Türkei: Neue Richtlinie bringt fette Einfuhrsteuern auf Solarmodule

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Das türkische Wirtschaftsministerium hat in der vergangenen Woche die neue Richtlinie “İthalatta gözetim uygulanmasına ilişkin tebliğ” herausgebracht. Dahinter verbirgt sich der Titel „Aufsicht bei der Umsetzung von Einfuhren“ und er bezieht sich auf Photovoltaik-Module. Nach Informationen von Hasan Yigit, Berater im Bereich erneuerbare Energien, soll es sich dabei um eine Anti-Dumping-Verordnung handeln. Jeder ausländische Modulhersteller müsse dabei für jeden Modultypen aus seinen Produktionsstätten ein Überwachungsdokument beantragen. Bei der Einfuhr seiner Solarmodule in die Türkei diese dann mit einem Preisfaktor von 35 US-Dollar pro Kilogramm belegt.

„Letztendlich zielt diese Richtlinie darauf ab, dass ein Mindestwert bei der Feststellung der steuerlichen Bemessungsgrundlage sich am Gewicht des Moduls orientiert“, erklärt Yalcin Adiyaman von Halk Enerji auf Nachfrage von pv magazine. Gewöhnlich wiege ein Solarmodule etwa 20 Kilogramm und koste 150 US-Dollar. „Durch diese neue Richtlinie wird der Modulwert auf rund 700 US-Dollar heraufgesetzt. An diesem ganz massiv heraufgesetzten Wert wird die Einfuhrumsatzsteuer von 18 Prozent berechnet, das heißt es müssen rund 126 US-Dollar Einfuhrumsatzsteuern pro Modul entrichtet werden, so Adiyaman weiter. Die Einfuhrumsatzsteuer entspreche damit fast dem Warenwert.

Nach Aussagen von Hasan Yigit handelt es sich bei der Richtlinie um einen Kontrollmechanismus, mit dem eine unkontrollierte Einfuhr von minderwertigen Solarmodulen in die Türkei verhindert werden soll. Massive Kritik gibt es aber an der Berechnungsgrundlage für die Einfuhrsteuer, da als Faktor nicht die marktüblichen Wattpeak, sondern das Gewicht der Solarmodule herangezogen werde. „Das ist das Lächerlichste, was es gibt. Haben Sie irgendwo in der Welt gesehen, dass Solarmodule mit Kilogramm berechnet werden. Eine Scherzfrage, wieviel Kilowattstunden erzeugt ein Modul pro Kilogramm, haben Sie irgendwo so was gehört. Das Kuriose daran ist, dass der Einfuhrpreisberechnungsfaktor pro Kilogramm mit 35 US-Dollar berechnet wird. Wenn man bedenkt dass eine 250 Watt Photovoltaik-Modul pro Wattpeak einen Preis von 50 US-Dollarcent hat, dann ist die Kilogramm-Preis bei ca. 6 bis 8 US-Dollar. Wie die an den Faktor 35 US-Dollar gekommen sind, kann ich gar nicht logisch oder mathematisch vollziehen. Ich würde gerne wissen, ob diese Beamten wissen, was ein Solarmodul ist und von welchem Beratern oder Lobbisten diese sich Hilfe bei der Berechnung der Faktor geholt haben“, sagt Atalay Yazgan, Vorstandschef von dem Axitec Türkei.

Die Einfuhrumsatzsteuer soll per Vorkasse gezahlt werden. „Zwar bekommt man die Einfuhrumsatzsteuern über die Stromverkäufe zurück, jedoch muss dies zwischenfinanziert werden, was das ganze unwirtschaftlich macht“, sagt Adiyaman. Allerdings soll es auch noch die Möglichkeit für eine Befreiung von der Steuer geben. Dazu müsse das Dokument “Teşvik Belgesi” beantragt werden. Es herrscht aber noch eine gewisse Unsicherheit, für wen das Dokument gilt. Yazgan weist daraufhin, dass es nur für in der Türkei hergestellte Solarmodule erteilt werde. Zudem sei es für die ausländischen Photovoltaik-Hersteller fast schon unmöglich allein das Überwachungsdokument zu bekommen. Dies hätten Erfahrungen aus anderen Sektoren gezeigt, so Yazgan weiter. Zudem müsse dieses alle sechs Monate erneuert werden. Adiyaman teilt diese Einschätzung nicht. "Meines Erachtens gilt die ‚Teşvik Belgesi‘ für alle in- und ausländischen Module. Es handelt sich dabei um ein ‚Investment Certificate‘, was für alle möglichen Investition und nicht nur für Solarmodule ausgestellt wird", sagt er. Mit diesem Zertifikat könnten Module, aber auch Wechselrichter wie bisher ohne Steuern und Abgaben eingeführt werden. "Darüber hinaus dürfte die Zollunion mit Europa die neue Richtlinie unterlaufen. Insoweit ist anzuzweifeln, ob diese neue Richtlinie ohne weitere Maßnahmen der türkischen Regierung überhaupt Wirkung zeigt", so Adiyaman weiter.

Die Neuregelung soll ab dem 19. Dezember wirksam sein und für alle importierten Solarmodule gelten. Yazgan ist überzeugt, dass der türkische Photovoltaik-Markt damit erst einmal zum Stillstand kommen wird. Verständnis für die neue Verordnung zeigt hingegen Adiyaman. "Obwohl ich grundsätzlich gegen alle Formen von Handelshemmnisse bin, verstehe ich auch die mögliche Position der türkischen Regierung. Offensichtlich will man Öl- und Gasimporte nicht durch Modulimporte ersetzen", sagt der Deputy General Manager von Halk Enerji. (Sandra Enkhardt)

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