EEG-Kritiker bemängeln zu hohe Kosten und fehlenden Wettbewerb

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Wenn alljährlich der 15. Oktober naht, mehren sich nicht nur die Spekulationen über die Höhe der EEG-Umlage im folgenden Jahr. Auch die Kritiker des EEG selbst, welche die Förderung erneuerbarer Energien für nicht marktwirtschaftlich und die gesamte Energiewende für zu teuer halten, melden sich wieder verstärkt zu Wort. So auch die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM), die am Montag in Berlin ein Gutachten vorstellte, welches das Düsseldorfer Institut für Wettbewerbsökonomik (DICE) im Auftrag der INSM erstellt hatte. Mit dieser Studie soll zum ersten Mal eine Kostenschätzung vorliegen, die sämtliche Kosten der Energiewende im Stromsektor berücksichtigt – direkte Kosten zur Förderung der erneuerbaren Energien sowie indirekte Folgekosten, zum Beispiel für den Ausbau der Übertragungs- und Verteilungsnetze, die Offshore-Haftungsumlage, die Netz-, Kapazitäts- und Klimareserven, aber auch für vergünstigte Kredite bei EE-Investitionen, für Kraftwerks-Abschreibungen der Energiekonzerne oder für die Forschungsförderung.

INSM: 520 Milliarden Euro bis 2025

Diesem Gutachten zufolge belaufen sich die Gesamtkosten der Energiewende allein im Strombereich auf über 520 Milliarden Euro bis zum Jahr 2025. Mit Abstand größter Kostentreiber mit insgesamt rund 408 Milliarden sei die EEG-Umlage, der Ausbau der Strom- und Verteilernetze schlage mit 55,3 Milliarden Euro zu Buche. Pro Einwohner hat das DICE einen Gesamtbetrag von rund 6300 Euro errechnet, welcher im Zeitraum 2000 bis Ende des Jahres 2025 für die Energiewende anfalle – 4500 Euro davon würden in den kommenden zehn Jahren fällig. Die DICE-Forscher bemängeln, dass mit dem bisherigen EEG-Fördermodell die Energiewende nicht effizient zu bewerkstelligen sei und dass aufgrund der Wechselwirkung mit dem Europäischen Emissionshandel kein Nutzen für die Umwelt entstehe. „Eine Stärkung des Emissionshandels würde reichen, um den Ausstoß von CO2 effizient zu reduzieren“, meint DICE-Direktor und Studienleiter Justus Haucap. Als politisch einfacher umzusetzende Lösung schlagen die Forscher vor, das EEG durch ein sogenanntes Quotenmodell zu ersetzen, das die Energieversorger dazu verpflichtet, einen bestimmten Anteil an Strom aus erneuerbaren Energien zu liefern. So könne Wettbewerb zwischen den einzelnen Technologien entstehen und der Zubau an Erzeugerkapazitäten passgenau zu den von der Bundesregierung definierten Ausbauzielen erfolgen.

BEE: EEG-Umlage kein Kostenindikator für Energiewende

Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) weist die Rechnungen der INSM als unseriös zurück. "Die INSM-Zusammenstellung verzichtet allerdings auf ein Referenzszenario, das die Kosten der fossilen Energieerzeugung in Relation zu den INSM-Annahmen setzen würde – ein unverzichtbares Element jeder seriösen volkwirtschaftlichen Betrachtung. Stattdessen summiert die INSM vereinfacht die EEG-Umlage, die aber nicht als Kostenindikator für die Energiewende geeignet ist", erklärt BEE-Geschäftsführer Hermann Falk. Auch die INSM könne nicht so tun, als ob eine Welt ohne Erneuerbare nichts kosten würde. Zudem seien in der Veröffentlichung teilweise Investitionen mit Kosten gleichgesetzt worden. "Das seit Jahren von Prof. Haucap vertretene Quotenmodell wäre deutlich teurer als das EEG, da in einem Quotenmodell massiv Mitnahmeeffekte entstünden. Diese rühren daher, dass in einem Quotenmodell die billigste Anlage die gleiche Vergütung erhielte, wie die teuerste Anlage, die noch zum Zuge kommt", so Falk weiter. Daher hätten bis auf Schweden auch alle europäischen Länder Abstand von diesem Modell genommen. Mit dem Ausschreibungssystem verfüge Deutschland zudem mittlerweile auch über eine Mengenregulierung.

IW Köln: Ausstieg aus EEG-Förderung sinnvoll

Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Köln hat sich am Montag ebenfalls mit grundlegender EEG-Kritik und der Forderung nach mehr Wettbewerb in die Debatte eingeschaltet. Die Anbieter von Strom aus erneuerbaren Energien müssen aus IW-Sicht auf längere Sicht dieselben Marktrisiken tragen wie andere Stromanbieter auch – also etwa Preis- und Nachfrageschwankungen. Dazu sei ein frühzeitig festgelegter Pfad zum Ausstieg aus der EEG-Förderung sinnvoll, „damit die Ökostromanbieter wissen, wann sie sich den Kräften des Marktes stellen müssen“. Aber auch der Preismechanismus auf dem Strommarkt ist laut IW Köln noch zu optimieren, da die derzeitigen Preise zum Beispiel den Wert der Liefersicherheit oder den normativen Wert von sauberem Strom nicht abbilden. Ziel solle ein wettbewerblicher Strommarkt sein, der den Bedarf an den verschiedenen Stromarten deckt und auf dem die Erzeuger angemessene Preise erzielen können.

Das IW Köln kritisiert vor allem, dass die Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Quellen „nach wie vor deutlich mehr“ koste, als sie am Markt einbringe. Vor diesem Hintergrund gehe auch die jüngste EEG-Reform nicht weit genug. Das IW Köln skizziert in einem Gutachten die Entwicklung der sogenannten Differenz- oder auch Förderkosten – also der Zahlungen an die Anlagenbetreiber abzüglich der durch den Stromabsatz erzielten Einnahmen – in drei Szenarien. Demnach steigen bis zum Jahr 2025 die Förderkosten für alle Anlagen, die in Deutschland durch das EEG gefördert werden, je nach Szenario auf Werte zwischen knapp 25 und fast 33 Milliarden Euro. Für den größten Teil der Kostenerhöhungen seien jene Anlagen verantwortlich, die ab dem kommenden Jahr neu ans Netz gehen; Grund sei vor allem der Ausbau der Windenergie auf See. Bei der Solarenergie und der an Land erzeugten Windenergie würden die künftig nicht mehr geförderten Altanlagen dagegen kostendämpfend wirken.

Das IW Köln rechnet bis 2025 im günstigsten Fall mit einer EEG-Umlage in Höhe von mehr als 8,7 Cent, im pessimistischen Szenario könne die Umlage dann sogar mehr als 10 Cent betragen. Wie sich die Förderkosten und damit auch die EEG-Umlage entwickeln, so das IW Köln, hänge in allen Szenarien am stärksten vom Strompreisniveau am Markt ab. Dieses sei jedoch besonders schwierig zu prognostizieren. Das Institut fordert, die vorgesehenen Ausnahmen vom künftigen Ausschreibungsverfahren zu verringern, damit der Gesetzgeber die geförderten Strommengen noch genauer begrenzen könne. Zudem sollten die Ausschreibungen sukzessive technologieoffen gestaltet werden, sodass der Wettbewerb zwischen den Energiequellen in Gang komme. (Petra Hannen/Sandra Enkhardt)

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