Energiesicherheit neu denken: Mit Erneuerbaren und ohne fossile Energien

Teilen

Die jüngsten Entwicklungen in der Ukraine haben einmal mehr aufgezeigt, wie eine hohe Energieabhängigkeit die Stabilität eines Staates erschüttern kann. Die Abhängigkeit der EU von ausländischen Energielieferungen ist von allen großen Wirtschaftsräumen die höchste und damit ein ernsthaftes Sicherheitsproblem. Auf dem European Energy Security Forum (euroSEF-2014) am 26. September 2014 in Brüssel werden Fragen zur Energieabhängigkeit diskutiert und Lösungswege basierend auf dem Ausbau der Erneuerbaren Energien aufgezeigt. Das euroSEF-2014 findet statt in Kooperation von dem IBCentre und der Energy Watch Group und lädt alle Interessierten herzlich ein. Weitere Informationen gibt es auf www.eurosef.org (http://www.eurosef.org).

Zur Einstimmung in die Diskussion folgt zunächst eine politische Einschätzung: Seit Jahren warnt die EWG, genauso wie andere kritische Wissenschaftler vor einer sich zuspitzenden Krisenentwicklung in Folge der Verknappung der fossilen und atomaren Energierohstoffe.

Gerade in diesem Jahr spitzen sich die weltweiten Konflikte, deren tiefere Ursache oftmals im konventionellen Energiesystem liegen, immer weiter zu: Der Irak zerfällt auch im Kampf um die lukrativen Erdöllagerstätten, um die sich Schiiten, Sunniten und Kurden brutale Kämpfe liefern. Der Nahostkonflikt birgt die Gefahr von unabsehbaren Gefahren für die Erdöl- und Erdgasversorgung der westlichen Industrienationen. Im machtpolitischen Konflikt um die Ukraine werden Erdgas und Erdöl als Hebel genutzt, die Ukraine von einem Weg in die EU abzuhalten. Gazprom hat die Erdgaslieferungen nach Kiew und andere große Städte in der Ukraine gestoppt und baut mit einer Warnung vor angeblich bevorstehendem Gasdiebstahl im kommenden Winter bereits argumentativ die Gesamtabschaltung der Ukraine vor, mit schwerwiegenden Folgen für die Erdgasversorgung der gesamten EU. Die von der EU neu erhobenen Sanktionen gegen Russland kommentiert Präsident Putin mit der Warnung, dass dies zum Bumerang für die EU werden könnte. Diese Drohung könnte ja vor allem die Energieversorgung treffen, denn hier ist die EU am stärksten verwundbar und Russland hat den Schlüssel genau dazu. Mit den gerade neu erschlossenen Energiekunden vor allem in China und Japan muss Russland bei einer Drosselung der Energielieferungen in die EU und Ukraine nicht automatisch mit Einnahmeverlusten rechnen. Neuer Kalter Krieg mit Russland?

In der Tat ist mit über 60 Prozent die Energieabhängigkeit der EU die höchste von allen großen Weltwirtschaftsräumen. Eine kriegerisch bedingte Drosselung der arabischen Erdöllieferungen und ein Zuspitzung der Ukrainekrise kann die EU ökonomisch schnell in die Knie zwingen. Die Finanzkrise und Wirtschaftskrise der EU, die ihre tiefere Ursache auch im starken Preisanstieg der Weltrohölpreise im letzten Jahrzehnt hatte, könnte schnell wieder ausbrechen. Frierende Menschen im kommenden ukrainischen Winter werden die Bedürfnisse der Bevölkerung auf das Existenzielle reduzieren und ihr Bestreben in die EU zu kommen erlahmen lassen. Offensichtlich setzt Präsident Putin auf eine ökonomische Erdrosselung der Ukraine, um seinen Machtbereich ausweiten zu können.

Solange die EU und die Ukraine, sowie andere Energieimportnationen weiter auf fossile und atomare Rohstoffe setzen, werden die Krisen sich ausweiten, bis zum ökonomischen Kollaps der Energiekonsumentenländer, allen voran die EU. Es gibt nicht genügend Ressourcen weltweit, um über Diversifizierung von Energielieferungen aus unsicheren Lieferländern unabhängig zu werden. Dies hat die EWG in klaren wissenschaftlichen Analysen nachgewiesen.

Dagegen haben die EU, die Ukraine und alle anderen Nationen der Welt genug Energiepotential, um sich ausreichend mit Energie selbst zu versorgen. Stärkung der internationalen Beziehungen durch Erneuerbare Energien Die technologische Durchdringung mit den inzwischen billig gewordenen Erneuerbaren Energien kann – entsprechenden politischen Willen vorausgesetzt – zusammen mit einer klaren Energieeffizienzstrategie innerhalb von einem bis zwei Jahrzehnten eine vollständige Versorgung der EU mit Erneuerbaren Energien schaffen. Eine solche Strategie muss nicht im wirtschaftlichen Konflikt mit Russland durchgezogen werden. In freiem fairen Handel über die Erneuerbaren Energien Technologien, sowie grenzüberschreitende Strom- und Biogasverbünde und Biokraftstofflieferungen gibt es genug Potential um die Wirtschaftsräume gemeinsam am Umbau der Energieversorgung teilhaben zu lassen. Im Moment führt die konventionelle Energieabhängigkeit in einen neuen Kalten Krieg mit Russland, mit hohen Gefahren für den Weltfrieden. Eine faire Partnerschaft mit einer gemeinsamen Erneuerbaren Energien Strategie für den gesamten Raum Europas und Asiens kann alle beteiligten Nationen gewinnbringend wieder in freundschaftliche Beziehungen überführen.

Kurz- und mittelfristig braucht es aber eine schnelle Unabhängigkeit der Ukraine von ausländischen Energielieferungen. Hier kann die EU mit Wirtschaftshilfen für einen Aufbau einer solaren ukrainischen Wirtschaft, die auf Solarenergie, Windkraft, Biogas, Biokohle, Pflanzenöltreibstoffe, Wasserkraft, Wellenenergie, Erwärme und hohen Energieeffizienzinvestitionen beruht, geschaffen werden. Dies wäre gleichzeitig ein entscheidendes Signal für den Klimaschutz in der Welt.

Kurzfristige Unterstützung der Ukraine

Die ökonomisch am Rande des Staatsbankrotts stehende Ukraine kann dies nicht alleine leisten. Auslandsinvestoren aus dem Sektor der Erneuerbaren Energien müssen daher genauso willkommen sein, wie die Stärkung der heimischen Wirtschaft. Investoren kommen aber nur, wenn es eine Sicherheit für ihre Investitionen gibt. Das beste Instrument im Strom- und Gassektor wäre ein verbessertes Erneuerbare Energien Gesetz, welches langjährig gesicherte Einspeisevergütungen garantiert. Die für wenige Jahre anfallenden Mehrkosten für die finanziell angeschlagenen Strom- und Gaskunden in der Ukraine sollte die EU mit Finanzhilfen überbrücken. Ganz nach dem Vorbild des von KFW und Deutsche Bank für Afrika entwickelten GET-FIT Systems.

Eine solche Unterstützung der EU würde die Ukraine zügig aus der Energieabhängigkeit führen, die hohen Importkosten für Energieabsenken, die ukrainische Wirtschaft ankurbeln und damit die Arbeitslosigkeit bekämpfen. Auf der Konferenz EUROSEF werden alle diese Möglichkeiten diskutiert und Wege vorgeschlagen, die EU, die Ukraine, sowie andere Länder wie Moldawien aus der politischen Ohnmacht herauszuführen und einer modernen solaren Wirtschaft zuzuführen.

Berlin, den 6. August 2014

Ihr Hans-Josef Fell

Präsident der Energy Watch Group (EWG) und Autor des EEG 2000

fell@hans-josef-fell.dewww.hans-josef-fell.de Bei mir werden Erneuerbare Energien groß geschrieben!

Die Blogbeiträge und Kommentare auf www.pv-magazine.de geben nicht zwangsläufig die Meinung und Haltung der Redaktion und der pv magazine group wieder. Unsere Webseite ist eine offene Plattform für den Austausch der Industrie und Politik. Wenn Sie auch in eigenen Beiträgen Kommentare einreichen wollen, schreiben Sie bitte an redaktion@pv-magazine.com.

Dieser Inhalt ist urheberrechtlich geschützt und darf nicht kopiert werden. Wenn Sie mit uns kooperieren und Inhalte von uns teilweise nutzen wollen, nehmen Sie bitte Kontakt auf: redaktion@pv-magazine.com.

Ähnlicher Inhalt

An anderer Stelle auf pv magazine...

1 comment

  1. Da die Stabilität der Ukraine durch Energieabhängigkeit von Russland bedroht ist, setzt das Land auf den Ausbau erneuerbarer Energien. So, jüngst wurde im Süden der Ukraine eine neue Photovoltaikanlage mit einer Leistung von 10 MWt in Betrieb genommen. Schon seit dem 1. August 2017 erzeugt die PV-Anlage den Ökostrom, der ins ukrainische Energienetzt eingespeist wird: http://arbeiten-in-der-ukraine.org/neue-pv-anlage-im-gebiet-cherson-betrieb-genommen/

Schreibe einen Kommentar zu lily Antworten abbrechen

Bitte beachten Sie unsere Kommentarrichtlinien.

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Mit dem Absenden dieses Formulars stimmen Sie zu, dass das pv magazine Ihre Daten für die Veröffentlichung Ihres Kommentars verwendet.

Ihre persönlichen Daten werden nur zum Zwecke der Spam-Filterung an Dritte weitergegeben oder wenn dies für die technische Wartung der Website notwendig ist. Eine darüber hinausgehende Weitergabe an Dritte findet nicht statt, es sei denn, dies ist aufgrund anwendbarer Datenschutzbestimmungen gerechtfertigt oder ist die pv magazine gesetzlich dazu verpflichtet.

Sie können diese Einwilligung jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen. In diesem Fall werden Ihre personenbezogenen Daten unverzüglich gelöscht. Andernfalls werden Ihre Daten gelöscht, wenn das pv magazine Ihre Anfrage bearbeitet oder der Zweck der Datenspeicherung erfüllt ist.

Weitere Informationen zum Datenschutz finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.