Suntechs Insolvenzverfahren könnte Signalwirkung haben

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pv magazine: Die Gläubiger von Wuxi Suntech und das Insolvenzgericht in Wuxi haben der Übernahme zugestimmt. Wie geht das Verfahren nun weiter?

Elske Fehl-Weileder: Aller Voraussicht nach werden Suntech oder die Insolvenzverwalter – im Suntech-Verfahren ist eine Gruppe von Insolvenzverwaltern tätig – im nächsten Schritt dem Insolvenzgericht in Wuxi einen umfassenden Sanierungsplan vorlegen. Das Gericht muss diesen dann innerhalb von 30 Tagen billigen. Ist das der Fall, wird das Gericht das Sanierungsverfahren aufheben und diesen Sachverhalt bekannt machen. Die Insolvenzverwalter überwachen anschließend, dass die Bedingungen des Sanierungsplans erfüllt werden. Im Idealfall wäre das Unternehmen dann schuldenfrei und saniert.

Erfüllt Suntech die Bedingungen des Sanierungsplans jedoch nicht, können die Gläubiger und die Insolvenzverwalter bei Gericht beantragen, dass das Sanierungsverfahren und damit auch der Sanierungsplan aufgehoben werden. Stimmt das Gericht dem Antrag zu, eröffnet es das Liquidationsverfahren. Das Szenario sähe dann folgendermaßen aus: Suntech wird abgewickelt und die Insolvenzverwalter stellen einen Plan auf, nach dem das Vermögen des Unternehmens verwertet wird. Den Erlös erhalten die Gläubiger.

Welche Auswirkungen hat die Zustimmung zum Einstieg von Shunfeng für die Gläubiger in China und im Ausland?

Der Sanierungsplan und der Einstieg von Shunfeng bei Wuxi Suntech haben für die Gläubiger – zu denen unter anderem Zulieferunternehmen aus China und dem Ausland zählen – zwei Vorteile. So bekämen sie aller Voraussicht nach einen größeren Teil ihrer Forderungen bezahlt, als wenn Suntech abgewickelt werden würde. Der Sanierungsplan sieht vor, dass Shunfeng für den Einstieg rund 364 Millionen Euro bezahlt – zumindest ein Teil dieses Geldes soll an die Gläubiger gehen. Zudem können die Gläubiger weiterhin Geschäfte mit Suntech machen, wenn das Unternehmen saniert ist. Suntech bleibt als Kunde und als Lieferant erhalten. Dass diese Vorteile alle Gläubiger überzeugt haben, zeigt sich darin, dass sämtliche Gläubigergruppen dem Sanierungsplan und dem Einstieg von Shunfeng zugestimmt haben. Das chinesische Insolvenzrecht sieht vor, dass eine Entscheidung bei der Gläubigerversammlung nur einstimmig von allen Gläubigergruppen getroffen werden kann.

Der Sanierungsplan bindet alle Gläubiger – auch die, die ihre Forderung noch nicht angemeldet haben und nicht am Plan beteiligt waren. Sie können ihre Ansprüche während der Laufzeit des Plans nicht mehr geltend machen. Und auch nach Abschluss des Plans sind sie an dessen Regelungen gebunden. Sie können Suntech für ihre Forderungen nur so in Anspruch nehmen, wie es im Sanierungsplan festgelegt wurde. In der Regel erhalten die Gläubiger nur einen Teil ihrer Forderung.

Was bedeutet die aktuelle Entwicklung für die Aktionäre der Suntech-Holding?

Für die Aktionäre ist weniger das chinesische Verfahren in Wuxi als vielmehr das Insolvenzverfahren der Holding von Suntech auf den Kaiman-Inseln interessant. Das zuständige Gericht dort hatte den Insolvenzantrag des Mutter-Unternehmens von Wuxi Suntech akzeptiert. Nach allem, was man bislang weiß, ist es das Ziel, das Unternehmen zu sanieren und zu erhalten. In diese Richtung deutet auch die Tatsache, dass die staatliche chinesische Gesellschaft Wuxi Guolian, die im Bieterwettstreit um Wuxi Suntech unterlegen war, nunmehr der Suntech Holding ein Investment von rund 110 Millionen Euro zugesagt hat. Für die Aktionäre hätte der Erhalt der Holding den Vorteil, dass ihre Anteile wahrscheinlich werthaltig bleiben dürften.

Aber auch in den USA droht Suntech noch ein Insolvenzverfahren.

Es bleibt abzuwarten, ob die US-amerikanischen Gläubiger bei der Sanierung der Holding mitziehen. Sie hatten in den USA – weil Suntech dort an der Börse notiert ist – einen Insolvenzantrag gestellt, der das Ziel hatte, die Holding zu liquidieren. Um sich vor dem Zugriff der Gläubiger zu schützen, hat die Holding zunächst den Insolvenzantrag auf den Kaiman-Inseln gestellt. Zusätzlich könnte sie jetzt noch einen Antrag in den USA nach Chapter 15 des US-amerikanischen Insolvenzrechts stellen, um dadurch Schutz vor den Gläubigern aus den USA zu bekommen.

Könnte das nun fast erfolgreich abgeschlossene Insolvenzverfahren vielleicht Signalwirkung für andere Unternehmen in China haben?

Ja, Suntech dürfte eine Signalwirkung haben, da es sicherlich das bislang aufsehenerregendste chinesische Insolvenzverfahren ist. Daher gilt es auch als Bewährungsprobe für das neue chinesische Insolvenzrecht. Dieses ist seit 2007 in Kraft, wird bislang in der Praxis aber nur sehr zögerlich umgesetzt. Fakt ist: Die meisten der über 800.000 chinesischen Unternehmen, die sich jedes Jahr vom Markt zurückziehen, verschwindet weiterhin ohne Insolvenzverfahren vom Markt. Besonders deutlich wird das, wenn man sich die Zahl der Insolvenzverfahren anschaut, die von den Gerichten angenommen wurden. Zwischen 2008 und 2010 sind diese jedes Jahr zurückgegangen – von 3139 Verfahren 2008 auf 2366 Verfahren im Jahr 2010.

Welche Wirkung hat das Verfahren auf ausländische Unternehmen?

Suntech dürfte vor allem auch ein Signal für die zahlreichen ausländischen Unternehmen sein, die als Gläubiger Forderungen an chinesische Unternehmen haben. Wichtig ist, dass diese Unternehmen wissen, welche Rechte sie haben, um ihre Forderungen gegen ein insolventes chinesisches Unternehmen durchzusetzen. Was nur wenigen bekannt ist: Nach dem chinesischen Insolvenzrecht haben auch ausländische Gläubiger die Möglichkeit, einen Insolvenzantrag gegen ein chinesisches Unternehmen zu stellen – etwa dann, wenn dieses Unternehmen eine Forderung nicht bezahlt. Für den Insolvenzantrag eines Gläubigers genügt es, wenn Zahlungsunfähigkeit vorliegt. Das Gericht muss einen Gläubigerantrag zur Bearbeitung annehmen, wenn er entsprechende Nachweise enthält und der Schuldner innerhalb der gesetzlichen Frist keine Einwände gegen den Antrag erhebt beziehungsweise diese keinen Bestand haben.

Hat das Gericht den Insolvenzantrag angenommen, müssen Gläubiger ihre Forderungen schriftlich beim Insolvenzverwalter anmelden und Nachweise wie zum Beispiel Vertragsunterlagen, Rechnungen oder bereits erwirkte Urteile beifügen. Deutsche Gläubiger sollten daher rechtzeitig einen Rechtsanwalt beauftragen, der in China tätig ist und Chinesisch in Wort und Schrift beherrscht. Grundsätzlich gilt: Nur wer seine Forderung angemeldet hat, kann seine Rechte als Gläubiger nach dem chinesischen Insolvenzrecht wahrnehmen.

Das Interview führte Sandra Enkhardt.

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