Blick nach vorn

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Die EEG-Novelle war eines der ersten großen Reformprojekte, das die neue Bundesregierung aus Union und SPD nach der Wahl angepackt hat. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel trieb es mit großer Eile voran. Er ließ wenig Raum für Konsultationen und Anhörungen. Dennoch reichte die Zeit aus, um für neue Verunsicherung auf dem deutschen Photovoltaikmarkt zu sorgen. Der Zubau war in den ersten Monaten des Jahres stark rückläufig. Im Juli, also dem Monat vor Inkrafttreten der Novelle, sind hierzulande neue Anlagen mit gerade einmal 344 Megawatt Leistung neu installiert worden. Verglichen mit den Vorjahren, in denen es ebenfalls EEG-Novellen oder zum Jahresende starke Absenkungen der Solarförderung gab, ist dies ein eher bescheidener Wert.
Die größten Sorgenfalten treibt der Solarbranche die neu eingeführte Belastung des Eigenverbrauchs mit einer anteiligen EEG-Umlage auf die Stirn. Diese droht, gerade die Geschäftsmodelle zu zerstören, in die in den vergangenen Jahren viel Herzblut geflossen ist. Zum Ausgleich ist die Einspeisevergütung für Anlagen zwischen 10 und 1.000 Kilowatt erhöht worden. Diese Erhöhung um 0,3 Cent je Kilowattstunde kann die Belastung allerdings nicht kompensieren.
Trotzdem sind Experten der Meinung, dass solche Investitionen immer noch rentabel sind. Auch liegen die Einspeisetarife nun leicht über jenen vom Juli und die Basisdegression ist im Vergleich zur Zeit vor der Novelle für die Einspeisevergütung von 1,0 auf 0,5 Prozent gesunken. Es ist also nicht alles schlecht, und solche Beispiele gibt es noch mehr.
pv magazine analysiert auf den folgenden Seiten die wichtigsten Änderungen der EEG-Novelle 2014 und zeigt auf, in welchen Segmenten sich auch künftig Investitionen in neue Anlagen lohnen. Allen voran sind kleine Anlagen bis zehn Kilowatt zu nennen. Auch wenn die Renditen früherer Jahre vorbei sind: Schaut man sich das niedrige Zinsniveau herkömmlicher Anlagemöglichkeiten an, müsste dies die Menschen eigentlich von allein in die Arme der Photovoltaik treiben.
Auch bei größeren Dachanlagen gibt es einen Konsens darüber, dass es sich trotz der Belastung des Eigenverbrauchs auch in Zukunft für Handel und Gewerbe rechnen kann, in Photovoltaik zu investieren. REC zeigt in einer Studie, dass sich die Amortisationsdauer um ein halbes bis knapp zwei Jahre verlängert, aber die Rahmenbedingungen insgesamt durchaus attraktiv bleiben (siehe Seite 74). Während REC mit hohen Eigenverbrauchsquoten von 80 Prozent und mehr rechnet, heißt es bei Goldbeck Solar, dass sich gewerbliche Anlagen auch mit Eigenverbrauchsquoten von 30 Prozent bereits lohnen können (siehe Seite 77). Die damit wachsende Unabhängigkeit vom Strompreis und der Klimaschutz sollten Unternehmen als Argumente für Investitionen schon überzeugen. Die zu erzielende Rendite ist ein schöner Nebeneffekt.
Wie genau die Abrechnung der anteiligen EEG-Umlage erfolgen soll, ist noch nicht geklärt. Eine Verordnung will das Bundeswirtschaftsministerium in den kommenden Wochen veröffentlichen. Das heißt aber nicht, dass die Belastung des Eigenverbrauchs mit 30 Prozent der EEG-Umlage seit dem 1. August nicht gilt. Da es die Verordnung noch nicht gibt, haben die Übertragungsnetzbetreiber lediglich die unterjährige Abwicklung vorerst ausgesetzt.
Einen Hoffnungsschimmer gibt es für Freiflächenanlagen. Nachdem 2012 die Förderung auf Kraftwerke bis zehn Megawatt eingedampft wurde, soll der Markt nun durch Ausschreibungen neu belebt werden. Derzeit arbeitet das Bundeswirtschaftsministerium an einem Pilotmodell für Freiflächenanlagen (siehe Seite 80), mit dem Ausschreibungen getestet werden sollen. Die Grenze für Einzelprojekte wird voraussichtlich deutlich über zehn Megawatt liegen. Insgesamt 600 Megawatt im Jahr sollen ausgeschrieben werden. Das liegt über den Zubauraten in diesem Segment vor der Novelle. Vertreter von Bürgerenergieanlagen fürchten allerdings, dass sie nun kaum noch zum Zug kommen. Im Gegensatz zur EEG-Reform lässt sich das Wirtschaftsministerium bei dieser Verordnung Zeit. Hintergrund: Sie muss ein Erfolg werden. Schließlich will die Bundesregierung ab 2017 die Förderung aller Erneuerbaren weitgehend auf Ausschreibungen umstellen.
Gerade mit Blick auf die großen Anlagen bringt die Novelle die meisten Änderungen. Seit August besteht die Pflicht zur Direktvermarktung bei Anlagen ab 500 Kilowatt (siehe Seite 83). Ab 2016 gilt diese dann für Systeme ab 100 Kilowatt. Damit stehen nicht nur Direktvermarkter, sondern auch Anlagenbetreiber vor neuen Herausforderungen, die aber auch Potenziale für neue Geschäftsmodelle eröffnen. Insgesamt ändert sich weniger die Systematik als vielmehr die Terminologie, wie es beim Direktvermarkter Grundgrün heißt. Im neu geschaffenen anzulegenden Wert ist künftig auch die Managementprämie enthalten, die bisher einzeln ausgewiesen wurde.
Kurz vor der Verabschiedung wurde noch eine Verordnungsermächtigung ins EEG aufgenommen, auf die Direktvermarkter und Anbieter sogenannter Photovoltaik-Mietermodelle hoffen. Letztere profitierten bislang vom solaren Grünstromprivileg, das eine um zwei Cent je Kilowattstunde reduzierte EEG-Umlage bei der Direktlieferung von Solarstrom an Mieter vorsah. Dies hat die Bundesregierung mit der EEG-Novelle ersatzlos für Bestands- und Neuanlagen gestrichen (siehe Seite 78). Mit der Verordnungsermächtigung könnte sowohl für die Direktlieferung von Solarstrom eine Besserstellung gefunden werden, die mit EU-Recht vereinbar ist, als auch eine Neuregelung, die das bisherige Doppelvermarktungsverbot von Ökostrom ersetzt. Aber selbst wenn dies nicht kommt, werden die bestehenden Photovoltaik-Mieterstrommodelle fortgeführt. Die Mehrkosten landen dabei nicht unbedingt beim Verbraucher. Ob weitere Modelle unter den neuen Bedingungen in den kommenden Monaten starten, muss sich zeigen.

Was bringt die Zukunft?

Bisher galt immer: Nach der EEG-Reform ist vor der EEG-Reform. Diesmal könnte die Atempause ein gutes Jahr dauern. Experten rechnen damit, dass im Herbst 2015 die Diskussionen über die nächste Novelle beginnen werden. Doch auch bis dahin hat die Bundesregierung einiges vor, was direkte und indirekte Auswirkungen für die Betreiber von Photovoltaikanlagen haben könnte.
Da wäre zum einen das Strommarktdesign. In den kommenden Monaten wird ein Grünbuch, ab Frühjahr 2015 dann ein Weißbuch erarbeitet. Jetzt ist die Zeit, mit eigenen Vorschlägen bei der Politik anzuklopfen, wie es viele Verbände tun. Eine zentrale Frage dabei: Brauchen wir in Deutschland Kapazitätsmärkte oder nicht? Das Bundeswirtschaftsministerium hat erste Gutachten erstellen lassen. Die Experten sprechen sich dafür aus, einen optimierten Strommarktgroßhandel zu schaffen. Dieser ist aus ihrer Sicht den derzeit diskutierten Kapazitätsmärkten überlegen. Den konventionellen Energieversorgern wird das nicht gefallen. Sie werden die kommenden Monate nutzen, um für ihre Sache bei der Politik zu werben.
Zum anderen steht die Novellierung der Anreizregulierungsverordnung der Verteilnetze auf der Agenda des Bundeswirtschaftsministeriums. Diese wird auch Fragen der zukünftigen Systematik der Netzentgelte enthalten, was wiederum konkrete Folgen für die Betreiber von Photovoltaikanlagen haben könnte. Eine weitere Belastung des Eigenverbrauchs ist dabei nicht ausgeschlossen. Das anvisierte Smart-Meter-Rollout könnte nach Ansicht von Experten katastrophale Folgen für kleine Anlagen haben. Die damit verbundene teure Mess- und Kommunikationstechnik könnte gerade kleine Photovoltaikanlagen unwirtschaftlich machen. Aber so weit ist es noch nicht. Die neue Verordnung für Verteilnetze wird wohl erst im Herbst 2015 kommen.
Während der Monate der EEG-Diskussion stand immer wieder eine Verfassungsklage im Raum. Es gab verschiedene Gutachten, die einer Klage gegen die Belastung des Eigenverbrauchs bei EEG-Anlagen berechtigte Erfolgsaussichten bescheinigten. Die Branchenverbände prüften dies ebenfalls. Den Weg vor das Verfassungsgericht müsste aber ein betroffenes Unternehmen antreten. Bis Anfang September hat noch niemand Klage eingereicht, aber ganz vom Tisch ist sie wohl auch noch nicht. Andererseits würde eine Verfassungsklage auf die Schnelle keine neuen Bedingungen schaffen. Von daher sollte gelten, die Chancen des nun geltenden EEG zu erkennen und zu nutzen.

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