GroKo-Deals-Tränen für Baake

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Rainer Baakes Energiepolitik war ein Desaster. Die Reaktionen auf seinen medial inszenierten Abgang zeigen – bis auf wenige Ausnahmen -, wie wenig Baakes Zerstörungswerk verstanden wurde. Vermutlich nicht einmal von ihm selbst.

„In seinem Entlassungsgesuch schreibt Baake, dass von einem Staatssekretär zu Recht erwartet werde, dass er sich fortdauernd in Übereinstimmung mit den grundsätzlichen Politiken und Zielen der Regierung befinde. Das könne er aber in der Zukunft nicht mehr von sich behaupten.“

Aus der Begründung für seinen Abgang kann man im Umkehrschluss feststellen, dass er offenbar mit allem, was bisher stattgefunden hat, einverstanden war.

Haltung geht völlig anders.

Er ist seiner Entlassung zuvor gekommen.

Es gibt keinen Grund, ihm eine einzige Träne nachzuweinen.

Das Land wird noch lange an den Weichenstellungen leiden, die Baake mit organisiert hat – stellvertretend für CDU und SPD. Er hat dafür gesorgt, dass die Grünen in ganz Deutschland energiepolitisch ruhig gestellt waren und mit der Großen Koalition (GroKo) regelmäßig kollaboriert haben, statt entschieden Widerstand zu leisten.

Fairerweise muss man aber sagen: wenn Baake es nicht gemacht hätte, hätten sich die Energiekonzerne via CDU (Bundeskanzlerin Angela Merkel) und SPD (langjähriger Wirtschaftsminister und Parteichef Sigmar Gabriel) einen anderen (Dummen) gesucht, der den Job für sie gemacht hätte.

Denn die Energiepolitik in Deutschland wird nicht von dem gesteuert, was die Bürger mehrheitlich wollen (95 Prozent wollen mehr Erneuerbare), sondern von dem, was eine kleine Gruppe von sehr gut organisierten und sehr mächtigen Gegnern von 100 Prozent Erneuerbaren will, die davon mit unglaublichen Summen profitiert.

Baake hat aktiv an der Zerstörung einer dezentralen, bürgerschaftlich getragenen Energiewende hin zu 100 Prozent Erneuerbaren mitgewirkt. Er war immer Gegner des EEG (schon vor seiner Verabschiedung, damals wollte er ein Quotenmodell) und hat systematisch an der Deformation des EEG bis zur Unkenntlichkeit mitgearbeitet.

Baake hat den Übertragungsnetzbetreibern mehr Macht verschafft und Windkraft in Konzernhand gefördert.

Die Zerstörung der kleinen und mittelständisch organisierten Solarbranche ist mit sein Werk. 50.000 bis 100.000 Solarjobs weniger innerhalb kürzester Zeit gehen mit auf sein Konto. Er hat entscheidend dazu beigetragen, dass unzählige engagierte Akteure für 100 Prozent Erneuerbare in die innere oder äußere Emigration gegangen sind und die Musik heute in China und anderswo spielt.

Photovoltaik soll er noch in seiner Zeit in Hessen als „Glitzerdinger“ bezeichnet haben. Und an dem Verständnis für die Bedeutung der lokalen, dezentralen solaren Stromerzeugung und -nutzung für die (Akzeptanz der) Energiewende als Ganzes scheint sich wenig geändert zu haben. Baake hat nicht verstanden, dass die Zukunft der Energieversorgung im Wesentlichen dezentral ist – oder gar nicht. Und zwar überall auf der Welt.

Man sollte sich allerdings keine Illusionen machen, dass wir in der Zeit nach Baake jetzt irgendetwas Gutes aus Berlin zu erwarten hätten. Es wird nur viel offensichtlicher werden, wie systemtatisch die Erneuerbaren bekämpft werden, obwohl oder gerade weil ihr vollständiger Durchbruch nicht mehr aufzuhalten ist.

Bei Baake war das verschleiert – vor allem, weil er selbst ernsthaft geglaubt hat und immer noch glaubt, das Richtige getan und für die Energiewende gekämpft zu haben. Was das Ergebnis nicht besser macht. Völlige Überzeugung von der eigenen Mission in Verbindung mit Eitelkeit und Beratungsresistenz liegen oft nah beeinander. Baake hätte wissen können, was er anrichtet, wenn er es gewollt hätte.

Selbstverständlich ist es möglich, dass ich mich mit dieser Einschätzung täusche. Vielleicht aber auch nicht. In jedem Fall aber ist es Zeit, ein „Recht auf Sonne“ und „Sonne für alle“ offensiv einzufordern!

—- Der Autor Daniel Bannasch ist geschäftsführender Vorstand von Metropolsolar und des MPS Energie Instituts. 2006 startete der Diplom-Volkswirt gemeinsam mit 30 Gründungsmitgliedern das regionale Netzwerk Metropolsolar Rhein-Neckar, das heute mehr als 350 direkte Mitglieder zählt und inzwischen auch bundesweit tätig ist. Die Vereinigung hat zuletzt das Buch „Clean Disruption of Energy and Transportation“ des weltweit gefragten Keynote-Speakers Tony Seba übersetzt und Ende 2017 unter dem Titel „Saubere Revolution 2030“ veröffentlicht sowie die Kampagne „Recht auf Sonne“ ins Leben gerufen. —

Die Blogbeiträge und Kommentare auf www.pv-magazine.de geben nicht zwangsläufig die Meinung und Haltung der Redaktion und der pv magazine group wieder. Unsere Webseite ist eine offene Plattform für den Austausch der Industrie und Politik. Wenn Sie auch in eigenen Beiträgen Kommentare einreichen wollen, schreiben Sie bitte an redaktion(at)pv-magazine.com

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