Der große Durchbruch lässt auf sich warten: Trotz zahlreicher Förderprogramme von Bund und Ländern stagniert der Absatz von Elektrofahrzeugen in Deutschland. Nach wie vor existieren große Vorbehalte in der Bevölkerung. Eine Möglichkeit Elektroautos unverbindlich im Alltag zu testen, bieten Carsharing-Angebote. Eine aktuelle Studie der Universität Hohenheim in Stuttgart in Kooperation mit der Surrey Business School in Großbritannien und der EBS Universität für Wirtschaft und Recht in Wiesbaden zeigt jetzt: Carsharing kann zu einer breiteren Akzeptanz von Elektrofahrzeugen führen. „Durch die eigenen Erfahrungen verbessert sich die Einstellung der Nutzer gegenüber diesem Fahrzeugtyp nachweisbar und das wiederum führt zu einer erhöhten Weiterempfehlungsbereitschaft“, so einer der Autoren, Dr. Adrian Lehr vom Fachgebiet Unternehmensführung an der Universität Hohenheim. Die Studie ist erschienen in der Zeitschrift Psychology & Marketing: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1002/mar.21335
Sie hätten eine zu geringe Reichweite, seien zu teuer und das Netz der Ladestationen nicht dicht genug, so die Vorbehalte vieler Verbraucherinnen und Verbraucher gegenüber Elektrofahrzeugen. Deren Absatz stagniert und war zuletzt sogar leicht rückläufig. Und dies, obwohl sie – auch mit staatlicher Förderung – in den vergangenen Jahren deutlich günstiger geworden und sowohl die Reichweite als auch die Modell-Vielfalt gestiegen sind.
Elektromobilität und Carsharing passen gut zusammen
Schon früh hatten viele Carsharing-Anbieter Elektrofahrzeuge in ihrer Flotte. Das Nachhaltigkeitsimage der Share Economy passt grundsätzlich gut zu Fahrzeugen, die mit regenerativen Energien betrieben werden. Verbraucherinnen und Verbraucher können so ein Elektrofahrzeug im Alltag testen, sich mit den Unterschieden vertraut machen und mögliche Vorbehalte abbauen.
Eine aktuelle Untersuchung der Universität Hohenheim beschäftigt sich jetzt mit der Frage, ob diese Erfahrungen auch Einfluss auf die Akzeptanz und die Kaufbereitschaft von Elektroautos haben. Neben den Hohenheimer Wissenschaftlern Dr. Adrian Lehr und Prof. Dr. Marion Büttgen beteiligten sich Prof. Dr. Sabine Benoit von der Surrey Business School in Guildford, Großbritannien, und Dr. Katrin Merfeld von der EBS Universität für Wirtschaft und Recht in Wiesbaden an der Feldstudie.
Einstellung der Nutzer ändert sich durch positive Erfahrung
Das Forschungsteam befragte die Kunden eines etablierten Carsharing-Anbieters vor und nach der ersten Nutzung eines Elektrofahrzeugs. Durch die gemachten Erfahrungen änderte sich die Meinung der Fahrer nachweisbar: Sie hatten danach eine deutlich positivere Einstellung gegenüber E-Autos. Zudem wollten sie Elektrofahrzeuge fortan auch in stärkerem Maße weiterempfehlen. Sogar die Absicht die genutzte Fahrzeugmarke zukünftig selbst zu kaufen, hat sich bei den Befragten erhöht.
„Ein bemerkenswertes Ergebnis, wenn man bedenkt, dass im Carsharing nicht das Produkt im Mittelpunkt steht, sondern eher die Befriedigung des Mobilitätsbedürfnisses“, erklärt Prof. Dr. Büttgen. „Die Nutzung kann wie eine unbeabsichtigte Probefahrt angesehen werden, die besonders bei solchen Personen ihre Wirkung zeigt, die bisher noch wenig mit dem Thema Elektromobilität zu tun hatten“, erläutert Dr. Lehr weiter.
Carsharing-Erfahrungen haben mehr Einfluss als klassische Probefahrten
Aber gibt es Unterschiede zwischen diesem unbewussten Kennenlernen des Produkts im Rahmen eines Carsharing-Angebots und einer bewussten Probefahrt z. B. bei einem Autohändler? In einer ergänzenden experimentellen Untersuchung ging das Team dieser Frage nach. Es zeigte sich: Beides hat grundsätzlich ähnliche Auswirkungen auf die Einstellung. Tendenziell ließen sich Probanden, die durch das Carsharing unbewusst positive Erfahrungen gemacht haben, allerdings eher vom Produkt und der Automobilmarke überzeugen als es bei der klassischen Probefahrt der Fall ist.
Aktuelle Publikation:
Adrian Lehr, Marion Buettgen, Sabine Benoit, Katrin Merfeld: Spillover effects from unintended trials on attitude and behavior: Promoting new products through access‐based services. Psychol Mark. 2020;37:705-723 https://doi.org/10.1002/mar.21335
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