktanteile. Sie ist die Energieerzeugung, die allgemein die kostengünstigste Alternative zu fossilen und nuklearen Energieträgern darstellt. Immer noch erfolgt der überwiegende Ausbau der Solarnutzung in Form von Aufdach- und Freiflächenanlagen – ein Trend geht aber längst Richtung gebäudeintegrierter Photovoltaik.
Mit gebäudeintegrierten Solaranlagen lassen sich enorme Flächenpotenziale erschließen. Der Schlüssel, für die Akzeptanz in der Bevölkerung, ist die gestalterische Integration der Solarzellen in die Gebäudehülle. Oder möchten Sie an jedem Gebäude klassische Photovoltaik-Anlagen sehen, die wie ein Fremdkörper wirken?
Wenn wir das allgemeine, gesellschaftliche Ziel einer echten Energiewende – also weg von den fossilen Energieträgen, hin zu erneuerbaren Energien – umsetzen wollen, dann können wir nicht den Teufel mit dem Beelzebub austreiben. Das Schlimmste, was wir mit den heutigen Strategien verursachen, ist die konsequente Umwandlung von landwirtschaftlichen Nutzflächen zu Energieflächen. Die Folgen hieraus sind heute kaum abzusehen und werden ihre dramatischen Auswirkungen in einigen Jahren zeigen. Wenn Menschen ihre Lebensgrundlage in ihren Heimatländern nicht mehr bestreiten können, werden sie zu Millionen vor Europas Toren stehen. Grund hierfür ist die Verknappung der Nahrungsmittelreserven an den Futtertrögen der Welt, welche zum Spielball an den globalen Nahrungsmittel- und Rohstoffbörsen gemacht werden. Selbst geringfügige Preisanstiege können katastrophale Auswirkungen für Entwicklungs- und Schwellenländer haben.
Eine intelligente und konsequente Lösung dieser Fragestellung ist die Doppelnutzung bestehender Flächen zur Energieversorgung. Technisch ist dies heute ohne Weiteres möglich. Einzig und allein der politische Wille hierzu fehlt noch.
Was wir heute, mehr denn je, brauchen, sind Veränderungen im Bereich von Energiebilanzierungen und dem CO2-Zertifikatehandel. Wir werden diese Modelle auch gegen Wiederstände aus Wirtschaft und Politik gesellschaftlich durchsetzen müssen, um unser heutiges kulturelles Miteinander erhalten zu können. Weder die Wirtschaft, noch die Politik sind mit ihren begrenzten zeitlichen Planungshorizonten in der Lage, strategisch langfristige Entscheidungen konsequent herbeizuführen, oder zu unterstützen. Wenn wir nicht den Zielen und Vorgaben der Weltklimakonferenz aus dem Jahr 2015 in Paris Folge leisten, werden wir unseren Kindern und Kindeskindern erklären müssen, warum wir nicht in der Lage waren, einen neuen Weg zu beschreiten. Obwohl die technischen und intellektuellen Voraussetzungen vorhanden waren.
Lichtblicke sind junge Unternehmen, die verstanden haben, dass Energieerzeugung und -nutzung in Zukunft mehr können muss, als lediglich Geld zu produzieren. Eine Vielzahl dieser kleinen Unternehmen beschäftigen sich mit der Umsetzung energieerzeugender Oberflächen in Gebäudehüllen oder anderen Produkten und Anwendungen. Für diese Unternehmen, deren Partner und Kunden müssen wir eine Plattform schaffen, durch die sie sowohl gesellschaftlich als auch politisch gesehen werden können. Die gesellschaftspolitischen Rahmenbedingungen eines neuen Marktes müssen definiert werden, damit es uns im Bereich der erneuerbaren Energien nicht ähnlich ergeht, wie dem Automobilsektor und der Elektromobilität.
Über die Autoren:
Hermann Issa (links), Studium der Architektur, war jahrelang tätig in der Planung und Ausführung im Bereich Nachhaltiges Bauen. Seit 2012 ist Issa, Senior Director Business Development & Sales bei OPVIUS und seit April diesen Jahres engagiert sich Issa verstärkt im Bereich bauwerkintegrierte Photovoltaik als Vorstandsmitglied der Allianz BIPV.
Sebastian Lange (rechts), erlangte nach dem zweite Juristischen Staatsexamen 2009, seine Zulassung als Anwalt 2010. Spezialisiert ist Lange auf Wirtschafts- und Energierecht. Seien eigene Projektkanzlei gründete er 2014. Seit April 2016 Vorsitzender Allianz Bauwerkintegrierte Photovoltaik e.V. (www.allianz-bipv.org) mit Sitz in Berlin-Mitte
Mehr Informationen zum Thema unter http://www.opvius.com/opvius-bipv-interview.html
Die Blogbeiträge und Kommentare auf www.pv-magazine.de geben nicht zwangsläufig die Meinung und Haltung der Redaktion und der pv magazine group wieder. Unsere Webseite ist eine offene Plattform für den Austausch der Industrie und Politik. Wenn Sie auch in eigenen Beiträgen Kommentare einreichen wollen, schreiben Sie bitte an redaktion(at)pv-magazine.com.
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Schade, dass nicht so weit gedacht wird: Gemüseanbau und Photovoltaik kann auf der selben Fläche erfolgen. Die PV muss nur etwas höher aufgeständert werden. Minimale Mehrkosten bei doppelter Nutzung. Je nach Gemüse reduziert Schatten nur leicht den Ertrag und hilft z. B. den Wasserbedarf zu reduzieren.
Schon heute nutzt der Mensch landwirtschaftlichen Boden für alles mögliche, nicht nur Nahrungsmittel: Kaffee, Tee, Alkoholika, Gewürze, Baumwolle, Farbstoffe, Bauholz, … Das ist akzeptiert und sinnvoll. Es sind nachwachsende Rohstoffe. Die Errichtung einer PV-Anlage auf landwirtschaftlicher Fläche verschafft dem Boden eine Ruhepause nach intensiver Nutzung. Nach 20 Jahren kommt die PV-Anlage weg, und der Boden steht wieder für anderes zur Verfügung. Also schlimm ist das nicht. Es gibt viele Länder auf der Erde, da können Nutzpflanzen nur im Schatten wachsen – dann hat man halt keine Zwei-Stockwerk-Anpflanzung, sondern PV+Nutzpflanze.
Gerade aus den Ländern fliehen die Menschen, in denen die Böden total ausgelaugt sind durch Übernutzung. Da sie aber mangels Infrastruktur keine Alternative zur Bestreitung des Lebensunterhalts durch Landwirtschaft sehen, verlassen sie ihre Heimat und suchen ihr Heil in Ländern mit besserer Infrastruktur. PV kann also die Lösung sein, um die heute heruntergewirtschafteten Länder wieder attraktiv zu machen.
BIPV ist sicher eine sinnvolle Ergänzung, insbesondere, wenn die Solarmodule andere Baustoffe ersetzen und nicht einfach „außen drauf“ geklatscht werden, aber es reicht bei weitem nicht.
Nach meinem Eindruck war bisher ein wesentliches Hindernis für sinnvolle Energiekonzepte im Gebäudesektor die Architektenschaft. Architekten verstehen sich in erster Linie als Künstler, die sich ungern durch Realitäten in ihrem Ausdruckswillen einschränken lassen. Meine Tochter musste sich in ihrem Studium Sprüche von Dozenten anhören „Man dürfe doch einen Bauwerksentwurf nicht nur unter einem Aspekt optimieren“. Die Aussage ist natürlich dumme Polemik, denn schon bisher muss ein Gebäude vielen Ansprüchen (Ästhetik, Witterungsschutz, Gebrauchswert, Dauerhaftigkeit, …) genügen – die energetische Effizenz ist dann nur ein weiterer. Aber so denken viele, wenn nicht die meisten Architekten, je älter desto eher.